Als Britin oder Brite dürfte man sich dieses Jahr ein bisschen veräppelt gefühlt haben: Anfang Dezember weckte die Tageszeitung «Telegraph» grosse Hoffnungen mit der Story, wonach die Schweiz der einzige Ort sei, an dem man diese Weihnachten Skifahren könne. Das Blatt schwärmte vom vielen Schnee in den Alpen, und berichtete, dass in Destinationen wie Verbier «business as usual» sei.
Zwei Wochen später sieht die Welt anders aus. Diese Woche wurden schweizweit tausende britische und südafrikanische Touristinnen und Touristen in Quarantäne geschickt, wenn sie nach dem 14. Dezember eingereist waren. In Verbier VS wurde der Wintersport-Alltag praktisch auf den Kopf gestellt – viele der Angereisten sind ob der kurzfristig verhängten Quarantäne verärgert.
Verbier ist seither im Visier der Corona-Tracern: Das Walliser Dorf in der Gemeinde Bagnes gilt in Grossbritannien als beliebter Winterferien-Ort. Wie viele da sind und gestern in Quarantäne mussten, ist unklar. Am Sonntag kursierte die Zahl von «über 10'000 Menschen», die am letzten Wochenende am Flughafen Genf gelandet sind.
Die Vermutung liegt nahe, dass nicht alle in Verbier ihre Hotelzimmer haben. Doch wo sind die anderen? Der «Tages-Anzeiger» berichtete heute von der grossen Suche nach den rund 10'000 Besucherinnen und Besuchern aus Grossbritannien. Der Bund sei daran, die Passagierlisten der Airlines auszuwerten.
Helfen könnten Erfahrungen aus den vergangenen Jahren: Feriengäste gelten im Winter als Gewohnheitstier – zumindest, wenn man sie als Massen betrachtet. watson hat beim Bundesamt für Statistik und dem Bündner Amt für Wirtschaft und Tourismus Hotellerie-Zahlen aus den Wintersaisons bestellt.
Die erste Schlussfolgerung: Schaut man sich den letztjährigen Dezember an, dann waren neben Verbier auch andere Destinationen beliebt bei Gästen aus Grossbritannien und Südafrika. In Graubünden etwa, konzentrierten sich britische Touristen vor allem auf die grossen Zentren St. Moritz, Davos-Klosters, Arosa und Flims-Laax. In der Zentralschweiz wurden Skigebiete wie Andermatt oder Engelberg häufig besucht. In der Grafik unten sind die «Ankünfte» dargestellt.
Die Zahlen müsste man aber mit Vorsicht deuten, sagt der Bündner Chefstatistiker Patrick Casanova. Hotellerie-Zahlen würden nur einen Teil des Gesamttourismus aufzeigen. So sei nicht überall einheitlich geregelt, wie Übernachtungen in vermieteten Ferienwohnungen sowie in eigenen Zweitwohnungen erfasst werden.
Weitere Zahlen gibt es vom Bund: Die eidgenössischen Statistiker haben die gesamten Logiernächte in den Wintersaisons (November–April) nach Gemeinde und Herkunftsland ausgewertet. Die beiden Grafiken unten zeigen, wie viele Nächte Touristinnen und Touristen aus dem Vereinigten Königreich und Südafrika in Schweizer Hotels übernachtet haben.
Auffällig bei dieser Statistik: Die Wintersaison lädt zwar viele Gäste in die Bergkantone ein – die Gäste bleiben aber auch häufig in den Städten wie Zürich, Basel oder Genf. Sprich: Wenn es um die Suche nach den über 10'000 quarantänepflichtigen Gäste geht, werden auch Kantone im Flachland gefordert sein, sollte der Trend der vergangenen Jahre trotz Corona-Pandemie nachhallen.
Die neu angereisten Touristinnen und Touristen wurden aufgefordert, sich bis Montagmitternacht in Quarantäne zu begeben. Sie müssen sich zudem beim zuständigen Kanton melden. Quarantänebrechern droht eine Busse von bis zu 10'000 Franken.
Wie viele Gäste aus dem Vereinigten Königreich und Südafrika von der neuen Regel betroffen sind, wird in den kommenden Stunden bis Tagen klar sein: Die Kantone veröffentlichen täglich Angaben darüber, wie viele Personen sich neu in Isolation oder Quarantäne befinden.
So weit ist es mit der Eigenverantwortung, sollte eigentlich als Wort aus dem Duden gestrichen werden. Weil nicht existent. Andererseits denke ich auch, dass der Weg der Schweiz die Skigebiete offen zulassen sich langfristig nicht rechnet. Der Imageschaden wird wohl immens sein.
Eine teure Schweizer Extrawurst.