Ein Dutzend Juso-Mitglieder versammelten sich am Donnerstagmorgen vor dem FIFA-Museum in Zürich. Mit rot gefärbten Händen, der Juso-Flagge und einem Transparent mit der Aufschrift «Keine blutige WM!» wollten die Jungsozialisten auf die Menschenrechtssituation in Katar aufmerksam machen.
Das Gastgeberland der kommenden Weltmeisterschaft im Männerfussball stand in der Vergangenheit oft in der Kritik. Hauptsächlich für die Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter des Baus der WM-Stadien. Dabei sollen viele Arbeiter ums Leben gekommen sein, offizielle Zahlen gibt es jedoch nicht.
«Es geht uns darum, die katastrophale Menschenrechtslage in Katar zu thematisieren», sagt Nicola Siegrist, Präsident der Juso Schweiz. Die Partei fordert deshalb auch einige Massnahmen.
Zum einen möchten sie schweizweit keine Public Viewings zur WM sehen. «Ein Anlass, bei dem so viel Leid dahintersteckt, soll nicht öffentlich abgefeiert werden», findet Siegrist. Zwar können die Juso nachvollziehen, dass viele Menschen zu Hause mit der Familie oder Freunden die Weltmeisterschaft anschauen werden.
«Aber auf öffentlichen Plätzen sollen keine Public Viewings stattfinden». Diese Forderung erstaunt, da in fast allen Schweizer Städten gar keine Anfragen für eine Public-Viewing-Bewilligung eingereicht wurden – mit Ausnahme von Genf.
«Diese Forderung ist also sowieso für die Füchse», sagt dazu der St. Galler SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel. Der Politiker arbeitete bis 2002 als Manager bei der Sportmarketingfirma International Sport and Leisure (ISL) und damit indirekt beim FIFA-Marketing. Er gehört zu den Kritikern der FIFA-Strukturen.
«Es wird erstens kaum Gesuche geben für Public Viewings, und zweitens will sowieso niemand im Dezember bei fünf Grad in der Kälte draussen Fussball schauen», erklärt Büchel.
Grundsätzlich sei der SVP-Politiker dafür, dass Privatpersonen selbst entscheiden können, ob sie ein Public Viewing organisieren wollen. «Bei Europameisterschaften sind Public Viewings auch schon mit Steuergeldern gesponsert worden. Viele erwiesen sich als finanzielle Flops. Das braucht es an der Weltmeisterschaft nicht mehr», findet der Sportmanager.
Eine andere Forderung der Juso sind Entschädigungszahlungen durch die FIFA an die Familien und Angehörigen der verstorbenen Gastarbeiter. «Wir unterstützen hier die Menschenrechtsorganisation Amnesty. Diese haben die FIFA aufgefordert, 440 Millionen Dollar (441 Millionen Franken) für ausgebeutete Arbeitsmigrantinnen oder die Angehörigen zu zahlen», erklärt Siegrist.
Genau dieser Betrag entspreche auch den Preisgeldern an der WM. «Eine solche Forderung an die FIFA zu adressieren, ist komisch», sagt dazu SVP-Nationalrat Büchel. Für ihn seien Firmen die Schuldner, welche in Katar Menschen vor allem vor 2017 zu inakzeptablen Bedingungen angestellt hatten.
Büchel weiss zudem: «In einem Hearing des Europarates von letzter Woche wurde bestätigt, dass seit 2017 Entschädigungszahlungen in der Höhe von 160 Millionen Dollar ausbezahlt worden sind.»
Dieses Argument lässt der Juso-Präsident jedoch nicht gelten: «Die FIFA verdient rund sechs Milliarden Dollar am Turnier. Sie profitieren von den Gastarbeiterinnen und können sich darum auch an den Entschädigungszahlungen beteiligen».
Nicht zuletzt möchten die Jungsozialisten auch verhindern, dass künftige Weltmeisterschaften in Ländern wie Katar stattfinden. Die Partei verweist auf die Bewerbung der Vereinigten Arabischen Emirate für die WM 2030. «Die Menschenrechte und humanitäre Situation in einem Land soll zu einem starken Auswahlkriterium für die FIFA werden», fordert Nicola Siegrist.
Es dürfe nicht sein, dass ein Land wie Katar oder die Emirate den Zuschlag bekomme, da es genug andere Bewerber gebe, die weniger kritisch seien.
«Dass man sehr genau hinschauen muss, wohin Grossanlässe vergeben und wie sie organisiert werden, ist klar», findet auch der SVP-Nationalrat.
Jedoch: Katar sei nun halt die Wahl gewesen. «Und die Fortschritte im Land werden auch von der internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) anerkannt.»
Die Organisation ist damit beauftragt, soziale Gerechtigkeit sowie Menschen- und Arbeitsrechte zu fördern. Nationalrat Büchel ist zudem überzeugt, dass wegen der Aufmerksamkeit, die ein internationaler Grossanlass wie die WM generiere, markante Verbesserungen im Austragungsland erreicht werden können.
«Die FIFA hat da einen langen Hebel, um solche Fortschritte auch zu verlangen», erklärt Büchel. Er frage sich zudem, ob die Juso auch gegen die USA demonstrieren werde. Denn diese stellen zusammen mit Mexiko und Kanada die Austragungsorte für die WM 2026. «In verschiedenen Staaten der USA haben sie ja noch immer die Todesstrafe.»
Juso-Präsident Siegrist winkt ab: «Wir verurteilen die Todesstrafe scharf. Aber trotzdem kann man festhalten, dass die USA in demokratischer Hinsicht deutlich besser sind als die Emirate oder Katar».
Echt jetzt?
Ich hab mich so gefreut bei -5°C, Schneefall und einem Glühwein die Spiele zuschauen😉