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Autonome Autos: Selbstfahrende Taxis kommen jetzt in die Schweiz

Im Kanton Zürich wird dieser selbstfahrende Nissan Ariya Elektro als Taxi unterwegs sein.
Im Kanton Zürich wird dieser selbstfahrende Nissan Ariya Elektro als Taxi unterwegs sein.Bild: zvg

Jetzt kommen die selbstfahrenden Taxis in die Schweiz – so teuer und so sicher sind sie

Die Firma «Swiss Transit Lab» startet einen Pilotversuch mit selbstfahrenden Taxis in Zusammenarbeit mit der SBB und dem Kanton Zürich. Die Technik stammt aus China. Zwei Experten vom Swiss Transit Lab und der Universität St.Gallen beantworten die wichtigsten Fragen.
26.03.2025, 15:1127.03.2025, 13:20
Bruno Knellwolf / ch media
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Bald werden in der Schweiz selbstfahrende Taxis unterwegs sein, in denen kein Sicherheitsfahrer mehr sitzt. Wie von Geisterhand geleitet, werden die Fahrzeuge sich autonom im normalen Strassenverkehr bewegen. Hinter dem Projekt steht die Firma Swiss Transit Lab, die mit dem Kanton Zürich und der SBB einen Pilotversuch startet. Antworten geben Christine Mauelshagen von Swiss Transit Lab und Andreas Herrmann, Direktor am Institut für Mobilität der Universität St.Gallen.

Wo kommen die selbstfahrenden Taxis in der Schweiz zum Einsatz?

Die autonomen Taxis werden nur in einem begrenzten Gebiet im Kanton Zürich unterwegs sein. «Das Projekt startet in Otelfingen, Boppelsen, Hüttikon und Dänikon. Das Testgebiet wird schrittweise auf die weiteren Gemeinden Buchs, Dällikon und Regensdorf erweitert», erklärt Christine Mauelshagen von Swiss Transit Lab.

In einer ersten Phase werden vier automatisierte Personenwagen fahren. So schnell wie möglich will Swiss Transit Lab das Angebot durch Kleinbusse ergänzen. Die Autos können mit einer App kostenpflichtig bestellt werden. Das Fahrzeug wird die Fahrgäste dann an einem definierten Haltepunkt in der Nähe abholen und zum gewünschten Ziel bringen.

Was wird eine Fahrt kosten?

Der genaue Preis ist noch nicht bekannt. Eine Fahrt wird sich an den Kosten des öffentlichen Verkehrs und vergleichbar flexiblen Tür-zu-Tür-Angeboten orientieren.

Mit welcher Geschwindigkeit dürfen die Taxis ohne Sicherheitsfahrer unterwegs sein?

Die Fahrzeuge können die auf der Strecke zugelassene Geschwindigkeit fahren. Das heisst, sie können sich wie mit einem menschlichen Fahrer der Verkehrssituation anpassen.

Mit welchen Autos und mit welchem Anbieter der Selbststeuerung wird gefahren?

Gefahren wird mit Fahrzeugen der Marke Nissan, mit einem Ariya Elektro. Die Autonomie-Technik stammt vom chinesischen Technologieunternehmen WeRide. Das ist einer der Marktführer beim Einsatz automatisierter Fahrzeuge mit Projekten in den USA, in Dubai, Singapur, China und am Zürich Flughafen bei Shuttle-Bussen.

Die Fahrgast-App und die On-Demand-Software für das Pilotprojekt werden von der Firma ioki bereitgestellt, einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn mit Sitz in Frankfurt am Main.

Wann werden die Fahrzeuge vollständig autonom unterwegs sein?

Zuerst werden die Taxis nur die Gegend erkunden. Das heisst, der erste Schritt ist das sogenannte Mapping der Region. Bereits in den nächsten Wochen werden die Streckendaten aufgenommen.

Im zweiten Schritt sind die Taxis noch mit Sicherheitsfahrer unterwegs, der hinter dem Lenkrad sitzt. Der dritte Schritt ist das Fahren mit einem Sicherheitspassagier auf dem Beifahrersitz. Der vierte und letzte Schritt ist dann der automatisierte Betrieb.

Die selbstfahrenden Fahrzeuge sind mit Sicherheitsaufsicht in einer zentralen Leitstelle unterwegs. Voraussichtlich ab Herbst werden Fahrgäste mit an Bord sein.

This Sunday, Oct. 29, 2017, photo provided by Waymo shows a Chrysler Pacifica minivan that are equipped with Waymo's self-driving car technology, being tested at Waymo's facility in Atwater, ...
Ein selbstfahrendes Auto von Waymo, das in Kalifornien getestet wurde.Bild: AP/Waymo

Ist das Fahren ohne Sicherheitsfahrer rechtlich überhaupt möglich?

Ab März 2025 ist in der Schweiz der Einsatz von führerlosen Fahrzeugen auf bewilligten Strecken mit einer Sicherheitsaufsicht möglich. «Das Projekt im Furttal wird unabhängig davon als Pilotprojekt durchgeführt», sagt Mauelshagen. Dafür wurde ein Bewilligungsantrag beim Bundesamt für Strassen (Astra) gestellt.

Wie wird das Robo-Taxi überwacht?

Die Fahrzeuge werden durch eine zentrale Leitstelle mit einer Sicherheitsaufsicht überwacht, die bei Bedarf eingreifen kann. Die Fahrzeuge erkennen ihre Umgebung durch den Einsatz verschiedener Sensoren (Lidar-Sensoren, GPS und Kameras), die dem Fahrzeug eine sichere Navigation ermöglichen sollen.

Durch eingebaute Algorithmen lernt das Fahrzeug kontinuierlich dazu und passt sich an Veränderungen in der Umgebung wie Baustellen oder neue Strassenschilder an. So bleibt das Fahrzeug stets auf dem aktuellen Stand und kann sicher reagieren. Im Fahrzeug gibt es die Möglichkeit, mit der Sicherheits-Aufsicht Kontakt aufzunehmen. Fahrgäste haben auch die Möglichkeit, die Fahrt jederzeit abzubrechen. Passagiere können das Fahrzeug im Notfall verlassen.

Wie sicher ist das Fahren mit autonomen Autos generell?

Die meisten Unfälle sind auf menschliches Versagen zurückzuführen, zum Beispiel Unaufmerksamkeit durch Handygebrauch, Übermüdung, Alkohol oder zu hohem Tempo. Im Bereich des automatisierten Fahrens wurden in den letzten Jahren grosse technologische Fortschritte erzielt. Bereits heute gelten automatisierte Fahrzeuge sicherer als herkömmliche Fahrzeuge. «Aus den USA gibt es Daten, die zeigen, dass die autonomen Taxis sicherer sind als Uber-Taxis», sagt Herrmann.

Unfälle gibt es allerdings. Das Tochterunternehmen Cruise von General Motors wurde vor einem Jahr aus dem Verkehr gezogen, weil es zu Unfällen mit deren Robotaxis kam. Autonome Autos von Waymo und Cruise haben in Kalifornien auf 10 Millionen gefahrenen Kilometern 102 Unfälle verursacht. Dies entspricht einem Unfall alle 100'000 Kilometer.

Ist das autonome Fahren datentechnisch unbedenklich, trotz eines Anbieters aus China?

«Im Zürcher Pilotprojekt setzen wir anerkannte Schweizer Spezialisten ein, welche die Einhaltung unserer hohen Vorgaben an Datenschutz und Cyber Security kontinuierlich überprüfen und dokumentieren», sagt Mauelshagen. In einem ersten Praxistest auf privatem Grund, der im April 2025 stattfinden soll, wird die Einhaltung des Datenschutzprozesses validiert.

«Erst wenn diese Tests erfolgreich abgeschlossen sind und der Datenschutz gewährleistet ist, wird das Fahrzeug auf öffentlichen Strassen eingesetzt», sagt Mauelshagen.

Professor Herrmann sagt, dass sich die chinesischen Anbieter an schweizerisches beziehungsweise europäisches Recht halten müssten. Gleichwohl bleibe ein ungutes Gefühl. Aber es gebe halt wenige Alternativen, da es nur wenige Anbieter von Autonomie-Technologien gibt.

Kann man auch Situationen wie am Zürcher Bellevue kontrollieren?

«Die Technologie hat sich inzwischen so weit entwickelt, dass auch Situationen wie der Bellevue möglich wären. Das konnten wir bei Probefahrten in Asien und den USA selbst erleben», sagt Mauelshagen. Auch Herrmann sagt, dass Waymo in San Francisco zeige, dass technisch eine Fahrt durch den Bellevue möglich wäre. Nur weil es möglich sei, sei es jedoch nicht unbedingt sinnvoll, sagt Mauelshagen.

Wo besteht das grösste Potenzial?

Die meisten Pilotversuche fanden bis jetzt in Städten statt. Die Partner des Projekts, also die SBB, sehen das Potenzial von automatisierten Fahrzeugen für den öffentlichen Verkehr vor allem im ländlichen Raum und den Agglomerationen, um den Zugang zum ÖV zu verbessern. Das Zürcher Furttal eigne sich aufgrund seiner vielseitigen Siedlungsstruktur, seiner Grösse und seinem bestehenden ÖV-Netz mit einer zentralen S-Bahn-Linie optimal für das Vorhaben.

Passengers board a driverless mini-bus, presented by WeRide and Renault Group, in Barcelona downtown, Wednesday, March 12, 2025. (AP Photo/Emilio Morenatti)
Spain Driverless Bus
Ein Mini-Bus von Weride, der in Barcelona vorgestellt wurde.Bild: keystone

Ist WeRide vergleichbar mit den US-Systemen?

WeRide wurde einst in den USA gegründet und verfügt dort über eine Entwicklungsabteilung und entsprechende Lizenz für Testfahrten. Es gibt jedoch innerhalb der USA kein kommerzielles Angebot von WeRide. Die technologische Reife sei mit den führenden Anbietern in den USA vergleichbar, sagt Mauelshagen. WeRide setzte aber schon Robo-Busse im kommerziellen Einsatz ein, die Pendants aus den USA noch nicht.

Welche Anbieter für autonome Fahrzeuge gibt es sonst noch?

Der Anbieter Waymo dominiert in den USA und fährt mit autonomen Fahrzeugen durch San Francisco. Ein weiterer Anbieter ist Mobileye, das in Oslo ein Projekt in einem Aussenbezirk hat. In Shanghai fährt Baidu mit autonomen Fahrzeugen ebenfalls in einem Aussenbezirk, aber mit Autobahnen und engen Strassen. Das sei sehr eindrücklich, sagt Herrmann.

Wie wird das Projekt finanziert?

Der Kanton Zürich leistet eine Anschubfinanzierung von 3,8 Millionen Franken, die SBB finanziert das Projekt über die maximale Projektdauer von fünf Jahren mit jeweils einer Million Franken pro Jahr.

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61 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Der Kerl da
26.03.2025 16:11registriert August 2018
Halten die Autos an, wenn ein Kind am Fussgängerstreifen steht? Und halten sie dann auch ganz an und fahren nicht weiter, wenn das Kind wartet? Lassen sie einem Bus den Vortritt, wenn er aus der Bushaltestelle fährt? Und weichen sie aufs Trottoir aus, wenn sich ein Krankenwagen ankündigt? Ich wäre echt positiv überrascht, wenn die Roboautos das alles packen.
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Chrisbe
26.03.2025 15:58registriert Oktober 2019
Dann werden die Aargauer als grösstes Gefahrenmoment im Strassenverkehr abgelöst 🤣
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CISG
26.03.2025 16:38registriert Oktober 2023
Ja, wenn es ein Erfolg wird werde ich in so ein Taxi steigen. Erst aber warte ich wie viele Unfälle es tatsächlich gibt.

Ich finde allerdings wenn man sich die Löhne der Fahrer, Sozialabgaben etc spart, und so ein KI-Taxi wird ja auch nicht krank, dann sollte die Taxifahrt im Vergleich zu heute auch nur noch die Hälfte kosten.
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    Zahl der Überwachungen im Schweizer Fernmeldenetz hat zugenommen

    2024 haben die Strafverfolgungsbehörden und der Nachrichtendienst des Bundes mehr als doppelt so viele Überwachungsmassnahmen im Fernmeldenetz angeordnet als im Vorjahr. Grund dafür ist in erster Linie der starke Anstieg beim Antennensuchlauf.

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