Die Bundesanwaltschaft wirft den beiden im Wesentlichen Betrug vor: 2011 erhielt Michel Platini vom Weltfussballverband Fifa zwei Millionen Franken überwiesen. Die Zahlung an seinen Vize hatte der damalige Fifa-Präsident Sepp Blatter erwirkt. Einen konkreten Grund für die angeblich nicht korrekte Zahlung nennt die Anklageschrift nicht. Offenbar verfolgt die Bundesanwaltschaft die These, dass Blatter mit der 2-Millionen-Zahlung verhindern wollte, dass Platini als sein Gegenkandidat für das Fifa-Präsidium antrat.
Gemäss den beiden ehemaligen Fussballfunktionären handelte es sich um eine Nachzahlung für Beratertätigkeiten Platinis. Ab 1998 arbeitete Platini für Blatter. Eigentlich forderte er dafür eine Million Franken pro Jahr - zu viel für die Fifa. Platini erhielt lediglich 300'000 Franken. Die beiden hätten sich darauf geeinigt, später die Zahlungen nachzuholen. Ab 2010 forderte Platini dann tatsächlich Geld von der Fifa. Die Fifa tritt im Prozess als Nebenklägerin auf und fordert Geld zurück.
Das ist die grosse, strittige Frage im Prozess vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona. Die Fifa sagt, die Bundesanwaltschaft sei von selbst auf die Zahlung aufmerksam geworden - aufgrund von Fifa-Unterlagen, die sie im Frühling 2015 beschlagnahmt hatte. Die Gegenseite glaubt das nicht, unter anderem weil die Unterlagen damals offenbar noch versiegelt waren. Mit Spannung wird deshalb die Zeugenbefragung von Olivier Thormann erwartet. Er eröffnete 2015 das Verfahren gegen Blatter - damals war Thormann Staatsanwalt des Bundes. Er verliess später die BA, nachdem ihm sein damaliger Chef, Bundesanwalt Michael Lauber, eine zu grosse Nähe zur Fifa vorwarf. Dennoch machte Thormann weiter Karriere: Die Bundesversammlung wählte ihn zum Richter am Bundesstrafgericht.
Diese Frage hängt direkt mit der vorangehenden zusammen: Woher hatte die Bundesanwaltschaft die Information zur Zwei-Millionen-Zahlung? Die These steht im Raum, dass Fifa-Boss Infantino seine Kontakte zu den Anklägern des Bundes nutzte, um Platini anzuschwärzen und ihn als Konkurrenten um das Amt des Fifa-Chefs loszuwerden. Die Eröffnung der Strafverfahren hatte für Platini eine Sperre durch die Fifa zur Folge. Es war das Ende seiner Funktionärstätigkeit. Platini hat mittlerweile Strafanzeige gegen Infantino in Paris eingereicht - wegen Justizbeeinflussung.
Die Fifa und Infantino bestreiten vehement, dass der Fifa-Boss am Ursprung des Verfahrens steht. Allerdings: Bereits im Juli 2015 kam es zum ersten der vier Geheimtreffen in der Schweizerhof-Affäre, benannt nach dem Berner Nobelhotel, wo zwei der Treffen stattfanden. Infantinos Jugendfreund, der Walliser Staatsanwalt Rinaldo Arnolt, traf Ex-Bundesanwalt Michael Lauber und dessen Kommunikationschef André Marty. Kurz nach diesem Treffen erkundigte sich Thormann bei der UBS nach der auffälligen Bewegungen auf dem Konto Platinis. Die sogenannte Schweizerhof-Affäre ist jedoch nicht Teil des Blatter-Platinis-Prozesses.
Insgesamt sind elf Verhandlungstage bis zum 22. Juni angesetzt. Ein Urteil soll am 8. Juli verkündet werden. Zum Prozessauftakt wird Blatter befragt, am Donnerstag folgt Platini. Danach die Zeugen - unter anderem eben Thormann. (aargauerzeitung.ch)