Mit dem Ja zur «Ehe für alle» vom Sonntag erhalten lesbische Paare Zugang zur Fortpflanzungsmedizin. Allerdings geht eine der Mütter – nämlich die, die nicht schwanger war – in einem Punkt leer aus: beim bezahlten Babyurlaub. Die Berner GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy will das ändern und plant, diese Woche einen entsprechenden Vorstoss im Parlament einzureichen.
Bertschy fordert: «Der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub soll auch bei Frauenpaaren gelten.» Sie findet, die momentane Gesetzesformulierung unzulänglich. «Der Vaterschaftsurlaub kann nicht sinngemäss auf die Co-Mutter angewandt werden.»
Momentan sieht die Erwerbsersatzordnung vor, dass Mütter vierzehn Wochen Urlaub nach der Geburt erhalten. Dabei ist mit Mutter die Frau gemeint, die das Kind gebärt. Als zweiter Teil des Elternpaares gilt automatisch der Vater und dem steht seit 2021 einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub zu. Das Bundesamt für Sozialversicherung schreibt dazu:
Das soll sich mit dem Vorstoss von Nationalrätin Bertschy ändern. Ausserdem will sie, dass der Bundesrat einen treffenderen Begriff als «Vaterschaftsurlaub» vorschlägt, zum Beispiel Elternschaftsurlaub. Noch besser fände sie eine Elternzeit zu gleichen Teilen, unabhängig vom Geschlecht. «Es dürfte aber noch dauern, bis die Schweiz so weit ist. Deshalb soll es wenigstens so schnell wie möglich die zwei Wochen für Co-Mamis geben.»
Dass Co-Mütter – analog zu Vätern – bezahlten Urlaub nach der Geburt beziehen können, kritisiert SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann. Zwar habe sie entgegen der Parteileitung Ja zur «Ehe für alle» gestimmt. «Aber jetzt wird über mehr Leistungen diskutiert, anstatt sich einfach mit dem Institut der Ehe zufriedenzugeben», so Steinemann. Das bestätige die Befürchtungen der Gegnerschaft, dass nun immer noch mehr Forderungen kämen.
Unterstützt wird das Vorhaben hingegen vom Dachverband Regenbogenfamilien. Geschäftsleiterin Maria von Känel sagt: «Es ist sonnenklar, dass die Auszeit vom Job bei allen frischen Eltern wichtig ist für die Bindung zum Kind. Dass gleichgeschlechtliche Paare hier anders behandelt werden, ist nicht fair.»
Dieses Thema begleitet Maria von Känel nicht erst seit letztem Sonntag. Seit 2018 können Homosexuelle das Kind des Partners oder der Partnerin adoptieren. Die sogenannte Stiefkindadoption machte es Frauenpaaren schon früher möglich, dass Kinder in die Beziehung hineingeboren werden. Ein Recht auf Elternurlaub haben sie jedoch nicht. Das dürfte nun stärker zum Thema werden: Mit dem Ja zur «Ehe für alle» haben Frauenpaare Zugang zur Fortpflanzungsmedizin und können mithilfe einer Samenspende schwanger werden.
Bei männlichen Paaren ist das etwas anders. Sie können sich zwar neu als Adoptiveltern bewerben, allerdings kommt hier eine ganz andere Urlaubsform zum Zug: jener für Adoptiveltern. Bislang gab es in der Schweiz keinen Adoptionsurlaub. Allerdings soll sich das nun ändern: Das Parlament hat vergangene Woche der Forderung zugestimmt, dass Adoptiveltern zwei Wochen bezahlten Urlaub erhalten.
In Maria von Känels Augen hinkt die Gesetzgebung hinterher: «Die Realität kollidiert mit veralteten Regeln.» Ideal fände sie einen Elternschaftsurlaub, unabhängig der Familienkonstellation.