Die täglichen Corona-Fallzahlen steigen seit Monaten langsam, aber kontinuierlich an. Am vergangenen Sonntag hat das BAG 444 neue Fälle gemeldet, so viele wie seit April nicht mehr. Das ist zum Teil auch den vermehrten Tests geschuldet, nichtsdestotrotz steigen die Neuinfektionen.
Um der Fallzahlen Herr zu werden, greifen die Kantone zu unterschiedlichen Massnahmen, die über die vom Bund verordneten Restriktionen hinausgehen. So gilt mittlerweile in neun Kantonen eine Maskenpflicht in Einkaufsläden, andere Kantone haben die Besucherzahlen bei Veranstaltungen wieder auf 100 Personen begrenzt. Im Kanton Genf sind die Clubs bis zum 10. September gar ganz geschlossen.
Diese Massnahme ist verständlich, ist der Kanton Genf doch gemeinsam mit Zürich und Waadt ein «Hotspot-Kanton». Bis zu 60 Prozent der täglichen Neuinfektionen gehen auf das Konto der drei Kantone. Wir haben uns die Massnahmen sowie die Fallzahlentwicklung der drei Kantone angeschaut. Und obwohl Korrelation und Kausalität zwei verschiedene Paar Schuhe sind, versuchen wir, ein erstes Fazit zu ziehen.
Ergriffene Massnahmen:
Der Kanton Genf entwickelte sich bereits früh wieder zum Sorgenkind der Schweiz. Am 21. Juli war der kleine Stadtkanton zum Beispiel für 26 Prozent der schweizweiten Neuinfektionen verantwortlich.
Entsprechend rigoroser ist man bei den Massnahmen vorgegangen. Die Maskenpflicht in Läden folgte schnell, am 3. August kündigte Genf gar an, alle Clubs wieder zu schliessen. Laurent Paoliello, Pressesprecher der Genfer Gesundheitsdirektion, zeigt sich zufrieden: «Die verschiedenen Massnahmen haben es uns ermöglicht, den Anstieg einzudämmen.»
Schaut man sich die Fallzahlen in Genf an, so bewegen sich diese tatsächlich auf einem hohen, aber stabilen Niveau. Auch das Tanzverbot scheint Wirkung zu zeigen: Die Anzahl der Infektionen bei 20- bis 29-Jährigen ist rückläufig.
Natürlich spielen noch andere Faktoren eine Rolle. Ein funktionierendes Contact Tracing und eine solidarische Bevölkerung zum Beispiel. Letzteres könne auch indirekt durch die Massnahmen gefördert werden, meint Paoliello: «Die verordneten Bestimmungen sensibilisieren die Öffentlichkeit.»
Ergriffene Massnahmen:
Der bevölkerungsreichste Kanton der Schweiz ist der zweite im Bunde der Pandemietreiber. Schaut man sich die Inzidenz pro 100'000 Einwohner an, relativiert sich dies indes wieder ein wenig. Kantone wie Zug, Freiburg oder Neuenburg bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau.
Nichtsdestotrotz machte Zürich Anfang Juli mit «Superspreader-Events» auf sich aufmerksam, zum Beispiel im Latino-Club «Flamingo». Auch das Contact Tracing haderte, da Besucher von Ausgehlokalen oftmals falsche Namen und Telefonnummern angaben. Der Kanton reagierte Anfang Juli mit einer Ausweispflicht.
Danach passierte lange nichts, trotz steigender Fallzahlen. Am 24. August legte der Regierungsrat zusammen mit dem Corona-Sonderstab dann doch noch den Vorwärtsgang ein. Maskenpflicht in Läden, Personenbeschränkung in Bars, Clubs und Restaurants.
In sinkenden Fallzahlen resultieren die Massnahmen momentan noch nicht. Die Neuinfektionen in Zürich bewegen sich auf dem Niveau von Anfang April. Auch für Regierungssprecher Andreas Melchior ist es zu früh, um ein Fazit zu ziehen: «Der Kanton Zürich setzt auf einen konsequenten Vollzug der Massnahmen und entsprechende Kontrollen. Der Regierungsrat analysiert zusammen mit dem Sonderstab Covid-19 die Lage laufend.»
Ergriffene Massnahmen:
08. Juli: Maskenpflicht in Geschäften
Im Kanton Waadt war es lange Zeit vergleichsweise ruhig. Der Kanton führte schon sehr früh eine Maskenpflicht in Geschäften ein, danach passierte nicht mehr viel.
Seit Mitte August steigen die Zahlen im Kanton jedoch rasant an, dabei sind es vor allem wieder junge Leute zwischen 20 und 39 Jahren, die sich anstecken. Ganze 60 Prozent macht diese Altersgruppe seit dem 15. August aus. Dementsprechend gering ist die Hospitalisierungs- und Todesrate im Kanton.
Neue Massnahmen kommen momentan nicht in Frage, wie Lilyane Impala von der waadtländischen Gesundheitsdirektion sagt: «Der Kanton hat alle Massnahmen ergriffen, die er für angemessen hält, und wird neue Massnahmen ergreifen, wenn die Situation dies erfordert.»
Selbstredend, dass sich dieser Effekt irgendwann abnutzt.
Nach wie vor steht der Beweis aus, dass Alltagsmasken - in der breiten Bevölkerung angewandt - einen signifikanten Nutzen haben.
Länder wie Frankreich, Deutschland oder Spanien welche seit langem strikte Maskenpflicht kennen, sind starke Indizien, welche dagegen sprechen.
Ich hätte gerne eine Regierung, welche nicht in erster Linie Massnahmen erlässt um die Bevölkerung zu sensibilisieren, sondern um sie konkret zu schützen, wenn wirklich nötig.