Eine Grippesaison dauert normalerweise von Woche 40 (ca. Ende September) bis Woche 16 des folgenden Jahres (ca. Ende April). Aktuell befinden wir uns in Woche 16, die Saison endet also in diesen Tagen.
Die tatsächliche Grippeepidemie beschränkt sich jeweils auf die Wochen, in welchen der Schwellenwert für die Schweiz überschritten wird. Dieser wiederum wird aufgrund der letzten zehn Jahre berechnet. In der Saison 2018/19 dauerte die Epidemie elf Wochen, 2019/20 deren 13. Dann kam Corona. Und alles kam anders.
Ein Rückblick auf das Influenza-Jahr in sieben Punkten.
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Das Sentinella Meldesystem erlaubt die Überwachung von häufigen, nicht meldepflichtigen übertragbaren Krankheiten. Seit der Gründung des Meldesystems 1986 nehmen 150 bis 250 Hausarztpraxen teil. Sie melden dem System, wenn sie etwa einen Influenza-Fall haben.
Normalerweise erlebt die Influenza-Saison ihren Peak in den Monaten Januar bis März, dazwischen sind die Kurven flach. Doch die Saison 2020/21 verlief aussergewöhnlich:
Auffällig: Während der eigentlichen Grippesaison gab es in dieser Saison keinen Peak. «Seit der Einführung des Sentinella-Systems 1987 haben wir so eine schwache Saison nie auch nur annähernd erreicht», sagt Dr.med. Mark Witschi, Leiter Sektion Impfempfehlungen und Bekämpfungsmassnahmen beim BAG.
Interessant ist auch der Anstieg der Kurve vor der eigentlichen Saison. Durch die erhöhte Aufmerksamkeit durch die Corona-Pandemie suchten auch ausserhalb der Saison viel mehr Menschen einen Arzt auf, um Grippesymptome abzuklären. Das dürfte die erhöhte Linie vor der eigentlichen Saison erklären.
Eindrücklich sind die Zahlen der tatsächlich nachgewiesenen positiven Proben. Das BAG vermeldet im Sentinella-System für die ganze Saison bisher einen einzigen Influenza-Fall. Wie das einzuordnen ist, erklärt Mark Witschi so: «Das unterbietet alle unsere Erwartungen.»
Grafisch aufbereitet sieht das so aus:
Die Fäden der Grippeüberwachung laufen in der Schweiz Im Nationalen Referenzzentrum für Influenza (CNRI) in Genf zusammen. Hier werden die von den Schweizer Hausärzten eingeschickten Grippe-Proben genauer untersucht.
«Das einzige im Sentinella-System nachgewiesene Influenza-Virus war so schwach, dass wir keine genauere Charakterisierung durchführen konnten», schreibt CNRI-Leiterin Ana Rita Gonçalves Cabecinhas auf Nachfrage. Auch sie hätte diesen Einbruch nicht erwartet. Normalerweise werden pro Saison 400 bis 500 Proben einem Influenza-Typen zugewiesen.
Die Gründe für die ausgefallene Grippesaison liegen auf der Hand: die Massnahmen gegen Corona. Denn was gegen die Verbreitung des Covid-19-Virus wirkt, hilft auch gegen die Grippe: Abstand halten, Hände waschen, Masken tragen.
In normalen Jahren werden 1,1 bis 1,2 Millionen Schweizer gegen die Grippe geimpft. Im letzten Herbst besorgte sich die Schweiz rund 1,8 Millionen Impfungen, weil man durch Corona mit einer grösseren Nachfrage rechnete. Die genauen Zahlen sind noch nicht bekannt, aber Witschi sagt: «Es liessen sich mehr Menschen gegen die Grippe impfen.»
Normalerweise gehen während einer Grippesaison 110'000 bis 330'000 Personen mit typischen Symptomen zum Arzt, «mehrere 100» sterben jährlich in der Schweiz an Influenza. Im obligatorischen System werden sonst 12'000 bis 13'000 Grippe-Fälle registriert, diese Saison waren es: 26.
Eine Grippewelle ist grundsätzlich mit Blick auf Intensität, Dauer, zirkulierenden Virenstämmen und den Auswirkungen jedes Jahr einzigartig. Bisher war die Saison 2013/14 diejenige mit der schwächsten Grippeepidemie seit Überwachungsbeginn 1987. 194 Fälle wurden da gefunden (aktuell: 1).
In der Saison 2017/18 wurde mit 3950 Erstkonsultationen pro 100'000 Einwohner die bisher höchste saisonale Gesamtinzidenz seit dem Jahr 2000 in der Schweiz notiert. Im Schnitt lag diese zuletzt bei rund 2698 Konsultationen pro 100'000 Einwohnern. Die Zahlen der Saison 2020/21 werden erst in einigen Wochen ausgewertet. Sie werden einen Bruchteil davon betragen.
Da sich die Grippeviren ständig ändern, hilft eine Teilimmunität in der Bevölkerung, damit wir für die nächste Saison jeweils zumindest etwas geschützt sind. In diesem Jahr fällt dieser Schutz weg – wird die nächste Grippewelle demnach umso heftiger? «Davon gehen wir nicht aus. Es wird im Normalfall eine Grippesaison geben wie in den Jahren zuvor. Die Teilimmunität in der Bevölkerung ist wegen einer ‹verpassten Saison› nicht weg. Das wäre vielleicht nach zehn Jahren der Fall», sagt Mark Witschi.
Und wie sieht es mit einer «ausserterminlichen Grippesaison» aus? Kann es sein, dass die Viren sich schnell verbreiten, sobald die Hygiene-Massnahmen nicht mehr gelten? «Das ist nicht auszuschliessen, aber wir erwarten dies nicht. Dafür müsste das Grippevirus sehr stark mutieren, wie beispielsweise bei der Pandemie 2009», sagt Witschi.
Was bedeutet das Ausfallen der Grippesaison für die kommenden Impfungen? Diese wird jährlich mit den aktuellsten Daten angepasst. Dieses Jahr gibt es allerdings durch das Ausfallen einer eigentlichen Grippesaison weniger Referenzdaten.
Auch hier kann Witschi beruhigen: «Die Impfung konnte angepasst werden, da wurden ja weltweit Proben analysiert. Natürlich ist die Grippe auch in anderen Gebieten weitestgehend ausgefallen, aber es gab genügend Proben. Die Experten waren in den letzten Jahren meist ziemlich gut mit ihren Vorhersagen. Wie gut die Impfung dann aber tatsächlich nützt, werden wir natürlich erst sehen, wenn sie verwendet wird.»
Wenn die Grippe-Fälle so stark reduziert werden konnten, wäre es auch möglich, sie ganz auszurotten? Davon sind wir wohl weit entfernt. Influenza-Expertin Ana Rita Gonçalves Cabecinhas geht zumindest nicht davon aus. Denn die Corona-Massnahmen mit Abstand halten und Hände waschen sind zwar auch gegen die Grippe effektiv. Aber wir müssten diese über mehrere Jahre so strikt einhalten. «Wollen wir das wirklich?», fragt sie und antwortet gleich selbst: «Wohl nicht. Das Grippevirus wird bleiben.»
Ich hoffe, dass die Leute was mitnehmen und man in Zukunft nicht mehr „als Held“ angesehen wird, wenn man trotz Krankheitssymptomen arbeiten geht. Sondern sich erholt und andere schützt
Wenn wir uns am asiatischen Raum ein Vorbild nehmen würden, und in der Grippesaison, vorallem bei Symptomen, in der Öffentlichkeit eine Maske tragen würden, dann könnten wir uns viel Ärger, viele Tote und viele Kosten ersparen.
Aber viele verstehen ja immer noch nicht dass die Grippe nicht einfach eine Erkältung ist, und man mit Symptomen unbedingt zuhause bleiben sollte um das nicht weiter zu verteilen.
Und ich hoffe auch sehr, dass dieses "ich bin zwar eigentlich krank, aber ich muss doch weiterarbeiten" endlich aufhört! Wer krank ist, bleibt zu Hause. Wer leichte Symptome hat und sich fit fühlt, arbeitet halt 1-2 Tage von zu Hause (natürlich geht das nur für Bürojobs). Wer nicht zu Hause bleiben kann, trägt Maske.