«Haben einen guten Chasselas aufgemacht»: Schweizer Unternehmer freuen sich über Zollsatz
Der eine baut in Delémont im Kanton Jura Werkzeugmaschinen. Der andere stellt in Saint-Imier im Berner Jura Tête de Moine her. Wir erreichten die beiden in der ersten Augusthälfte, kurz nachdem US-Präsident Donald Trump Strafzölle von 39 Prozent gegen die Schweiz angekündigt hatte. Plötzlich schien ihnen der Himmel auf den Kopf zu fallen. Der Industrielle aus Delémont, der rund 20 Prozent seiner Exporte in die USA liefert, sagte damals:
Montag, 17. November. Vier Tage sind vergangen, seit der Bundesrat per Tweet die Nachricht von den 15 Prozent des von der US-Regierung nach unten korrigierten Zollsatzes. «Diese 15 Prozent sind zwar nicht ideal, aber immerhin bringen sie uns wieder auf Augenhöhe mit unseren europäischen Konkurrenten», freut sich Olivier Haegeli, CEO des Werkzeugmaschinen-Herstellers Willemin-Macodel mit 370 Angestellten in Delémont.
Der Unternehmer aus dem Jura sagt:
Dank der Einigung zwischen der Schweiz und den USA ist dieses düstere Szenario vorerst vom Tisch. Die Geschäftsleitung von Willemin-Macodel in Delémont, die rund 20 Prozent ihrer Produkte in die USA exportiert, kann ihrer Tochtergesellschaft auf der anderen Seite des Atlantiks nun wieder grünes Licht geben, den US-Markt von ihrem Sitz im Bundesstaat New York aus zu bearbeiten.
Ein Teil der Belegschaft von Willemin-Macodel arbeitet derzeit in Kurzarbeit. Diese Situation bestand schon, bevor Donald Trump die Zölle von 39 Prozent ins Spiel brachte. Seit Covid hat sich die Nachfrage nicht mehr auf das Niveau von vor der Pandemie erholt. Angesichts der Unsicherheit rund um die Zollfragen verlängerte der Bundesrat Anfang Oktober die maximale Bezugsdauer für Kurzarbeitsentschädigung auf 24 Monate. Bereits im Mai war sie zunächst auf 18 Monate ausgeweitet worden.
Olivier Haegeli, der zudem der Handels- und Industriekammer des Kantons Jura vorsteht, sagt:
An dem Tag, als aus 39 plötzlich 15 Prozent wurden, «sind wir deutlich besser gelaunt ins Wochenende gestartet», erzählt der CEO von Willemin-Macodel, der das Feierabendbier, das er sich jeweils am Ende der Woche gönne, diesmal mit besonderem Genuss getrunken habe.
Oder in anderen Worten:
«Haben eine gute Flasche Chasselas aufgemacht»
Florian Spielhofer war an den World Cheese Awards in Bern, als auf seinem Handy der Bundesrats-Tweet mit den 15 Prozent aufleuchtete. «Wir haben eine gute Flasche Chasselas vom Bielersee aufgemacht, um den Moment zu feiern», erinnert sich der erleichterte Geschäftsführer der Fromages Spielhofer in Saint-Imier. Ihr grosses Aushängeschild ist der Tête de Moine AOP.
Die 39 Prozent Zollabgaben hatten die Hoffnungen des 40-jährigen Käsers deutlich gedämpft. Nicht dass Fromages Spielhofer derart stark vom US-Geschäft abhinge – nur rund 4 Prozent der Exportmenge des Betriebs in Saint-Imier gehen in die Vereinigten Staaten. Aber der amerikanische Markt mit seinen 350 Millionen Einwohnern bietet enormes Wachstumspotenzial.
Als wir ihn Mitte August in Saint-Imier besuchten – die 39 Prozent waren da seit einer Woche in Kraft –, bangte der Käser um einen Auftrag über 17 Tonnen Tête de Moine AOP, die bereits für den US-Markt produziert waren und auf denen er am Ende womöglich sitzengeblieben wäre. Schliesslich kam es weniger schlimm als erwartet: Ein Teil dieser Menge konnte doch noch in die USA verkauft werden.
Florian Spielhofer erklärt:
Wenn die 39 Prozent in Kraft geblieben wären, hätte Fromages Spielhofer 2026 in den USA trotzdem Märkte verloren, meint der Geschäftsführer.
Bleibt das Handicap des starken Schweizer Frankens: In den letzten Tagen hat er gegenüber dem Dollar nochmals aufgewertet. Aus den 15 Prozent Zoll werden damit faktisch 25 Prozent und mehr. Immerhin ist das besser als die rund 50 Prozent, die effektiv fällig wurden, als der Satz noch bei 39 Prozent lag.
Die Moral von der Geschichte, sagt Florian Spielhofer scherzhaft:
