Die Swisscom soll nicht verpflichtet werden, anderen Anbieterinnen bei allen Technologien Zugang zu den Teilnehmeranschlüssen zu gewähren. Nach dem Nationalrat hat sich am Dienstag auch der Ständerat dagegen ausgesprochen. Uneinigkeit herrscht bei der Netzneutralität.
Mit 22 zu 19 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschloss die kleine Kammer, bei der Revision des Fernmeldegesetzes einen Kernartikel zu streichen. Damit setzte sich jene Version durch, welche die Swisscom bevorzugt.
Der Bundesrat möchte das Telekomunternehmen verpflichten können, anderen Anbietern gegen eine angemessene Entschädigung den Zugang zu den gebäudeinternen Fernmeldeinstallationen zu gewähren - neu auch zu Glasfaseranschlüssen. Der Zugang auf die letzte Meile ist aus seiner Sicht eine essenzielle Voraussetzung für Wettbewerb und Wahlfreiheit.
Beide Räte wollen am heutigen Zugangsregime nichts ändern. Die Entbündelung der letzten Meile bliebe damit auf langsamere Kupferleitungen beschränkt. Zusätzliche Regulierungen gefährdeten Investitionen in den Netzausbau - besonders in Randregionen, argumentierte Claude Janiak (BL/SP) im Namen der Kommission.
Isidor Baumann (CVP/UR) plädierte vergeblich für eine technologieneutrale Zugangsregelung, weil diese Wettbewerb und Innovation fördere. Auch sei der Zugang für andere Anbieter nicht gratis. Stefan Engler (CVP/GR) verwies darauf, dass nach der Entbündelung für Kupferleitungen im Jahr 2007 die Investitionen nicht zurückgegangen seien.
Um einen wirksamen Wettbewerb zu garantieren, schlägt das Parlament einen anderen Weg vor. Der Bundesrat soll alle drei Jahre Bericht erstatten über die Entwicklung der Kosten und den Zugang bei Glasfaseranschlüssen.
In einem anderen Punkt weicht der Ständerat vom Nationalrat ab. Er möchte, dass Liegenschaftseigentümer weitere Anschlüsse nur dulden müssen, wenn Mieter sie verlangen und die Kosten übernehmen. Bundesrat und Nationalrat wollen dies zusätzlich ermöglichen, wenn Fernmeldedienstanbieter die Kosten übernehmen.
Uneinig sind sich die Räte auch bei der Netzneutralität. Der Nationalrat hatte sich oppositionslos dafür ausgesprochen. Der Bundesrat möchte lediglich Transparenz schaffen. So sollen die Anbieter darüber informieren müssen, wenn sie Informationen bei der Übertragung technisch oder wirtschaftlich unterschiedlich behandeln.
Der Ständerat schlägt einstimmig einen Kompromiss vor, der Ausnahmen bei der Netzneutralität schafft. Anbieter sollen bei den Spezialdiensten die Angebote flexibel gestalten können, solange das die Qualität der Internetverbindung nicht verschlechtert. Spezialdienste sind von Providern zusätzlich zum Internetanschluss angebotene Dienste, welche über dieselbe Leitung übertragen werden - etwa die Sprachtelefonie über Mobilfunk der vierten Generation (VoLTE) und bestimmte Fernsehdienste (IPTV).
Mit dieser flexiblen Regelung würden alle Möglichkeiten für zukünftige technologische Entwicklungen offen gelassen, erklärte Kommissionssprecher Janiak. Er verwies auf die EU, wo ebenfalls Ausnahmen für Spezialdienste vorgesehen sind.
Eine weitere Änderung betreffen Zugriffssperren für Kinderpornografie und andere verbotene pornografische Inhalte. Der Nationalrat beschloss, im Gesetz auch die Löschung solcher Inhalte vorzusehen. Der Ständerat möchte ergänzen, dass Fernmeldeanbieter Verdachtsfälle dem Bundesamt für Polizei melden müssen.
Beim Roaming folgte der Ständerat oppositionslos dem Bundesrat. Dieser soll Möglichkeiten zur Bekämpfung unverhältnismässig hoher Endkundentarife und zur Förderung des Wettbewerbs erhalten. Namentlich soll er basierend auf internationalen Vereinbarungen Preisobergrenzen festlegen können.
Beim Replay TV brachte der Ständerat eine Präzisierung an. Diese soll sicherstellen, dass beim zeitversetzten Fernsehen Änderungen an den Programmen nur mit Zustimmung des Veranstalters vorgenommen werden dürfen.
In der Schlussabstimmung hiess der Ständerat die Revision des Fernmeldegesetzes mit 33 zu 7 Stimmen gut. Das Geschäft geht nun zurück an den Nationalrat. (oli/sda)