Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Der Rücktritt des einen kam aus
heiterem Himmel. Als die FDP Schweiz am Dienstag kurz nach 12 Uhr via
Twitter ankündigte, Parteipräsident Philipp Müller trete nicht zur
Wiederwahl an, war die Überraschung auch in den eigenen Reihen
gross. Der Aargauer Ständerat hat nur ganz wenige seiner Parteikollegen eingeweiht.
Ständerat Philipp Müller wird im April 2016 nicht zur Wiederwahl als Parteipräsident antreten #parlch
— FDP.Die Liberalen (@FDP_Liberalen) December 15, 2015
Der Abgang des anderen erfolgt mit
Ansage: CVP-Präsident Christophe Darbellay konnte wegen der
Amtszeitbeschränkung seiner Walliser Kantonalpartei nicht mehr für
den Nationalrat kandidieren. Sein Rücktritt steht deshalb seit
Monaten fest, denn ein Parteipräsident ohne Mandat im Bundeshaus ist
undenkbar. Er selber wäre vermutlich ganz gerne geblieben.
Die Resonanz auf die beiden Rücktritte
sagt einiges aus über den Zustand der beiden «Staatsparteien»,
die die moderne Schweiz seit 1848 massgeblich geprägt haben. Philipp
Müllers Rücktritt wurde selbst von politischen Gegnern bedauert.
Trotz seiner vergleichsweise kurzen Amtszeit hat er es geschafft, die
FDP nach jahrzehntelangem Niedergang zurück auf die Erfolgsspur zu
führen. Bei den Wahlen im Oktober legte sie erstmals seit 1979
wieder zu.
Egal, an welche 'Hundsverlochete' man Philipp Müller bestellte: Er kam, motivierte und siegte! Danke für den... https://t.co/uK5Gx6jn04
— Andri Silberschmidt (@andrisilbi_) December 15, 2015
«Man wird sich dereinst daran
erinnern, dass er seine Sache gut gemacht hat», kommentierte die
NZZ mit gewohntem Understatement. Seine Wahl im Frühjahr 2012 hatte
die Zeitung noch kritisch begleitet. Konnte der gelernte Gipser mit
dem Hang zur Stammtischpolitik die vornehme FDP auf Vordermann
bringen? Er konnte, weil er nicht der guten alten Zeit nachtrauerte
und den Mitte-Rechts-Kurs, den sein
Vorgänger Fulvio Pelli vorgespurt hatte, konsequent weiterging.
In diesem Jahr hat Müller die Ernte
eingefahren, die FDP legte bei den kantonalen und nationalen Wahlen teilweise deutlich zu. Die CVP hingegen konnte ihren ebenfalls seit Jahren anhaltenden Abwärtstrend nicht stoppen, höchstens abbremsen.
Sie verlor 0,2 Prozent Wähleranteil und einen Sitz im Nationalrat. Nicht nur aus diesem Grund kann Christophe Darbellay von den Elogen nur träumen, mit denen Philipp Müller eingedeckt wurde.
Mit seinem welschen Charme war der Walliser
ein Sympathieträger, doch er konnte in seiner zehnjährigen Amtszeit
nie eine ähnlich klare Linie entwickeln wie Müller bei der FDP.
Der christlichsoziale Flügel wurde geschwächt, ähnlich
wie der linksliberale bei der FDP. Aber eigentlich wisse die CVP
«selber nicht genau, wofür sie steht», brachte es der
Politgeograf Michael Hermann im watson-Interview auf den Punkt.
Entsprechend mühsam gestaltet sich die
Nachfolgesuche. Die zuständige Findungskommission hat am Dienstag
erstmals getagt. Der Zuger Nationalrat Gerhard Pfister hat als
bislang Einziger sein Interesse signalisiert. Er gehört zu den Schwergewichten im Parlament, steht in seiner Fraktion aber am
rechten Rand. Die internen Gegner sind alarmiert. «Präsident
Pfister würde die CVP spalten», warnte der Walliser Nationalrat
Yannick Buttet in der Südostschweiz.
Darin manifestiert sich der
Richtungsstreit, der nach den Wahlen in der CVP ausgebrochen ist. Das
Anti-Pfister-Lager scheint auf den Bündner Nationalrat Martin
Candinas zu setzen, einen der wenigen jüngeren Hoffnungsträger der
Partei. Er war aus Rücksicht auf seine Familie eher
abgeneigt, schliesst eine Bewerbung als Präsident nun aber nicht
mehr aus. Auch der Solothurner Ständerat und Finanzexperte Pirmin
Bischof denkt über eine Kandidatur nach.
Deutlich breiter ist das Bewerberfeld
bei den Freisinnigen, und doch reduziert sich die Frage der
Müller-Nachfolge faktisch auf einen Namen: Christian Wasserfallen,
Nationalrat aus dem Kanton Bern und FDP-Vizepräsident. Was auch
daran liegt, dass potenzielle Konkurrenten wie Karin Keller-Sutter,
Andrea Caroni oder Ruedi Noser sich bereits aus dem Rennen genommen
haben. Die FDP-Frauen konzentrieren sich darauf, endlich wieder
einmal eine Bundesrätin zu stellen.
An Ehrgeiz fehlt es Wasserfallen nicht.
Wäre es nach ihm gegangen, würde er heute – mit erst 34 Jahren –
auf dem Stuhl des Nationalratspräsidenten sitzen. Er unterlag in der
internen Ausmarchung gegen Christa Markwalder,
ebenso vor wenigen Wochen bei der Besetzung des Fraktionspräsidiums
gegen den Tessiner Ignazio Cassis.
Der junge Berner politisiert noch ein
Stück weiter rechts als Philipp Müller, im Parlament hat er sich als scharfer Kritiker der SRG und der Energiewende
einen Namen gemacht. Seine Herausforderung als Parteipräsident wäre
nicht nur die Fortsetzung des Aufwärtstrends. Er müsste auch die
SVP auf Distanz halten, wie es Müller geschafft hat.
Bei der CVP wäre man wohl schon froh,
wenn der Neue Ruhe in die Partei bringen würde. Eine
intensivere Zusammenarbeit mit BDP und Grünliberalen wäre ebenfalls
angesagt. Die Mitte-Parteien könnten der FDP damit nicht nur Paroli
bieten, sondern gar einen Bundesratssitz abjagen. Will die CVP
diese Option ernsthaft verfolgen, müsste sie wohl auf Martin
Candinas setzen. Der polarisierende Gerhard Pfister
wäre kaum der geeignete Mann.