Tidjane Thiam, Ex-Chef der gescheiterten Grossbank Credit Suisse (CS), ist immer wieder für eine Schlagzeile gut. Jüngste Episode: Eine ehemalige Hausangestellte wollte ihn erpressen und steht deswegen in Meilen ZH vor Gericht, wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtet. Die Frau soll über eine halbe Million Franken verlangt haben.
Die 43-jährige Rumänin arbeitete in Thiams Villa in Herrliberg am Zürichsee. Im März 2021 schickte sie dem ehemaligen CS-Chef ein erpresserisches Mail, wie aus der Anklageschrift hervorgeht. Die Frau behauptete, Thiam schulde ihr 587 000 Franken. Sie wolle ihm aber «nicht schaden», schrieb sie. Deswegen biete sie ihm an, mit dieser Zahlung ihre Differenzen zu begleichen - und einen Streit um angebliche «Missstände» beizulegen. Worum es bei den «Missständen» konkret geht, ist nicht bekannt.
Die ehemalige Angestellte drohte, wenn Thiam nicht zahle, werde sie die Gewerkschaften und das Internationale Olympische Komitee informieren - Thiam sitzt seit 2019 im Gremium. Doch er wollte sich nicht erpressen lassen und schaltete die Polizei ein.
Anfang August muss sich die Frau vor dem Bezirksgericht Meilen verantworten. Die Anklagepunkte lauten auf versuchte Nötigung und versuchte Erpressung. Gemäss Anklageschrift fordert die Staatsanwalt eine bedingte Freiheitsstrafe von sieben Monaten und eine Busse von 1200 Franken.
Es mutet vom Timing her kurios an, dass sich Thiam fast zeitgleich selbst zu Wort meldet - zu einer weiteren Erpressungsaffäre. Dabei geht es um die Verwendung einer falschen Identität und Erpressung auf Instagram. Offenbar vermutet Thiam dahinter eine Verschwörung, um ihn in seinen politischen Ambitionen zu behindern. Denn der 61-Jährige will im kommenden Jahr Präsident der Elfenbeinküste werden.
In einem Beitrag auf Instagram erklärt er, im April 2023 habe er einen Erpressungsversuch angezeigt. Nun seien die Urheber «diese Woche leider wieder aktiv geworden». Sie würden damit drohen, «von ihnen erstellte Fälschungen» mit seinen politischen Gegnern zu teilen. Cybersicherheitsexperten, die mit seinen Anwälten zusammenarbeiteten, hätten jedoch beweisen können, dass es sich um Fälschungen handle. Wer das - im Beitrag nicht näher beschriebene - Material verwende, werde strafrechtlich verfolgt.
«Einige werden vor nichts zurückschrecken, um mir zu schaden», schloss Thiam den Post. Die einzige mögliche Reaktion darauf sei Entschlossenheit.
Tidjane Thiam, der die Geschicke der Credit Suisse von 2015 bis 2020 lenkte, macht immer wieder von sich reden. Ende 2023 überraschte er mit der Ankündigung, dass er Präsident der Elfenbeinküste werden will. Im Dezember wurde der französisch-ivorische Doppelbürger zum Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Elfenbeinküste gewählt. Damit hat er sich im Rennen um die Präsidentschaft im kommenden Jahr die Poleposition gesichert. Für den 61-Jährigen ist es eine Rückkehr in die ivorische Politik: In den 1990er-Jahren amtete er bereits als Minister für Planung und Entwicklung.
Es stellt sich die Frage, ob Thiam als Politiker erfolgreicher wird denn als Manager. Im Nachgang zum Untergang der Credit Suisse, der durch jahrelanges Missmanagement herbeigeführt wurde, fiel Thiam jedenfalls nicht gerade mit kritischer Selbstreflexion auf.
In einem Gastbeitrag in der «Financial Times» erklärte er, dass die Credit Suisse zum Zeitpunkt seines Rücktritts «nach einer tiefgreifenden Restrukturierung gerade den höchsten Gewinn seit zehn Jahren erzielt» hatte. In den folgenden Jahren sei dann «einiges schiefgelaufen».
Fachleute sehen das jedoch anders: Sie sehen den Versicherungsexperten Thiam, der vor der CS noch keine Bank geführt hatte, in einer Mitverantwortung. Schliesslich war er es, der die Bank mit fünf Geschäftseinheiten dezentralisierte und die Risikokontrolle massiv schwächte. Das machte sich später mit den zwei teuren Fehlinvestitionen Greensill und Archegos schmerzlich bemerkbar. Diese beiden Milliarden-Pleiten leiteten letztlich das Ende der Credit Suisse ein.
Doch an Kuriosität unübertroffen ist die Affäre, die zu Thiams Rücktritt als Credit Suisse-Chef führte. Im noblen Villenquartier in Herrliberg war Thiam direkter Nachbar von Iqbal Khan, damaliger Chef der Vermögensverwaltung der CS und somit Untergebener von Thiam. Die beiden gerieten in einen Nachbarschaftsstreit, mutmasslich ging es um Baulärm, Bäume und Seesicht. Zu allem Übel stand Iqbal Khan auch noch vor einem Wechsel zur UBS.
In der Folge wurde publik, dass die Credit Suisse Iqbal Khan von Privatdetektiven beschatten liess – offenbar aus Angst, er könnte Mitarbeitende abwerben. Später wurde bekannt, dass auch der Ex-Personalchef der Credit Suisse überwacht worden war. Obwohl man Thiam keine direkte Beteiligung nachweisen konnte, führte die peinliche Affäre zu hohem Druck und letztlich auch zu seinem Rücktritt als CS-Chef.
Aber selbst wenn, gibt es wenige Menschen, die mit weniger Mitleid von mir rechnen können.
Thiam hat zusammen mit Urs Rohner die CS massgeblich gegen die Wand gefahren.
Das ist für den Wirtschaftsstandort Schweiz eine riesige Katastrophe - die Auswirkungen werden sich erst in den nächsten Monaten und Jahren richtig zeigen.
Thiam steht für totales Versagen, Null Einsicht und abgehobenes Gebaren.
Ein CEO des Grauens.
Tönt so, als wäre die Grossbank gescheitert. ER ist gescheitert. Wegen ihm ist die Bank flöten gegangen. Er hat nicht unterbunden, dass die CS zuviele Risiken nahm. Die Millionen Boni hat er selbstverständlich abgezügelt.
Könnte ich seinen politischen Ambitionen schaden, ich würde es auch tun.