Schweiz
FIFA

Kein Motiv vorhanden: Platinis Anwalt verlangt Freispruch

«Kein Motiv»: Platinis Anwalt verlangt Freispruch

20.06.2022, 13:5520.06.2022, 14:28
Mehr «Schweiz»
The former president of the the European Football Association (Uefa) Michel Platini, center, is leaving the Swiss Federal Criminal Court in Bellinzona, Switzerland, after the first day of his trial, W ...
Platini in Bellinzona.Bild: keystone

In seinem Plädoyer vor dem Bundesstrafgericht hat der Anwalt von Ex-Uefa-Präsident Michel Platini seine These erläutert, dass dieser Prozess einzig dazu diente, seinen Mandanten als Präsidenten der Fifa zu verhindern. Der Verteidiger hat einen Freispruch beantragt.

Es gebe kein Motiv für die angebliche Straftat des Betrugs, aber es gebe eines für das vorliegende Strafverfahren. Dies sagte Dominic Nellen, Verteidiger, zu Beginn seines Plädoyers am Montag. Der Anwalt versuchte aufzuzeigen, dass bereits der Anfangsverdacht, der das Verfahren auslöste, konstruiert gewesen sei.

Es sei seltsam, weshalb die Bundesanwaltschaft (BA) bei der Sichtung der immensen Menge an Unterlagen ausgerechnet auf die 2-Millionen-Zahlung aufmerksam geworden sein solle.

Auffällig sei hingegen, dass das Verfahren kurz nach einem der nicht protokollierten Treffen im Juli 2015 zwischen der BA und einem Vertrauten Gianni Infantinos eröffnet worden sei – zunächst nur gegen den Mitangeklagten früheren Fifa-Präsidenten Joseph Blatter.

Öffentlich Name genannt

Obwohl Platini vorerst nicht beschuldigt worden sei, habe die BA seinen Namen immer wieder genannt, sagte Nellen. Damit habe die Staatsanwaltschaft einen neuen strafprozessualen Status der «öffentlich beschuldigten Auskunftsperson» geschaffen.

Hinsichtlich der rechtlichen Grundlage der 2-Milionen-Zahlung deckten sich die Ausführungen von Nellen weitgehend mit jenen von Blatters Anwalt. So seien Blatter und Platini 1998 überein gekommen, dass der frühere Weltfussballer als Berater Blatters tätig werden solle. Platini verlangte eine Million Franken pro Jahr. Im erst Ende August 1999 aufgesetzten schriftlichen Vertrag wurden 300'000 Franken pro Jahr festgehalten.

Grund dafür sei die damalige prekäre Finanzlage der Fifa gewesen. Der schriftliche Vertrag habe aber nichts daran geändert, dass Platini sein Millionen-Honorar erhalten sollte – einfach später. 2010 rief Platini dem früheren Fifa-Finanzchef Markus Kattner sein ausstehendes Salär für die Beratertätigkeit von 1998 bis 2002 in Erinnerung.

Hohe Entschädigung

Auslöser dafür waren die hohen Abgangsentschädigungen, die damals an zwei gekündigte Fifa-Leute bezahlt wurden, sagte Nellen. Platini stellte eine Rechnung an die Fifa und diese durchlief nach der Unterschrift von Blatter den üblichen Prozess innerhalb der Fifa. Mehrere Leute waren in den Ablauf involviert.

Anhaltspunkte für einen Betrug und Urkundenfälschung seien nicht vorhanden, argumentierte der Anwalt. Platini verzichtet gemäss Plädoyer auf eine Genugtuung. «Seine Genugtuung wird der Freispruch sein.»

Unklare Grundlage

Der Verteidiger von Blatter verlangte Ende vergangener Woche ebenfalls einen Freispruch. Etwas anderes komme gar nicht infrage, sagte der Zürcher Anwalt Lorenz Erni. Auch er begründete die Rechtmässigkeit der Zahlung mit dem mündlichen Vertrag zwischen seinem Mandanten und Platini.

Die BA beschuldigt die beiden Angeklagten des Betrugs und der Urkundenfälschung. Ihrer Ansicht nach bestand für die Millionen-Zahlung keine rechtliche Grundlage, sodass die Fifa geschädigt wurde.

Die BA fordert bedingte Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und acht Monaten. Platini soll zudem für den erhaltenen Betrag und die darauf bezahlten Sozialleistungen eine Ersatzforderung von rund 2,2 Millionen Franken leisten.

Die Urteilsverkündung ist auf den 8. Juli angesetzt. (Fall SK.2021.48) (aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
7
    KKS und UBS wollten CS-Managern Boni streichen – das Vorgehen war rechtswidrig
    Die vom Bund angeordnete Kürzung oder gar Streichung der Boni bei den obersten drei Führungsebenen der Credit Suisse war rechtswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerde von zwölf Betroffenen gutgeheissen, wie aus einem Gerichtsurteil hervorgeht.

    Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter wollte bis zu 1000 CS-Managern, die nach dem Kollaps der Grossbank noch reich entlohnt wurden, die Bonuszahlungen kürzen. Teilweise ganz, teilweise sollte ein prozentualer Anteil abgedrückt werden, je nach Führungsebene, der die Manager angehörten. Doch dieses Vorgehen ist laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in St.Gallen nicht zulässig. Zwölf betroffene Manager hatten gegen die Massnahme geklagt.

    Zur Story