Die Weitergabe vertraulicher Informationen könnte für Christa Markwalder von der FDP ein strafrechtliches Nachspiel haben. Die Aussenpolitische Kommission (APK), aus der die Informationen stammen, wird den Fall prüfen und dabei auch darüber diskutieren, ob Anzeige erhoben werden soll. Dies sagt Carlo Sommaruga, der Präsident der Kommission, auf Anfrage der «NZZ am Sonntag».
Markwalder selber hat eingeräumt, dass sie Unterlagen aus der APK mit der Lobbyistin Marie-Louise Baumann geteilt hat, welche diese dann wiederum an ihre kasachischen Auftraggeber weitergab. Sie hat sich diese Woche dafür entschuldigt und gesagt, sie werde sich im Nationalratsbüro zur Sache erklären. Dieses ist zuständig für allfällige disziplinarische Massnahmen. Es kann einen Verweis aussprechen oder – was noch nie geschah – den vorübergehenden Ausschluss aus der Kommission.
Laut Sommaruga muss der Fall aber auch in der APK thematisiert worden. Die Frage, ob und inwieweit das Kommissionsgeheimnis verletzt wurde, sei von der effektiv betroffenen Kommission zu beurteilen, sagt er. «Ich werde darum dafür sorgen, dass die Kommission diesen Fall behandelt.» Ob es zu einer Anzeige komme, werde die Debatte zeigen.
Es gibt indes im Bundeshaus bereits Stimmen, die sagen, eine Anzeige sei zwingend. Zudem sei Markwalders Vergehen ein Offizialdelikt, zu dem die Berner Staatsanwaltschaft von sich aus Ermittlungen aufnehmen müsste.
Auch die «Sonntagszeitung» berichtet über die Affäre. Laut der Zeitung muss Markwalder mit einer Anzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung oder gar wegen verbotenen Nachrichtendiensts für einen anderen Staat rechnen. In der APK würden entsprechende Schritte vorbereitet. Kommissionsmitglied und SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli sagt zum Blatt: «Da Frau Markwalder mutmasslich vertrauliche Informationen aus der Verwaltung weitergegeben hat, ist der Verdacht begründet, dass sie das Amtsgeheimnis verletzt hat. Deshalb braucht es eine Anzeige.» Und weiter: «Der Kommissionspräsident hat keinen Spielraum.» Notfalls wird Mörgeli einen entsprechenden Antrag einreichen, wie die «Sonntagszeitung» schreibt.
Ob Markwalder im Dezember zur höchsten Schweizerin gewählt wird, ist ungewiss. Denn sie verliert in ihrer eigenen Partei an Rückhalt. FDP-Präsident Philipp Müller sagt zur «Schweiz am Sonntag»: «Mein Job ist es, die Interessen der Partei zu vertreten – und Schaden von ihr abzuwenden. Ich werde, um dieses Ziel zu erreichen, keine Rücksicht auf die Befindlichkeiten von einzelnen Personen nehmen.» Für Müller steht gemäss der Zeitung fest: Die Partei, die zuletzt im Aufwind war, habe durch die Lobbying-Affäre um Christa Markwalder bereits «klar Schaden genommen».
Pikantes Detail: Explizit nimmt Philipp Müller die Medien in Schutz, die über die Affäre kritisch berichten. Während Markwalder von einer «Kampagne» spricht, sagt Müller, es sei die Aufgabe der Medien, solche Vorgänge aufzudecken. Einflussreiche Freisinnige hoffen laut der «Schweiz am Sonntag», dass Markwalder ihre Kandidatur fürs höchste Amt freiwillig zurückzieht. Gemäss Insidern wird ein «Märtyrerinnen-Effekt» befürchtet, würde die Partei die Politikerin offen zum Verzicht drängen.
Auftrieb bekommen mit der Lobbying-Affäre die Bemühungen für mehr Transparenz. Die SP plant laut der «Schweiz am Sonntag» eine Initiative für die Offenlegung der Parteifinanzierung. «Das Projekt für die Transparenzinitiative bei Parteifinanzierung und Abstimmungskampagnen liegt weitgehend vor», sagt SP-Nationalrätin Nadine Masshardt im Artikel. Sie hat das Projekt letztes Jahr federführend ausgearbeitet, die SP-Spitze stellte es dann vorerst zurück. Jetzt, im Zuge der Kasachstan-Affäre, erhält das Initiativprojekt wieder gewaltig Schub. (feb)
Sorry Frau Markwalder, aber solches Verhalten verlangt nicht nur nach einer Entschuldigung und einem Sich-Erklären im Nationalratsbüro. Sie könnten noch etwas Stil beweisen, indem Sie das Nationalratspräsidium abgeben und Ihren Sitz in der APK zur Verfügung stellten. Über Ihren weiteren Verbleib im NR kann im Oktober ja dann das Stimmvolk entscheiden...
inszeniert am besten einen kleinen.
(Friedrich Dürrenmatt)