Thomas Aeschis Stirn glänzte nicht ganz so sehr, wie nach dem Entscheid der SVP-Fraktion, den Zuger Wirtschaftsunternehmer auf das Dreierticket für die Bundesratswahl zu setzen. Entweder, die Hearings bei den bürgerlichen Parteien liefen für den 36-Jährigen sehr zufriedenstellend, oder die Schminkverantwortlichen von TeleZüri griffen tief in die Trickkiste. Vermutlich war beides der Fall. Viel durchblicken liess Aeschi zu den Anhörungen bei den bürgerlichen Parteien nicht. Es habe «unterschiedliche Reaktionen» gegeben, so die nebulöse Antwort.
Die Fragen von Moderator Oliver Steffen beantwortete Aeschi mit einer ungewohnten Souveränität. Er hatte in den letzten Tagen und Wochen aber auch Zeit genug, seine Antworten auf die immer gleichen Fragen einzustudieren: Zeitungen, Fernsehstudios, Radiosender und die «Schweizer Illustrierte» rissen sich um den politischen Senkrechtstarter aus Allenwinden.
Ob er ein Ziehsohn des SVP-Übervaters Christoph Blochers sei? Nein, nein, wiegelte Aeschi ab, Blocher sei zwar Vorbild und habe ihm während ihrer gemeinsamen Zeit im Parlament «politisch und menschlich» viel beigebracht. Mittlerweile sehe man sich aber nur noch selten. Das vielzitierte Telefon nach Herrliberg – eine tote Leitung, geht es nach Aeschi.
Einen kleinen Seitenhieb gegen die Presse konnte sich der Zuger dann nicht lassen: «Es scheint, als ob das Thema für die Medien viel wichtiger ist, als für die Politiker im Parlament.» Die Mär vom Blocher-Adlatus sei nämlich nur gerade bei einer einzigen Fraktion zur Sprache gekommen.
Konfrontiert mit einem weiteren Manko kam Aeschi nicht ganz so gut weg: Die mangelnde Führungserfahrung, ein Handicap, das dem Wirtschaftsberater von politischen Kontrahenten im Vorfeld immer wieder angekreidet wurde, versuchte Aeschi mit dem Verweis auf seine militärische Karriere als Oberleutnant schönzureden. Als Moderator Steffen leicht hämisch darauf hinwies, das einem Oberleutnant gerade mal ein einziger Zug, also 20 Leute unterstellt seien, kam der Aeschi-PR-Motor etwas ins Stottern. Mit einem taktisch geschickten Ausweichmanöver – «bei allem Respekt, Alain Berset war auch erst 39, als er gewählt wurde» – zog er den Kopf schliesslich aus der Schlinge. Und schob hintendrein, dass er «grossen Respekt vor dem Bundesratsamt» habe.
Auf konkrete politische Geschäfte angesprochen, zeigte sich einmal mehr, dass Aeschi ganz auf Parteilinie politisiert – auch wenn man mitunter den Eindruck nicht los wird, dass ihm die eine oder andere SVP-Initiative, die den Rechtsstaat ritzt, nicht ganz geheuer ist. Bei der Burka-Initiative etwa windete sich «Ritalin» (sein Spitzname im Parlament): Leute, die hierherkommen, hätten sich nun einmal den kulturellen Gepflogenheiten anzupassen. Es läge der Schweizer Bevölkerung frei, so zu entscheiden. Im Brustton der Überzeugung war das nicht gesprochen.
Keine Zweifel liess der passionierte Jass-Spieler allerdings beim alles dominierenden Thema der nächsten Legislatur aufkommen: Der Masseneinwanderungsinitiative. «Das Volk hat entschieden und den Volksentscheid gilt es jetzt umzusetzen», paukte Aeschi ganz in Toni-Brunner-Manier. Die Schweiz, so Aeschi, solle die Zuwanderung einschränken. Die Gefahr einer Kündigung durch die EU redete der Harvard-Absolvent mit ganz viel Überzeugung weg: «Ich bin überzeugt, die EU wird die Bilaterale nicht kündigen.» Die EU, so der Globetrotter, habe nämlich im Moment viel grössere Probleme. Und auch bei der Flüchtlingskrise spulte der Zuger Parteipräsident die Parteiparolen ab: Mehr Hilfe vor Ort, weniger Gelder für den Asylbereich; an Leib und Leben bedrohte Flüchtlinge ja, illegale Einwanderer nein.
Nicht zur Sprache kamen etwa das Verhältnis zu einem weiteren rechtsstaatlich und grundrechtlichen Minenfeld, der Europäischen Menschrenrechtskonvention, die die SVP einseitig kündigen möchte. Auch der Fauxpas im SVP-Wahlvideo, als Aeschi in einer Szene Hauptdarsteller einer Persiflage der Zuger Sexaffäre war, war Moderator Steffen keine Erwähnung wert. (wst)