Am Sonntagabend um Mitternacht lief bei der Findungskommission die Anmeldefrist ab für die Kandidatur auf das FDP-Präsidium. Kronfavorit auf den Job ist Ständerat Thierry Burkart. Noch hat er nicht verlauten lassen, ob er tatsächlich antritt. Doch alles deutet darauf hin.
Auf jeden Fall beworben hat sich Nationalrat Marcel Dobler. Das tat er unter der Prämisse eines Co-Präsidiums mit einer Westschweizer Frau, was kaum klappen dürfte. Ob er seine Kandidatur alleine aufrecht erhält, wenn Burkart antritt, ist offen.
Hinter den Kulissen gibt es aber mehr Bewegung als gedacht. Recherchen zeigen, dass Ständerat Ruedi Noser an einem neuen FDP-Programm arbeitet bis zu den Wahlen 2023. Involviert sind weitere FDP-Politiker.
Noser gilt heute als ein Doyen der FDP. Er war von 2003 bis 2015 Nationalrat und sitzt seit 2015 im Ständerat. Vor allem aber kennt er sich in der Parteiarbeit bestens aus. Von 2000 bis 2003 war er Vizepräsident und von 2003 bis 2004 Präsident ad interim der FDP des Kantons Zürich. Zwischen 1999 und 2009 sass er zudem als Mitglied in der Geschäftsleitung der FDP Schweiz, 2003 bis 2009 war er sogar Vizepräsident.
Was den Inhalt betrifft, gilt Noser als eigenständiger Vertreter des linksliberalen Kurses. Er trat als erster bürgerlicher Politiker der Gletscherinitiative bei und setzte damit im Freisinn ein Zeichen für die Klimapolitik. Er ist aber auch ein Verfechter des Rahmenabkommens mit der EU. Mit Ständerat Damian Müller schrieb er in den CH-Media-Produkten den Gastbeitrag «Die Schweiz braucht einen überzeugenden Rahmenvertrag – oder aber ein Fitnessprogramm».
Noser gilt damit als eine Art Gegenentwurf zu Ständerat Burkart, der sowohl gegen den strategischen Kurswechsel von Präsidentin Petra Gössi bei der Klimapolitik kämpfte wie gegen das Rahmenabkommen.
«Es gibt bei uns kluge Köpfe, die sich Sorgen machen um die Partei und die programmatisch am arbeiten sind für die Wahlen 2023», sagt Nationalrätin Doris Fiala, angesprochen auf die Recherchen.
Und zu Nosers Rolle hält sie fest: «Ich weiss, dass unter anderem Ruedi Noser im Hintergrund ernsthaft programmatisch am arbeiten ist. Es geht ihm nicht um Macht. Ob er Präsident werden möchte, entzieht sich meiner Kenntnis.» Noser wolle auf jeden Fall in der Partei mitarbeiten. Fiala sagt: «Das nenne ich Herzblut.»
Noser selbst war gestern nicht erreichbar. In der FDP wird er als möglicher Übergangspräsident bis zu den Wahlen 2023 gehandelt. Das hatte Noser in der «Schweiz am Wochenende» klar dementiert. Er betonte, er habe sich eine Kandidatur für das Präsidium zu keinem Zeitpunkt überlegt.
Der Drang nach programmatischer Arbeit ist in der FDP gross. Auch die «Freunde der FDP» diskutieren, ob sie inhaltlich mitreden wollen. «Es ist aus meiner Sicht zwingend erforderlich, dass sich die Führung der Partei Gedanken darüber macht und zu klaren Aussagen kommt», sagt Vorstandsmitglied Felix R. Ehrat, «was Liberalismus in dieser Zeit des wuchernden Etatismus bedeutet, mit einem zunehmend übergriffigen, umsorgenden und regulierenden Staat.»
Persönlich hoffe er, dass die «Freunde der FDP» inhaltlich «stärker mitarbeiten in der Partei». Es sei aber offen, ob sie ihre Rolle der Mit-Finanzierung der Partei ausweite. Die Diskussionen sollten aus seiner Sicht vertieft werden. (aargauerzeitung.ch)