Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung Radioaktiver Abfälle (Nagra) gibt ihren Entscheid zwar erst am Montag bekannt, aber der ehemalige Nagra-Projektleiter André Lambert aus Baden ist sicher: Das Atomendlager soll in der Region Nördlich Lägern gebaut werden.
Dass der strahlende Abfall der Schweizer AKW im Gebiet vergraben werden soll, zu dem die drei Aargauer Gemeinden Fisibach, Schneisingen und Siglistorf gehören, bestätigen laut «Tages-Anzeiger» auch weitere Experten.
Astrid Andermatt, ehemalige SP-Grossrätin aus Lengnau und Co-Präsidentin des Vereins «LoTi – Nördlich Lägern ohne Tiefenlager», kämpft seit Jahren gegen ein Endlager in der Region. Sie sagt, wenn die Wahl der Nagra tatsächlich auf ihr Gebiet fallen sollte, wäre dies eine grosse Überraschung für die Gegnerschaft. Andermatt:
Das sei für sie nicht nachvollziehbar, es sehe gar nach einem abgekarteten Spiel aus, kritisiert die SP-Politikerin. Andermatt: «Mir scheint, dass die Nagra von Nördlich Lägern als Zielstandort ausging und nun die Parameter und die Gewichtung der Kriterien geändert hat, damit unsere Region am besten abschneidet.» Das sei aus Sicht des Vereins Loti nicht seriös, man sehe keine haltbare Erklärung, «wie dieses Umschwenken zu Stande kommen könnte», kritisiert Andermatt.
Werner Ebnöther aus Weiach ZH ist Vorstandsmitglied des Vereins Loti, er sagte am Donnerstag im «Tages-Anzeiger»: «Selbst wenn die Nagra in den nächsten Tagen Nördlich Lägern tatsächlich als Standort der Wahl bekanntgeben würde, erwarte ich in meiner Region keinen Proteststurm.» Auch der Widerstand gegen das Atomendlager im Aargauer Teil des Gebiets scheint erlahmt – die letzten Termine und Einträge auf Website und Facebook-Auftritt des Vereins stammen aus dem Jahr 2018.
Hat sich der Verein Loti im Vergleich zu anderen Organisationen wie «Kein Atommüll im Bözberg» zu wenig stark gegen einen Lagerstandort gewehrt? Co-Präsidentin Andermatt widerspricht und sagt: «Wir haben uns entschieden, weniger auf Demonstrationen und Proteste, sondern auf die Teilnahme am Partizipationsprozess zu setzen.» Vertreterinnen und Vertreter des Vereins waren in den Fachgruppen zur Sicherheit und zu den Oberflächenanlage dabei.
«Sie haben immer wieder Bedenken eingebracht und kritische Fragen gestellt», sagt Andermatt. Diese seien zwar zur Kenntnis genommen und auch beantwortet worden, «aber das hat offenbar alles nichts bewirkt, wenn das Lager jetzt doch in unserer Region gebaut werden soll», bedauert sie. Die SP-Vertreterin sieht noch andere Gründe, weshalb der Widerstand im Gebiet Nördlich Lägern weniger stark ist als am Bözberg oder im Zürcher Weinland:
Zudem sei die Region relativ weit von der Stadt Zürich und anderen grösseren Agglomerationen entfernt, auch deshalb sei der Widerstand hier eher schwächer, erklärt Andermatt.
Sollte die Nagra am Montag bekanntgeben, dass sie das Endlager im Gebiet Nördlich Lägern bauen will, könnte das niemand anfechten. «Aber wenn es später um die Rahmenbewilligung geht, sind wir einspracheberechtigt», sagt Andermatt. Es ist davon auszugehen, dass der Verein diese Möglichkeit der Opposition auch nutzt.
Denn die SP-Politikerin befürchtet, am Ende laufe es auf einen Deal zwischen den Kantonen Aargau und Zürich heraus: das Lager im Gebiet Nördlich Lägern, die Verpackungsanlage beim Zwischenlager in Würenlingen. «Für uns ist klar: Dies können wir nicht akzeptieren, es fehlt an Transparenz, und es gibt keine unabhängige Stelle, die Alternativen geprüft hat», kritisiert Andermatt.
(aargauerzeitung.ch)