Schweiz
Forschung

Studie der Uni St. Gallen: Potenzielle Gewalttäter sind oft arbeitslos

Studie der Uni St. Gallen: Potenzielle Gewalttäter sind häufig arbeitslos

16.06.2023, 15:3716.06.2023, 15:38

Sogenannte Gefährder, die als potenzielle Gewalttäter im Fokus der Behörden stehen, sind in vielen Fällen arbeitslos und fast ebenso häufig psychisch krank. Dies zeigt eine Untersuchung der Universität St. Gallen (HSG) zum Bedrohungsmanagement in den Kantonen Zürich, Bern und St. Gallen.

Die Professorinnen Nora Markwalder und Monika Simmler vom HSG-Kompetenzzentrum für Strafrecht und Kriminologie nahmen rund 300 Fälle unter die Lupe, wie die Universität am Freitag mitteilte. Untersucht wurde, welche Personengruppen die behördlichen Fachstellen als Gefährder registriert haben.

In rund 94 Prozent der Fälle handelt es sich um Männer. Die Altersspanne ist relativ breit. Etwa die Hälfte der Betroffenen sind 26 bis 45 Jahre alt. 54 Prozent dieser potenziell gefährlichen Personengruppe sind Schweizer Staatsangehörige, 46 Prozent haben andere Nationalitäten.

Häusliche oder sexuelle Gewalt

Zu gut einem Drittel (38 Prozent) sind die Betroffenen arbeitslos, fast ebenso oft (33 Prozent) sind sie psychisch erkrankt. In knapp der Hälfte der untersuchten Fälle geht es um häusliche oder sexuelle Gewalt und Vorfälle in intimen Beziehungen, wie die Universität St. Gallen schreibt.

Rund ein Viertel der Gefährder geriet wegen Bedrohung öffentlicher Amtsträgerinnen und Amtsträger in den Fokus der Behörden. Selten sind mit 5.2 Prozent die Fälle von Extremismus und Radikalisierung. «Da haben wir nur vereinzelt Fälle gefunden», erklärt Professorin Nora Markwalder im Video zur Studie.

Untersucht wurde auch, welche Rolle Algorithmen und künstliche Intelligenz (KI) bei der Risikobeurteilung spielen. Zur Anwendung kommt laut Markwalder vor allem ein Checklisten-Programm, mit dem sich Risikoprofile erstellen lassen. Dies habe aber mit KI relativ wenig zu tun.

Rechtliche Grauzone

Mit dem Bedrohungsmanagement will die Polizei Delikte präventiv erkennen und dadurch verhindern. Zum Teil sammeln die Behörden Informationen über Gefährderinnen und Gefährder, zum Teil sprechen sie die Personen auch direkt an. Dies geschieht gemäss der Studie häufig in einer Grauzone zwischen Polizei- und Strafprozessrecht.

Dadurch gebe es rechtliche Unklarheiten, etwa über die Rechte und Pflichten der Gefährder, sagt Markwalder im Video. Die Forschenden plädierten deshalb für die Schaffung eines klaren rechtlichen Rahmens für das Bedrohungsmanagement, schreibt die Universität St. Gallen. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Erzählungen über sexuelle Gewalt auf Instagram
1 / 12
Erzählungen über sexuelle Gewalt auf Instagram
quelle: watson / watson
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Gewalt im Klassenzimmer: Schülerin setzt Pfefferspray gegen Lehrer ein
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
5
«Haben einen guten Chasselas aufgemacht»: Schweizer Unternehmer freuen sich über Zollsatz
Olivier Haegeli produziert in Delémont JU Werkzeugmaschinen, Florian Spielhofer führt in Saint-Imier BE eine Käserei. Beide sind auf den US-Markt angewiesen. Gegenüber watson erzählen sie von drei Monaten voller Unsicherheit.
Der eine baut in Delémont im Kanton Jura Werkzeugmaschinen. Der andere stellt in Saint-Imier im Berner Jura Tête de Moine her. Wir erreichten die beiden in der ersten Augusthälfte, kurz nachdem US-Präsident Donald Trump Strafzölle von 39 Prozent gegen die Schweiz angekündigt hatte. Plötzlich schien ihnen der Himmel auf den Kopf zu fallen. Der Industrielle aus Delémont, der rund 20 Prozent seiner Exporte in die USA liefert, sagte damals:
Zur Story