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Markus Somm nannte Cassis «Ausländer» und bittet nun um Verzeihung

Somm nannte Cassis «Ausländer» und bittet nun um Verzeihung

Erst wettert Markus Somm gegen den «eingewanderten Italiener» im Bundesrat. Jetzt entschuldigt er sich gleich auf drei Kanälen.
19.08.2025, 18:0319.08.2025, 20:03
Lea Hartmann / ch media
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AVIS --- ZU MARKUS SOMM, CHEFREDAKTOR DES SATIREMAGAZINS NEBELSPATER, STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES NEUES PORTRAIT ZUR VERFUEGUNG. WEITERE BILDER FINDEN SIE AUF visual.keystone-sda.ch ---Markus Somm, Ch ...
«Ich habe mich vergessen, das war jenseits», sagt Verleger Markus Somm.Bild: keystone

Markus Somm teilt gern aus. Nun gibt er sich auf einmal ganz kleinlaut. Der Chefredaktor und Verleger des rechtsbürgerlichen Onlinemagazins «Nebelspalter» hat sich öffentlich bei Aussenminister Ignazio Cassis entschuldigt. Auf mehreren Kanälen kriecht der Publizist, selbst Freisinniger, vor seinem Parteikollegen zu Kreuze.

Somm spricht von einer «Entgleisung», einer «Grenzüberschreitung», für die er sich «in aller Form» bei Cassis entschuldige. «Es tut mir leid», sagt er im «Nebelspalter»-Podcast. Auch im Podcast mit Roger Schawinski und auf Social Media entschuldigt er sich. Was er gesagt habe, sei «bireweich». «Ich habe mich vergessen, das war jenseits.»

Cassis habe «keine Ahnung von unserem Föderalismus»

Was ist geschehen? Grund für Somms Verbalangriff auf den Aussenminister war ein Bundesratsentscheid von vergangenem Frühling in Zusammenhang mit den EU-Verträgen gewesen. Ende April trat Cassis vor die Medien und verkündete, dass aus Sicht der Regierung bei der Abstimmung ein Volksmehr genügen würde. Ein Ständemehr also ist nicht nötig. Das Ganze ist nicht nur eine juristische, sondern auch eine politische Frage. Muss auch eine Mehrheit der Stände Ja zum Vertragspaket sagen, erhöht das die Hürden – weshalb insbesondere Gegner der neuen EU-Verträge darauf pochen.

Bundesrat Ignazio Cassis spricht an einer Medienkonferenz ueber das Paket Schweiz-EU, am Mittwoch, 30. April 2025, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Bundesrat Ignazio Cassis an der Medienkonferenz am 30. April. Er verkündete: Die Regierung hält ein einfaches Mehr bei der kommenden Volksabstimmung über das EU-Vertragspaket für ausreichend.Bild: keystone

Der Entscheid versetzte Somm in Rage. «Dass ausgerechnet Cassis, ein eingewanderter Italiener, ‹Gopferdeckel›, einen solchen Entscheid fällt, ist schon ein starkes Stück», wettert der Publizist. Der Aussenminister habe «keine Ahnung von unserem Föderalismus», obwohl die Tessiner doch eine Minderheit seien, die besonders davon profitierten.

Und Somm poltert weiter

«Ich habe mich fürchterlich aufgeregt», sagt Somm rückblickend. Und das hat sich offenbar auch Ignazio Cassis, wie Somm zu wissen behauptet. Dass er Cassis als Ausländer bezeichnete, der vom politischen System in der Schweiz nichts verstehe, habe diesen «ganz massiv getroffen», sagt Somm im Gespräch mit Schawinski. Tatsache ist: Cassis war lange schweizerisch-italienischer Doppelbürger und hat den italienischen Pass im Zuge des Bundesratswahlkampfs 2017 abgegeben.

Kürzlich habe er den Bundesrat getroffen und sich entschuldigt, erzählt Somm. Doch Cassis habe die Entschuldigung laut ihm erst akzeptieren wollen, wenn er sie öffentlich mache. Dazu ist es nun gekommen.

Wie ernst es dem Verleger mit dem etwas gar dick aufgetragenen «Mea culpa» ist, bleibt offen. In anderer Angelegenheit bezeichnete er Cassis' Departement jüngst als «Abteilung für Landesverrat». Er warf dem Aussendepartement (EDA) vor, die Zollverhandlungen mit den USA absichtlich verzögert zu haben, um sie zu sabotieren und den EU-Verträgen Auftrieb zu geben. Beweise dafür gibt es nicht, das EDA dementierte. Mit den Verhandlungen vertraute Personen bezeichneten die auch von der SVP verbreitete These als «völligen Unsinn». (bzbasel.ch)

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Die beliebtesten Kommentare
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Fred_64
19.08.2025 18:21registriert Dezember 2021
Auf mehreren Kanälen kriecht der Publizist, selbst Freisinniger, vor seinem Parteikollegen zu Kreuze????
Also was an Somm freisinnig sein soll, das entzieht sich meinem Denkvermögen um weitem. Zudem ist eine Entschuldigung von ihm etwa gleich viel wert wie ein Versprechen von Putin!
Sie sind ja Brüder im Geiste...
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stronghelga
19.08.2025 18:33registriert März 2021
Wie beruhigend, dass man heute fast alles sagen darf – solange man sich danach dreimal entschuldigt. Der eigentliche Fauxpas ist ja offenbar nicht die Aussage selbst, sondern nur die Tatsache, dass sie so schlecht angekommen ist.

Aber keine Sorge, Herr Somm hat’s ja nicht so gemeint. Oder wenn doch, dann eben jetzt nicht mehr. Wie praktisch.
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Wilmar
19.08.2025 18:51registriert April 2024
Somm hat auch Trump noch vor 5 Monate sehr falsch eingeschätzt und war sehr pro.
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