Aktuell stammen etwa 30 bis 40 Prozent der Schweizer Stromerzeugung aus der Kernkraft. Das Ja zur Klimaschutz-Initiative und das darin enthaltene Netto-Null-Ziel-2050 hat die Debatte über ein Atom-Comeback erneut entfacht – denn laut EU-Parlament ist die Kernenergie umweltverträglich.
Dieser Meinung sind auch gewisse Exponenten des Schweizer Parlaments. So diskutierten die SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher, der FDP-Parteipräsident Thierry Burkart, der SP-Co-Präsident Cédric Wermuth und der Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister in der SRF-Elefantenrunde zum Abstimmungssonntag rege über die Möglichkeiten und Grenzen der Kernkraft.
SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher fand in der Sendung klare Worte: «Wir müssen wieder technologieoffen werden. Wir müssen auch die Kernkraft, die fossilfrei ist, die ich persönlich immer propagiert habe, wieder zugänglich machen. Das muss der Bundesrat nun in den sehr schwierigen Rahmenbedingungen von diesem Gesetz machen.»
FDP-Präsident Thierry Burkart stimmte ihr zu: «Wir müssen ehrlich sein: Alles, was jetzt im Parlament ist, also Wind-Express, Solar-Express und der Mantelerlass würden nicht ausreichen, um das zu ersetzen, was wir verlieren würden, wenn wir aus der Kernenergie aussteigen würden. Nicht einmal Beznau würde ersetzt werden. Das heisst, wir müssen weiterhin auf Kernenergie setzen können, sonst haben wir ein gigantisches Problem.»
Burkart ist zudem der Meinung, dass der Bau neuer AKW eine Diskussion ist, die das Schweizer Volk und die Politik noch führen werde. Zentral für ihn ist zudem, dass man die in der Energiestrategie 2050 angedachte Notlösung mit Gaskraftwerken nochmals überdenkt. Er sagt: «Ich glaube, dass das nicht der richtige Ansatz ist unter dem Aspekt der Klimaneutralität.»
Co-Präsident der SP, Cédric Wermuth, wehrte sich in der Diskussion vehement gegen den Bau neuer AKW. Er ist sich sicher, dass die Solarenergie der richtige Weg sei.
Er sagte, dass die Visionen und Forderungen der SVP «absolute Wolkenschieberei» sei, wenn man in absehbarer Zeit aus den fossilen Brennstoffen aussteigen möchte. Wermuth ist der Meinung, dass dieses Beharren auf den Bau neuer AKW nur zu weiteren Blockaden führen würde. Der Gesetzgebungsprozess und die Standortfindung sei zeitintensiv, es ginge mindestens noch 15 bis 20 Jahre, bis ein neues AKW in Betrieb genommen werden könnte, hält Wermuth fest.
Ob man nun gegen oder für den Bau neuer AKW ist – eine Grundsatzfrage steht im Raum: Ist ein Atom-Comeback überhaupt möglich in der Schweiz?
Laut einem Whitepaper der ETH, welches Ende Mai von der Expertengruppe Versorgungssicherheit veröffentlicht wurde, wäre der Bau neuer AKW eine «gangbare Option», jedoch seien Bau und die Planung aufgrund von «techno-ökonomischen Ungewissheiten» sehr zeitintensiv.
Im Whitepaper wird festgehalten, dass AKW im Betrieb keine Treibhausgase ausstossen würden, deshalb könnten sie die Netto-Null-Ziele der Schweiz unterstützen. Doch gleichzeitig hält die Expertengruppe fest: «Allerdings gehen damit andere ernstzunehmende Herausforderungen einher, etwa die Gefahr nuklearer Katastrophen, die Frage der Atommülllagerung und die Abhängigkeit von Uranimporten.»
Weiter wird erklärt, dass die Versorgungssicherheit sich durch den Ausbau der heimischen Stromerzeugung im Winter verbessern liesse. Alpine Photovoltaikanlagen könnten hierbei eine wichtige Rolle spielen, die Investitionskosten und Auswirkungen auf die Natur seien aber noch ungewiss. Und: Eine weitere Möglichkeit würde die Kernkraft bieten. «Zwar unterstützen bestehende Kernkraftwerke die Umstellung hin zu Netto-Null, neue Reaktoren könnten aufgrund fehlender politischer Rahmenbedingungen sowie unkalkulierbarer Baukosten und -zeiten wohl aber erst nach 2050 in Betrieb gehen», schreibt die ETH-Expertengruppe.
In dem Whitepaper wird zudem festgestellt, dass man die aktuellen Reaktoren am Netz lassen solle, solange sie als sicher gelten und wirtschaftlich betrieben werden könnten. Dies könne die Schweiz bei der Dekarbonisierung bis 2050 unterstützen und auch im Winter einen beträchtlichen Anteil zur erforderlichen Stromversorgung beitragen.
Aktuelle AKWs haben ein potentielles nicht kontrollierbares Risiko, Brennstäbe kommen aus Russland, Produktion der Brennstäbe ist alles andere als nachhaltig. Es besteht weit und breit noch kein sicheres Endlager, welches ja auch erst seit 50 Jahren gesucht wird....
Die Befürworter dieser gefährlichen Technologie sind Weltmeister im Verdrängen.