Jetzt ist wieder für vier Jahre Ruhe: Am Sonntag hat die Schweiz ein neues Parlament gewählt. Die SVP gilt als Siegerin, die Grünen als Verlierer. Auch die Mitte hat dazugewonnen und die FDP überholt.
Was zu diesem Ergebnis geführt hat und was die Wählerschaft jetzt vom neuen Parlament erwartet, zeigt die Nachwahlbefragung von SRG in Zusammenarbeit mit dem Forschungsbüro Sotomo.
Gewonnen hat die SVP nicht nur die Wahlen, sondern auch die Mobilisierung ihrer Wählerschaft. Sie hat Wählende aus dem ganzen Parteienspektrum dazugewonnen und gleichzeitig Neuwähler mobilisiert. Am häufigsten setzten Personen zwischen 46 und 65 Jahren die SVP auf ihre Liste. Obwohl laut Sotomo die Volkspartei «sehr gut verdienende Personen» anspricht, wurde sie vorwiegend von «wenig Verdienenden» gewählt. Die «Top-Verdiener» wählten vorwiegend die FDP. Die SVP konnte insgesamt bei Personen mit einem tieferen Bildungsstand besser punkten.
Auch die zweitgrösste Partei, die SP, konnte von der Wählerwanderung profitieren. Vor allem auf Kosten der Grünen hat die SP 2 Prozentpunkte dazugewonnen. Die Sozialdemokraten mussten jedoch einen Teil ihrer Wähler der Mitte (-0,4) und der SVP (-0,5) überlassen. Besonders oft wählten Frauen die SP – bei anderen Parteien fallen die Geschlechterunterschiede kleiner aus. Die Mitte konnte von allen Parteien Wählerinnen und Wähler stibitzen, verlor dafür aber auch selbst einige an die SVP - insgesamt 0,7 Prozentpunkte. Am beliebtesten war die fusionierte Partei aus CVP und BDP bei Personen im Pensionsalter.
Die Grünen sprechen deutlich mehr junge Menschen als ältere Personen an. Doch laut der Nachwahlbefragung konnte die Partei diese Wählenden nicht gleich stark mobilisieren wie noch 2019. Die Hälfte der Verluste der Grünen gehen in Richtung SP, aber auch an die SVP, die GLP und die Mitte.
Noch nie haben so viele Menschen für einen Sitz im Parlament kandidiert wie dieses Jahr: 5909 Personen liessen sich auf 618 Listen zur Wahl aufstellen – alleine für den Nationalrat. Wie übertrieben diese Anzahl aus deutscher Sicht ist, hat watson-Autorin Helen Kleinschmidt schon vergangene Woche kommentiert.
Auch die Nachwahlbefragung zeigt, dass 66 Prozent der Bevölkerung einen Wandel möchte: Sie fordern, dass jede Partei nur noch eine Liste einreichen darf und Unterlisten verboten werden sollen. Denn ein Drittel der Wählenden hat sich «schwer getan» mit der grossen Zahl an Listen und Kandidierenden. Am meisten stören sich die Mitte- und GLP-Wählenden über die Unterlisten: diese Parteien haben besonders viele Listen eingereicht.
Sotomo und SRG haben in der Nachwahlbefragung herausgefunden, dass es einen Unterschied gibt zwischen den wichtigsten, politischen Herausforderungen und den Gründen, weshalb die Menschen wählen gingen. So nennen 52 Prozent der Wählenden als grösste Herausforderung die hohen Krankenkassenprämien. 36 Prozent nennen den Klimawandel. Als Hauptgrund für den Wahlentscheid wird jedoch zuerst die Migration genannt (26 Prozent), danach die Prämien (25 Prozent) und der Klimawandel (23 Prozent).
Besonders der SVP spielt das Migrations-Thema in die Karten: 74 Prozent ihrer Wählenden konnte die SVP mit dem Thema mobilisieren. Obwohl für die SVP-Wählerschaft die «Bedrohung der Meinungsfreiheit durch Gender und Wokeness» kein zentrales Thema war, gaben 25 Prozent der Befragten an, deshalb die Partei gewechselt zu haben. Der Klimaschutz war vor allem bei linken Wählenden ein zentrales Thema. Mehr davon profitiert haben allerdings die SP als die Grünen, die mit sozialen Themen wie Wohnungspreise ein «zweites Standbein» haben.
An Bedeutung gewonnen haben laut der Nachwahlbefragung «rechtskonservative Themen wie Migration und Kriminalität». Weniger eingeschenkt haben «progressive Themen» wie die Gleichstellung der Geschlechter, der Klimawandel und gute Beziehungen zur EU. Im Hoch sind jedoch soziale Themen wie die Krankenkassenprämien und Wohnungspreise – im Gegensatz zu Wirtschaftsanliegen.
In einer Zeit der Multi-Krisen gibt es unzählige Baustellen, welche die Politikerinnen und Politiker angehen müssen. Laut Sotomo hat eine besonders hohe Priorität bei den Wählenden vor allem Massnahmen gegen Kostensteigerung im Gesundheitswesen und den Ausbau von Prämienverbilligungen.
Obwohl die grüne Welle abgeflacht ist, ist die Energie-Wende für die Befragten ein dringendes Thema. Für viele gehöre zudem das Abschliessen eines neuen Abkommens mit der EU zu den grossen Prioritäten. Und generell falle Sotomo auf:
Dann haben sie aber die falsche Partei gewählt 🤔
Die sind einfach durchorganisiert. Bei Wahlwerbung ist immer ein Foto drauf wie man den Wahlzettel ausfüllen muss. Dies verhindert ungültige Stimmen. Die meisten anderen Parteien sind auch zu schade dafür.
Dann sind die SVP Vertreter sehr präsent bei irgendwelchen Veranstaltungen, selbst wenn es nicht unbedingt die Zielgruppe ist, und reden mit den einfachen Leuten. Auch das könnten andere Vermehrt machen.