Das DIZ Drogeninformationszentrum Zürich hat seinen Jahresrückblick 2022 veröffentlicht – und einige Veränderungen im Konsumverhalten festgestellt.
16.05.2023, 11:3816.05.2023, 11:38
Das Drogeninformationszentrum (DIZ) Zürich setzt sich in der Stadt für einen risikoärmeren Drogenkonsum ein. Das tut es, indem es Informationen zu Substanzen und Konsum und Drug Checking anbietet – entweder an einem fixen Standort oder auch unterwegs an Partys mit mobilem Labor.
Kürzlich hat die Organisation ihren Jahresrückblick 2022 veröffentlicht. Wir sprachen deshalb mit dem Leiter Dominique Schori über die Entwicklungen im Konsumverhalten der Zürcher, das Darknet und gefährliche Trends.
Im vergangenen Jahr wurden 3000 Substanzanalysen durchgeführt. Das sind ein Sechstel mehr als noch im Jahr zuvor. Das müsse aber nicht bedeuten, dass die Zürcher mehr Drogen konsumieren, meint Schori. Die Zunahme könnte zwei andere Gründe haben: 2021 gab es aufgrund von Corona noch weniger Partys als jetzt, und je bekannter das Angebot wird, desto mehr Menschen nutzen es. Vor Corona, 2019, führte das DIZ rund 2200 Analysen durch.
Falsch deklarierte Drogen
Die fünf am häufigsten getesteten Substanzen sind Kokain, Cannabis, MDMA, Amphetamin und LSD. Überprüft werden bei einem Drug-Check jeweils Reinheit, Konzentration und ob es sich beim Getesteten überhaupt um die angegebene Substanz handelt. Dies ist nämlich oft gar nicht oder nur bedingt der Fall: Jede zweite getestete Droge führt zu einem Warnhinweis – weil Streckmittel enthalten ist, die Dosierung zu hoch ist oder die Droge falsch deklariert wurde.
Der Experte bemerkt zudem, dass Psychedelika wieder salonfähig werden. «Lange galt beispielsweise LSD als Hippie- und Aussteigerdroge – heute ist die Substanz in den unterschiedlichsten Bevölkerungsschichten und Szenen angelangt.» Die Analysen solcher psychedelischer Drogen haben zugenommen.
Und es ist gar ein neuer psychoaktiver Stoff vermehrt auf dem Radar des Labors aufgetaucht: HHC. «In den letzten drei Jahren wurde viel Gras untersucht, das mit synthetischen Cannabinoiden versetzt wurde. Neu hinzu kommen halb-synthetische Cannabinoide, wie beispielsweise HHC.» Bis im März 2023 war dieser Stoff legal in der Schweiz, beziehungsweise noch nicht auf die Liste der Betäubungsmittel aufgenommen worden. Wie Konsumenten berichten würden, sei die Wirkung vergleichbar mit jener von THC – das Problem sei jedoch, dass weder Nebenwirkungen noch Langzeitfolgen des Konsums bisher erforscht sind. HHC werde unter anderem CBD-Gras beigefügt, um THC-haltiges Cannabis zu imitieren – damit spart der Dealer beim Beschaffen seiner Ware Geld.
Wie die Auswertungen ausserdem zeigen, hat die Konzentration von MDMA in Ecstasy-Pillen zum ersten Mal seit Jahren abgenommen. Der Experte warnt aber, dass viele Pillen nach wie vor hoch dosiert sind und die maximal empfohlene Menge von circa 120 mg stark überschreiten. Eine durchschnittliche Pille enthält nach wie vor 150 mg MDMA.
Hier gibt's Hilfe bei Suchtproblemen!
Alkohol und andere Drogen sind nie die Lösung. Bei Suchtproblemen gibt es in der Schweiz diverse Anlaufstellen. Beispielsweise die kantonalen und lokalen Angebote der Schweizerischen Koordinations- und Fachstelle Sucht, die unter suchtindex.ch einfach nach Region und Thematik herausgefiltert werden können. Eine weitere Anlaufstelle ist Safezone.ch, die Online-Beratung des Bundesamtes für Gesundheit in Zusammenarbeit mit Kantonen und Suchtfachstellen.
Prävention im Darknet
Ein besonderes Augenmerk des DIZ liegt zurzeit auf dem verborgenen Teil des Internets, dem Darknet. Dort tummeln sich einerseits Shops, die Drogen verkaufen und andererseits auch Foren, in welchen sich User über den Drogenkonsum austauschen. «Wenn sich Menschen im Darknet vernetzen, werden oft Halbwahrheiten gestreut. Wir denken, es ist sinnvoll, dass wir dort seriös informieren und unsere Warnungen auch in diesem Teil des Internets publizieren.» Das DIZ verlinke dort auf seine Webseite, um fachlich fundierte Informationen zur Verfügung zu stellen.
Als speziell gefährlich stuft Schori den Drogenge- oder eben -missbrauch der jüngeren Generation ein. Mischkonsum sei grundsätzlich riskant – bei ganz jungen Konsumenten falle aber vermehrt auf, dass besonders risikoreiche Kombinationen ausprobiert werden. Als Beispiel nennt der Experte den Mix aus Alkohol und Benzodiazepinen und Opioid-Schmerzmitteln. «Die Kombination von mehreren solchen dämpfenden Substanzen ist besonders gefährlich, weil sie schnell zu Atemlähmung, Herzstillstand und schliesslich zum Tod führen kann.» Sowieso, stellt der DIZ-Leiter fest, seien dämpfende Substanzen, sogenannte Downer, bei jüngeren Konsumenten zwischen 16 und 18 beliebter als noch vor 10 Jahren.
Das gilt es beim Konsum zu beachten
Zu guter Letzt noch die wichtigsten Grundsätze vom Experten für einen möglichst risikoarmen Konsum:
- Wissen, was und wie viel davon man konsumiert – das lässt sich grundsätzlich nur mit einem Test bestätigen.
- Darauf achten, dass es einem zum Zeitpunkt des Konsums gut geht und man in einer Umgebung ist, in der man sich wohlfühlt.
- Regelmässig Konsumpausen einlegen, um sich davon ausreichend erholen zu können.
Jacht mit einer Tonne Drogen läuft vor Australien auf Grund
1 / 7
Jacht mit einer Tonne Drogen läuft vor Australien auf Grund
Viel Stoff zogen die australischen Behörden aus dem Wasser.
quelle: epa / queensland police handout
So funktioniert Drug Checking in Zürich – wir waren dabei
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Nationalratspräsidentin Maja Riniker ist am Montag in der Ukraine eingetroffen. Im Zentrum ihres mehrtägigen Aufenthaltes steht der Austausch mit dem Parlament in Kiew. Riniker will sich auch über die Lage mehr als drei Jahre nach dem russischen Überfall informieren.
Eine Welt ohne Drogen wäre sowieso armselig. All die Drogenverächter können sich gar nicht vorstellen, was alles auf den Einfluss von bewusstseinserweiternden Substanzen zurückgeht.