Einst ein Wunder, längst Routine – Eingespieltheit bringt die Nati wieder an die WM
USA, wir kommen! Am 17. November 1993 steht die Schweiz Kopf. Im Zürcher Hardturm-Stadion schlägt die Nati Estland 4:0 und qualifiziert sich für die Weltmeisterschaften 1994 in den Vereinigten Staaten von Amerika. Es wird die erste Teilnahme an einem grossen Turnier nach 28 Jahren Pause sein.
USA, wir kommen! Jetzt steht endgültig fest, dass die Schweiz auch 2026 an der WM, die wiederum (teilweise) in Amerika ausgetragen wird, teilnehmen wird. In überschwängliche Euphorie verfällt keiner mehr, längst scheinen solche Qualifikationen eine Formsache zu sein.
Doch das sind sie mitnichten. Man denke nur an Italien, das die WM-Endrunden 2018 und 2022 verpasste und es für 2026 in den Playoffs versuchen muss. Es ist ein schmaler Grat, und die Schweiz fehlte in den letzten zwanzig Jahren bloss ein einziges Mal, an der EM 2012. Gerade die aktuelle Kampagne stand zu Beginn unter einem schlechten Stern.
Zäsur nach der EM
Nach der erfolgreichen EM im vergangenen Sommer, an der die Schweiz die Halbfinals nur haarscharf verpasste, entschieden mit Goalie Yann Sommer, Verteidiger Fabian Schär und Offensivstar Xherdan Shaqiri drei langjährige Nationalspieler, künftig nicht mehr in der Landesauswahl zu spielen.
Das war eine Zäsur. Auf das EM-Hoch folgte ein Tief in der Nations League. Die Schweiz stieg in diesem Wettbewerb ab. Nach der Europameisterschaft blieb sie in sieben Spielen sieglos, Nationaltrainer Murat Yakin war wieder einmal angezählt.
Die Wende zum Guten
Doch erneut gelang ihm mit seinem Team der Turnaround. Auf einer USA-Reise tankte die Nati im Juni nicht nur Moral in Form von zwei Siegen (4:2 gegen Mexiko, 4:0 gegen die USA). Sie wuchs auf und neben dem Platz auch wieder zu einer Einheit zusammen.
Vor dem Beginn der WM-Qualifikation Anfang September herrschte trotz allem eine Skepsis vor. Schliesslich wurde im Sommer für drei Stürmer des ärgsten Rivalen Schweden (Alexander Isak, Viktor Gyökeres und Anthony Elanga) insgesamt 270 Millionen Euro Ablöse bezahlt. Doch dann zeigte sich, dass die Schweiz sich auf etwas ganz anderes verlassen kann: auf Routine und Eingespieltheit.
Ganz viel Erfahrung
Granit Xhaka, der Captain und Rekord-Nationalspieler, ist weiterhin der Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Die Abwehr mit Ricardo Rodriguez, Manuel Akanji, Nico Elvedi und Silvan Widmer ist ebenso schon «ewig» dabei wie Remo Freuler, Xhakas derzeit verletzter Partner im Mittelfeld, und Breel Embolo. Der 28-jährige Stürmer mag mit Eskapaden ausserhalb des Spielfelds dann und wann für Verstimmung sorgen. Gerade in diesem Quali-Herbst unterstrich Embolo mit seinen Leistungen jedoch eindrücklich, wie wertvoll er für dieses Team ist.
Ruben Vargas hat ebenfalls bereits über 50 Länderspiele auf dem Buckel. Und viel Erfahrung hat mit Gregor Kobel auch die Nummer 1, die seit Jahren zu den besten Torhütern der Bundesliga zählt.
Dazu kommen Spieler wie Dan Ndoye (25), der mittlerweile Stammspieler in der besten Liga der Welt ist. Oder der 20-jährige Johan Manzambi, dem eine glänzende Zukunft vorausgesagt wird. Die Furcht, dass hinter den vielen Etablierten zu wenig nachstösst, war womöglich etwas übertrieben. Bis zur WM dürfte auch Alvyn Sanches (22), derzeit nach einem Kreuzbandriss auf dem Weg der Rückkehr, wieder fit sein. Und der zuletzt ebenfalls verletzte Ardon Jashari (23), für 36 Millionen Euro zur AC Milan gewechselt, scharrt im Mittelfeld schon lange mit den Hufen.
Genügend Zeit für den Feinschliff
Rund 200 Tage vor dem Anstoss zur WM 2026 steht Murat Yakins Startelf in weiten Teilen bereits. Bis dahin wird der Trainer mit seinen Spielern weiter an Details tüfteln, damit am Turnier möglichst jedes Rädchen ins andere greift.
Im Übrigen ist das eine Parallele zur WM 1994: Da hatte Nationaltrainer Roy Hodgson auch schon früh seine Startelf gefunden, auf die er baute und der er vertraute. Ein kluger Weg für ein Land, das aufgrund seiner geringen Grösse nicht über unerschöpfliche individuelle Klasse verfügt, wie etwa Frankreich, und daher noch mehr als andere Nationen den Wert aufs Team legt.
Von der Startelf, die vor knapp eineinhalb Jahren im EM-Achtelfinal Italien an die Wand gespielt hat, dürften wohl acht Akteure auch im kommenden Sommer Nati-Stammspieler sein. Das gibt Grund zur Zuversicht, dass die Schweiz erneut ein gutes Turnier abliefert.
Die WM kann kommen.
USA, wir kommen! Und je nach Auslosung auch Kanada oder Mexiko. Am Abend des 5. Dezember wissen wir mehr.
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