Bald werden in der Schweiz selbstfahrende Taxis unterwegs sein, in denen kein Sicherheitsfahrer mehr sitzt. Wie von Geisterhand geleitet, werden die Fahrzeuge sich autonom im normalen Strassenverkehr bewegen. Hinter dem Projekt steht die Firma Swiss Transit Lab, die mit dem Kanton Zürich und der SBB einen Pilotversuch startet. Antworten geben Christine Mauelshagen von Swiss Transit Lab und Andreas Herrmann, Direktor am Institut für Mobilität der Universität St.Gallen.
Die autonomen Taxis werden nur in einem begrenzten Gebiet im Kanton Zürich unterwegs sein. «Das Projekt startet in Otelfingen, Boppelsen, Hüttikon und Dänikon. Das Testgebiet wird schrittweise auf die weiteren Gemeinden Buchs, Dällikon und Regensdorf erweitert», erklärt Christine Mauelshagen von Swiss Transit Lab.
In einer ersten Phase werden vier automatisierte Personenwagen fahren. So schnell wie möglich will Swiss Transit Lab das Angebot durch Kleinbusse ergänzen. Die Autos können mit einer App kostenpflichtig bestellt werden. Das Fahrzeug wird die Fahrgäste dann an einem definierten Haltepunkt in der Nähe abholen und zum gewünschten Ziel bringen.
Der genaue Preis ist noch nicht bekannt. Eine Fahrt wird sich an den Kosten des öffentlichen Verkehrs und vergleichbar flexiblen Tür-zu-Tür-Angeboten orientieren.
Die Fahrzeuge können die auf der Strecke zugelassene Geschwindigkeit fahren. Das heisst, sie können sich wie mit einem menschlichen Fahrer der Verkehrssituation anpassen.
Gefahren wird mit Fahrzeugen der Marke Nissan, mit einem Ariya Elektro. Die Autonomie-Technik stammt vom chinesischen Technologieunternehmen WeRide. Das ist einer der Marktführer beim Einsatz automatisierter Fahrzeuge mit Projekten in den USA, in Dubai, Singapur, China und am Zürich Flughafen bei Shuttle-Bussen.
Die Fahrgast-App und die On-Demand-Software für das Pilotprojekt werden von der Firma ioki bereitgestellt, einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn mit Sitz in Frankfurt am Main.
Zuerst werden die Taxis nur die Gegend erkunden. Das heisst, der erste Schritt ist das sogenannte Mapping der Region. Bereits in den nächsten Wochen werden die Streckendaten aufgenommen.
Im zweiten Schritt sind die Taxis noch mit Sicherheitsfahrer unterwegs, der hinter dem Lenkrad sitzt. Der dritte Schritt ist das Fahren mit einem Sicherheitspassagier auf dem Beifahrersitz. Der vierte und letzte Schritt ist dann der automatisierte Betrieb.
Die selbstfahrenden Fahrzeuge sind mit Sicherheitsaufsicht in einer zentralen Leitstelle unterwegs. Voraussichtlich ab Herbst werden Fahrgäste mit an Bord sein.
Ab März 2025 ist in der Schweiz der Einsatz von führerlosen Fahrzeugen auf bewilligten Strecken mit einer Sicherheitsaufsicht möglich. «Das Projekt im Furttal wird unabhängig davon als Pilotprojekt durchgeführt», sagt Mauelshagen. Dafür wurde ein Bewilligungsantrag beim Bundesamt für Strassen (Astra) gestellt.
Die Fahrzeuge werden durch eine zentrale Leitstelle mit einer Sicherheitsaufsicht überwacht, die bei Bedarf eingreifen kann. Die Fahrzeuge erkennen ihre Umgebung durch den Einsatz verschiedener Sensoren (Lidar-Sensoren, GPS und Kameras), die dem Fahrzeug eine sichere Navigation ermöglichen sollen.
Durch eingebaute Algorithmen lernt das Fahrzeug kontinuierlich dazu und passt sich an Veränderungen in der Umgebung wie Baustellen oder neue Strassenschilder an. So bleibt das Fahrzeug stets auf dem aktuellen Stand und kann sicher reagieren. Im Fahrzeug gibt es die Möglichkeit, mit der Sicherheits-Aufsicht Kontakt aufzunehmen. Fahrgäste haben auch die Möglichkeit, die Fahrt jederzeit abzubrechen. Passagiere können das Fahrzeug im Notfall verlassen.
Die meisten Unfälle sind auf menschliches Versagen zurückzuführen, zum Beispiel Unaufmerksamkeit durch Handygebrauch, Übermüdung, Alkohol oder zu hohem Tempo. Im Bereich des automatisierten Fahrens wurden in den letzten Jahren grosse technologische Fortschritte erzielt. Bereits heute gelten automatisierte Fahrzeuge sicherer als herkömmliche Fahrzeuge. «Aus den USA gibt es Daten, die zeigen, dass die autonomen Taxis sicherer sind als Uber-Taxis», sagt Herrmann.
Unfälle gibt es allerdings. Das Tochterunternehmen Cruise von General Motors wurde vor einem Jahr aus dem Verkehr gezogen, weil es zu Unfällen mit deren Robotaxis kam. Autonome Autos von Waymo und Cruise haben in Kalifornien auf 10 Millionen gefahrenen Kilometern 102 Unfälle verursacht. Dies entspricht einem Unfall alle 100'000 Kilometer.
«Im Zürcher Pilotprojekt setzen wir anerkannte Schweizer Spezialisten ein, welche die Einhaltung unserer hohen Vorgaben an Datenschutz und Cyber Security kontinuierlich überprüfen und dokumentieren», sagt Mauelshagen. In einem ersten Praxistest auf privatem Grund, der im April 2025 stattfinden soll, wird die Einhaltung des Datenschutzprozesses validiert.
«Erst wenn diese Tests erfolgreich abgeschlossen sind und der Datenschutz gewährleistet ist, wird das Fahrzeug auf öffentlichen Strassen eingesetzt», sagt Mauelshagen.
Professor Herrmann sagt, dass sich die chinesischen Anbieter an schweizerisches beziehungsweise europäisches Recht halten müssten. Gleichwohl bleibe ein ungutes Gefühl. Aber es gebe halt wenige Alternativen, da es nur wenige Anbieter von Autonomie-Technologien gibt.
«Die Technologie hat sich inzwischen so weit entwickelt, dass auch Situationen wie der Bellevue möglich wären. Das konnten wir bei Probefahrten in Asien und den USA selbst erleben», sagt Mauelshagen. Auch Herrmann sagt, dass Waymo in San Francisco zeige, dass technisch eine Fahrt durch den Bellevue möglich wäre. Nur weil es möglich sei, sei es jedoch nicht unbedingt sinnvoll, sagt Mauelshagen.
Die meisten Pilotversuche fanden bis jetzt in Städten statt. Die Partner des Projekts, also die SBB, sehen das Potenzial von automatisierten Fahrzeugen für den öffentlichen Verkehr vor allem im ländlichen Raum und den Agglomerationen, um den Zugang zum ÖV zu verbessern. Das Zürcher Furttal eigne sich aufgrund seiner vielseitigen Siedlungsstruktur, seiner Grösse und seinem bestehenden ÖV-Netz mit einer zentralen S-Bahn-Linie optimal für das Vorhaben.
WeRide wurde einst in den USA gegründet und verfügt dort über eine Entwicklungsabteilung und entsprechende Lizenz für Testfahrten. Es gibt jedoch innerhalb der USA kein kommerzielles Angebot von WeRide. Die technologische Reife sei mit den führenden Anbietern in den USA vergleichbar, sagt Mauelshagen. WeRide setzte aber schon Robo-Busse im kommerziellen Einsatz ein, die Pendants aus den USA noch nicht.
Der Anbieter Waymo dominiert in den USA und fährt mit autonomen Fahrzeugen durch San Francisco. Ein weiterer Anbieter ist Mobileye, das in Oslo ein Projekt in einem Aussenbezirk hat. In Shanghai fährt Baidu mit autonomen Fahrzeugen ebenfalls in einem Aussenbezirk, aber mit Autobahnen und engen Strassen. Das sei sehr eindrücklich, sagt Herrmann.
Der Kanton Zürich leistet eine Anschubfinanzierung von 3,8 Millionen Franken, die SBB finanziert das Projekt über die maximale Projektdauer von fünf Jahren mit jeweils einer Million Franken pro Jahr.
Ich finde allerdings wenn man sich die Löhne der Fahrer, Sozialabgaben etc spart, und so ein KI-Taxi wird ja auch nicht krank, dann sollte die Taxifahrt im Vergleich zu heute auch nur noch die Hälfte kosten.