Die Schweiz hat eine überdurchschnittlich hohe Suizidrate. Laut neuesten Daten (vom Jahr 2013) bringen sich jährlich rund 1000 Menschen um. Der Bund will nun die Prävention verbessern und führt erstmals eine Umfrage zu Suizidversuchen durch, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.
Bild: BAG
Die Umfrage ist Teil des Aktionsplan Suizidprävention des Bundesrats.
Wie viele Suizidversuche gibt es in der Schweiz?
Das ist nicht bekannt, die Datenlage ist lückenhaft. Schätzungen gehen aber von 15'000 bis 25'000 Suizidversuchen pro Jahr aus. Die Schätzungen stützen sich auf Angaben von Spitälern und punktuellen Befragungen. Eine im März dieses Jahres publizierte Untersuchung kommt auf 122 bis 208 Behandlungen pro 100'000 Einwohner und wurde in der Westschweiz durchgeführt. Hochgerechnet auf die Schweiz sind das 5000 bis 8500 Suizidversuche. Die Autoren der Studie weisen aber darauf hin, dass bei ihrer Methode viele Fälle unsichtbar bleiben und verweisen auf aktuelle Studien aus Grossbritannien: Dort verletzten sich 30-mal mehr Jugendliche, als die Spitaldaten vermuten lassen.
Was wird nun untersucht?
In der letzten Gesundheitsbefragung (2017) des Bundesamts für Gesundheit (BAG), ist erstmals die Bevölkerung auch zu Suizidversuchen befragt worden. Insgesamt 20'000 Menschen nahmen teil. Drei Fragen widmen sich dem Thema Suizid:
- Haben Sie schon einmal versucht, sich das Leben zu nehmen?
- Haben Sie in den letzten 12 Monaten einen Suizidversuch unternommen?
- Haben Sie nach Ihrem Suizidversuch mit jemandem darüber gesprochen?
Das BAG will die Untersuchungsergebnisse im September anlässlich des internationalen Tags der Suizidprävention veröffentlichen. Die Psychologin Esther Walter, die das Projekt leitet, sagte zum «Tagesanzeiger»: «Unsere Hauptfragestellung ist: Wie geht es jenen Leuten heute, die früher einen Suizidversuch unternommen haben?»
Wie will der Bund die Prävention verbessern?
Der Bundesrat hat im Jahr 2016 auf Anstoss der Zürcher EVP-Nationalrätin Maja Ingold den Aktionsplan Suizidprävention beschlossen. Die Suizidrate soll gesenkt werden. Folgende Punkte will man angehen:
- Persönliche und soziale Ressourcen stärken.
- Über Suizidalität informieren und sensibilisieren.
- Hilfe anbieten, die schnell und einfach zugänglich ist (z.B. die Hotline der Dargebotenen Hand).
- Suizidalität frühzeitig erkennen und frühzeitig intervenieren (z.B. durch Bildungsangebote für Fachpersonen wie das in der Westschweiz etablierte Angebot «faire face au risque suicidaire»).
- Suizidale Menschen auf ihrem Genesungsweg wirksam unterstützen.
- Suizidale Handlungen durch einen erschwerten Zugang zu tödlichen Mitteln und Methoden erschweren.
- Hinterbliebene und beruflich Involvierte unterstützen (z.B. Selbsthilfegruppen für Hinterbliebene, Angebote für Mitarbeitende).
- Suizidpräventive Medienberichterstattung sowie suizidpräventive Nutzung digitaler Kommunikationsmittel fördern.
- Monitoring und Forschung fördern.
- Beispiele guter Praxis aus der Schweiz und aus dem Ausland verbreiten.
Was sollte sich verbessern?
Die Betreuung von Menschen nach einem Suizidversuch, meint Ständerat Joachim Eder gegenüber dem «Tagesanzeiger». Er sieht dort grosses Verbesserungspotenzial. Mehr als die Hälfte der Menschen, die einen Suizidversuch hinter sich haben, versucht es noch einmal, zeigt die Forschung. «Wer einmal einen Suizidversuch gemacht hat, weist ein 60- bis 100-fach höheres Risiko für einen weiteren Versuch auf», führt die Psychotherapeutin Anja Gysin-Maillart aus.
Lass dir helfen!
Du glaubst, du kannst eine persönliche Krise nicht selbst bewältigen? Das musst du auch nicht. Lass dir helfen. In der Schweiz gibt es zahlreiche Stellen, die rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen da sind – vertraulich und kostenlos.
Die Dargebotene Hand: Tel.: 143,
www.143.chBeratung + Hilfe 147 für Jugendliche: Tel.: 147,
www.147.chReden kann retten: www.reden-kann-retten.ch
Psychische Störungen im Film
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Psychische Störungen im Film
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Alles was hilft ist gut aber man kann immer auch besser.
Das Ansinnen des "Aktionsplan Suizidprävention" ist sehr löblich aber setzt am falschen Ende an. Echte Prävention wird da kaum geplant. Das besten sind noch die präventive Berichterstattung und die digitale Mediennutzung. Hier wird schlicht Symptombekämpfung betrieben, Augenwischerei. Suizidprävention müsste viel früher, zielgerichteter eingesetzt werden.