War das ein schlechtes Omen? Ein strenger Geruch lag in der Luft, als das dritte öffentliche Hearing der sechs Kandidierenden für die Nachfolge von SP-Bundesrat Alain Berset am Donnerstagabend in Olten begann. Das Problem sei, «kein Witz!», ein Rohrbruch, sagte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth, der quasi um die Ecke in Zofingen (AG) wohnt.
Geografisch gehöre Olten eigentlich auch zum Aargau, meinte Wermuth und sorgte damit für gewissen Unmut im Solothurner Publikum. Ansonsten aber verlief der Abend im ziemlich überfüllten Saal eines schmucklosen Hotels beim Bahnhof harmonisch. Die Anwesenden waren Partei und Kandidierenden wohlgesinnt, und diese einander.
Der Austausch von Nettigkeiten war ein wenig irritierend, denn am Ende kann es nur Eine oder Einen geben. Die harten Entscheide aber werden in der SP-Fraktion und schliesslich am 13. Dezember im Parlament gefällt. Die vierteilige Roadshow wird als Möglichkeit für Parteimitglieder und Bevölkerung beworben, «die Kandidierenden kennenzulernen».
Diesen Anspruch konnte das von den Nationalrätinnen Franziska Roth – sie will am 19. November den Solothurner SP-Ständeratssitz gegen SVP-Nationalrat Christian Imark verteidigen – und Gabriela Suter – sie scheiterte als Aargauer Ständeratskandidatin – flott moderierte Hearing erfüllen. Es war klar strukturiert, ohne Langeweile oder Leerläufe.
Welche Erkenntnisse aber bleiben?
Der Direktvergleich liess vor allem einen Schluss zu: Die SP hat ein überzeugendes Sextett für den Bundesrat zur Auswahl. Und doch gibt es Nuancen. Vereinfacht gesagt: Alle sind gut, aber nicht alle haben gleich gute Chancen, sei es wegen der Herkunft oder wegen des Auftritts. Man kann das Bewerberfeld etwas vereinfacht in drei Zweiergrüppchen aufteilen.
Die Aussenseiter: Als ehemaliger Fernsehmann versteht es Matthias Aebischer, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Doch er ist ein Mann aus dem Kanton Bern, und ein solcher sitzt schon im Bundesrat. Ein ähnliches Problem hat Roger Nordmann. Er ist ein «Macher», doch die SP wird kaum beide Bundesratssitze an die Westschweiz vergeben wollen.
Das Mittelfeld: Die Berner Regierungsrätin Evi Allemann hat Exekutiverfahrung und den Frauenbonus. Defizite hat sie bezüglich Auftritt und Ausstrahlung. Der Zürcher Ständerat Daniel Jositsch mag in der Fraktion nicht sonderlich beliebt sein. An der Basis aber kommt der Jurist weitaus besser an, das zeigen seine exzellenten Wahlergebnisse.
Die Favoriten: Der Basler Beat Jans wirkt sympathisch und punktet mit dem Amt als Regierungspräsident. Bei den Bauern aber stösst der gelernte Landwirt auf Skepsis, wie sich beim Rencontre mit einem Zuschauer in Olten zeigte. Jon Pult ist witzig und schlagfertig. Doch werden die Bürgerlichen den Bündner als Vertreter der «Juso-SP» wählen?
Ein Zuschauer in Olten war vom Auftritt derart angetan, dass er in der Fragerunde anregte, die SP-Fraktion solle alle sechs nominieren. Realistisch ist ein solches Jekami nicht. «Wir hätten ein Glaubwürdigkeitsproblem», meinte Roger Nordmann. Bislang galt ein Zweierticket als wahrscheinlich, doch die Idee gewinnt an Fahrt, ein Trio zu nominieren.
Dies zeigten Gespräche während des Apéros in Olten. Die Kandidierenden sind dafür offen, denn es erhöht ihre Chancen auf die Nomination. Und die Fraktion erhielte mehr Flexibilität, etwa wenn es um die Frauenfrage – sprich Evi Allemann – geht. Cédric Wermuth schloss gegenüber watson nicht aus, dass die SP-Fraktion ein Dreierticket nominieren wird.
Neben der Berset-Nachfolge wird sich die Fraktion am 25. November mit einer weiteren Knacknuss beschäftigen müssen: Soll die SP den Angriff der Grünen auf einen FDP-Sitz unterstützen? Ein solcher Beschluss wäre nicht ohne Risiko. Auf die Äste will sich derzeit niemand hinauslassen, doch «off the record» wurden die Grünen teils heftig kritisiert.
Das betrifft weniger den Kandidaten Gerhard Andrey, sondern das erneut als amateurhaft empfundene Vorgehen der Partei und einzelner Exponenten. Absehbar ist, dass die SP die chancenlose Kandidatur der Grünen «lauwarm» unterstützen und dies den bürgerlichen Fraktionen entsprechend signalisieren wird, um mögliche Revanchegelüste abzublocken.
Das Rennen ist offen. Weitgehend chancenlos dürften zum jetzigen Zeitpunkt Matthias Aebischer und Roger Nordmann sein, doch das kann sich ändern, je nachdem, welche Dynamiken in der Fraktion entstehen. Die Frauenmehrheit könnte Evi Allemann pushen, weshalb ein Dreierticket mit Beat Jans und Jon Pult aufgestellt werden könnte.
Und Daniel Jositsch, der «Problembär» der SP? In den Medien werden anonyme Stimmen aus der Fraktion zitiert, die ihn als chancenlos bezeichnen. Doch Jositsch hat mit Jacqueline Badran eine höchst einflussreiche Fürsprecherin. Das muss wenig bedeuten, denn die Wahl ist geheim. Und doch wäre es falsch, ihn vorzeitig abzuschreiben.
Das vierte und letzte Hearing findet am nächsten Dienstag um 19.30 Uhr im Kammgarn in Schaffhausen statt. Die Nomination durch die Fraktion erfolgt am 25. November.