Dass wir es mit dem Coronavirus mit einem tückischen Erreger zu tun haben, ist bekannt. Denn das Virus mutiert und bildet immer neue Varianten, die den Immunschutz der Impfung unterlaufen. Das Coronavirus unterwandert aber auch den Schutz nach einer Infektion. Das heisst: Man kann sich immer wieder mit dem Virus infizieren («Reinfektion»). Was dazu bekannt ist.
Speziell bei einer Infektion mit der aktuell dominanten Omikron-Variante ist eine erneute Ansteckung sehr leicht möglich. Der Grund: Die Immunzellen bauen kein stabiles immunologisches Gedächtnis auf («Immunescape»).
Das hängt mit den Mutationen des Virus zusammen. So unterscheidet sich das Spike-Protein, mit dem das Virus in den menschlichen Zellen gelangt, in der Omikron-Variante BA.1 zur aktuell dominanten BA.5 an fast 40 Stellen. Die Folge: Die nach einer BA.1-Infektion entwickelten Antikörper erkennen BA.5 kaum und binden das Virus daher nur noch schwach.
Hier spielen individuelle Faktoren wie Alter, Vorerkrankungen und Immunstatus eine Rolle. Doch generell kann die erneute Ansteckung jeden treffen. Auch die Impfung schützt nicht davor.
So zeigen Daten des Robert Koch-Instituts, dass die dritte Impfung bis zu drei Monate nach dem Pieks nur noch mit einer Effektivität «zwischen 44 und 65 Prozent vor einer symptomatischen Infektion durch die Omikronvariante» schützt.
Weiterhin gilt jedoch: Die Impfung schützt in der weit überwiegenden Zahl vor schweren Krankheitsverläufen. Laut RKI zeigt der erste Booster bis zu drei Monate lang «eine anhaltend hohe Effektivität zwischen 78 und 94 Prozent» als Schutz vor Hospitalisierung und Tod. Über diesen Zeitraum hinaus liegen allerdings keine Daten vor.
Es gibt auch Hinweise darauf, dass eine eher mild verlaufende Infektion wahrscheinlicher zu einer Reinfektion führen kann, da das Immunsystem weniger stimuliert wurde: Es hat weniger Antikörper gebildet, die vor einer erneuten Ansteckung schützen können.
Das ist nicht klar. Forscher vermuten, dass auch drei- bis viermalige Infektionen innerhalb eines Jahres nicht ausgeschlossen sind. In der «New York Times» erklärte die Epidemiologin Juliet Pulliam: «Das Virus wird sich weiterentwickeln. Und es wird wahrscheinlich viele Menschen geben, die im Laufe ihres Lebens viele, viele Reinfektionen bekommen.»
Bislang wurde in vielen Ländern mit Reinfektion eine zweite Infektion bezeichnet, die mindestens drei Monate nach der ersten nachgewiesen wurde.
Australien allerdings will diese Regel nun über Bord werfen. Das Land erlebt eine starke BA.4- und BA.5-Welle. Anfang Juli meldete die australische Gesundheitsbehörde AHPPC, dass Omikron-Reinfektionen bereits «28 Tage nach Genesung von einer früheren Covid-19-Infektion auftreten» können. Befürchtet werden mehr Krankenhauseinweisungen und Todesfälle.
Auch hierzu gibt es unterschiedliche Einordnungen. Klar ist: Die pauschale Aussage, eine zweite oder dritte Infektion verlaufe harmloser, ist nicht haltbar. Auch hier kommt es auf Parameter wie das Alter, Vorerkrankungen und Immunstatus an. Auch die Schwere des Krankheitsverlaufs der vorherigen Infektion und die aufgenommene Virusmenge spielen eine Rolle.
Dass das Gesundheitsrisiko mit erneuter Infektion nicht geringer wird, darauf deuten Daten der Washington University School of Medicine hin. Untersucht wurden hier die Krankheitsverläufe in einer Datenbank von mehr als fünf Millionen Veteranen. Über 257'000 von ihnen waren mit SARS-CoV-2 infiziert, über 36'000 hatten zwei, etwa 2200 drei und 246 sogar vier oder noch mehr Infektionen.
Es zeigte sich, dass es auch bei einer Reinfektion beispielsweise zu Komplikationen an den Lungen, Herz-Kreislauf- oder Bluterkrankungen, chronischer Erschöpfung und neurologischen Erkrankungen kommen kann.
Da der Immunschutz nach einer Infektion offenbar schnell abnimmt, könnte uns eine erneute Welle erwarten. Der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: «Wer sich im Sommer infiziert hat, muss mit einer erneuten Infektion im Herbst oder Winter rechnen. Daher kann es auch im Herbst zu einer Infektionswelle kommen, aber nicht zu einer Krankheitswelle wie noch zu Beginn der Pandemie.»
Das bestätigt auch der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb: «Wenn BA.5 die dominierende Variante bleibt, müssen wir mit vielen Reinfektionen im Herbst rechnen – aber milden Verläufen. Es werden sich auch in Herbst und Winter viele Menschen infizieren, es wird Ausfälle bei der Arbeit und erneut Personalengpässe geben.»
Da der Schutz durch Impfung und Infektion bereits nach wenigen Wochen nachlasse, helfe es laut Zeeb auch nicht, sich jetzt absichtlich zu infizieren, um für den Herbst womöglich geschützt zu sein.
Es freut mich vorallem dass wir langsam zum Status "wir können Corona" übergehen. Bei der Arbeit, wenn der Kollege wegen Corona ausfällt, ist dies kein Drama mit Kontrolltelefonat "wie schlimmist es?" mehr. Stattdessen wir es wie bei anderen Krankheiten zur Kenntnis genommen und gut ist. Niemand muss den anderen mehr über sein Impfstatus belehren und was dann besser wäre. Etc. Ein bisschen weniger Drama tut uns allen gut 😊