Die unbekannten Macher von Time4Popcorn treten mit einem grossen Versprechen an. «This PopcornTime service will never be taken down», heisst es auf der Website. Laut dem Filesharing-Newsportal TorrentFreak zählt der Gratis-Service weltweit zig Millionen Nutzer.
Zumindest der registrierten Internet-Domain nach handelt es sich um ein Angebot aus dem europäischen Raum. Und es kommt angeblich noch besser: Die Sicherheit der Nutzer habe oberste Priorität, wird betont. Darum sei ein kostenloses VPN integriert.
Das Kürzel steht für Virtual Private Network und wird als Lösung des Hauptproblems von Popcorn Time angepriesen. Die Nutzung soll anonym möglich sein, weil der Datenverkehr über eine andere Internet-Adresse weitergeleitet wird. Allerdings gibt es mehr als nur einen Haken, wie wir im weiteren Verlauf dieser Geschichte sehen werden ...
Zur Vorgeschichte: Im vergangenen März sorgten Programmierer, die angeblich aus Buenos Aires stammen, mit der Urversion von Popcorn Time für Furore. Ihre Gratis-Software streamte Videos auf den Computer, einschliesslich brandneuer TV-Serien und Kinofilme. Das Programm lief werbefrei, war kostenlos verfügbar – und vollkommen illegal.
Dies gilt auch für die Schweiz: Zwar ist hierzulande das Herunterladen und Streamen von urheberrechtlich geschützten Filmen und TV-Serien «für den Eigengebrauch» erlaubt. Aber Popcorn Time macht während dem Anschauen den Film anderen Nutzern zugänglich. Das liegt an der Technik, die unter der schicken Benutzeroberfläche verborgen ist: Sämtliche Videos werden über den Filesharing-Dienst BitTorrent bezogen. Als Nutzer ist man automatisch nicht nur Downloader, sondern auch Uploader und verstösst – ob bewusst oder unbewusst – gegen das Gesetz.
Es war klar, dass die Unterhaltungsindustrie dem Treiben nicht tatenlos zusehen würde. Und bald einmal strichen die Programmierer die Segel. «Unser Experiment hat uns endlose Debatten über Piraterie und Copyright eingebracht, juristische Drohungen und eine zwielichtige Maschinerie, die uns das Gefühl vermittelt, dass wir in Gefahr sind, weil wir tun, was wir gern tun», schrieben sie in ihrem Blog.
Nach dem jähen Ende wurde Popcorn Time allzu schnell für tot erklärt. Denn bevor die Erfinder endgültig von der Bildfläche verschwanden, erwiesen sie den Millionen von Fans rund um den Globus einen Dienst. Sie gaben den Programmcode als Open Source im Internet frei. Sprich: Wer wollte (und über die nötigen Programmierkenntnisse verfügte), konnte die Software verwenden und weiterentwickeln.
In der Folge machten sich gleich mehrere Software-Teams an die Arbeit. Ab diesem Punkt gehen die Darstellungen auseinander und es wird aus Nutzersicht problematisch. Denn nun existieren mehrere populäre Varianten, wobei eine davon in Verruf geraten ist.
Es handelt sich um Time4Popcorn. Den Machern wird bei Reddit vorgeworfen, sie hätten sich schamlos bei anderen Programmierern bedient, ohne dies offenzulegen.
Bemängelt wird neben der mangelnden Transparenz auch die Sicherheit, trotz oder gerade wegen der neuen VPN-Funktion. Und angeblich gibt es wegen eines Programmierfehlers eine riskante Lücke, die das Ausführen von Schadcode ermögliche. Schilderungen von Betroffen sind aber nicht bekannt.
Im Gegensatz dazu gilt die auf popcorntime.io verfügbare Software als legitime Version, die im Sinn der Erfinder als Open-Source-Projekt weitergeführt wird. Allerdings sind die Programmierer mit ihrer Roadmap noch nicht so weit wie die Leute von Time4Popcorn.
Bei popcorntime.io wird eine Version für Android-Geräte erst in Aussicht gestellt. Und auch eine andere, häufig gewünschte Funktion lässt noch auf sich warten. In Zukunft sollen sich die Inhalte via Chromecast-Dongle auf den Fernseher streamen lassen.
Time4Popcorn bietet das Programm für den Mac, für Linux-Rechner, für Android sowie für PCs mit Windows XP oder neuer an und seit kurzem auch eine Alpha-Version für das Chromecast-Streaming. Hingegen stehen auf popcorntime.io nur Versionen für Macs, für Linux sowie für PCs mit dem Betriebssystem Windows 7 oder neuer zur Verfügung.
Die Macher von time4popcorn.eu haben mittlerweile mit einer eigenen Stellungnahme auf die vielen Vorwürfe reagiert. In einem Blogbeitrag mit dem Titel «PopcornTime War» weisen sie alle Bedenken zurück und kündigen an, sie würden die Software von Grund auf neu programmieren und als Open-Source-Projekt freigeben.
Als wäre dies alles nicht schon verwirrend genug: Die auf der Programmierer-Plattform GitHub zur Verfügung gestellten Informationen sind seit kurzem nicht mehr verfügbar. «Repository unavailable due to DMCA takedown», steht dort zu lesen. Der mächtige Verband der US-Filmindustrie MPAA hat sich wegen Verstössen gegen das Urheberrecht eingeschaltet und die Seite vom Netz nehmen lassen.
Und hier schliesst sich der Kreis: Betroffen sind auch die Macher von Time4Popcorn. Auch auf ihrer GitHub-Seite sind mittlerweile Informationen durch die MPAA gesperrt worden.
Das Fazit: Es bestehen einige Unsicherheiten in Zusammenhang mit der populären Filesharing-Software. Kann sein, dass absichtlich Gerüchte in Umlauf gebracht werden, um Leute abzuschrecken. Aber selbst wenn die Klone, darunter auch cuevana.tv, verführerisch einfach zu bedienen sind: Die Nutzung bleibt höchst problematisch, es drohen juristische, respektive finanzielle Konsequenzen. Laut deutschen Medienberichten gab es im Mai bereits einige Abmahnungen durch Anwaltsbüros.