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Eingespieltheit, Routine bringen die Nati an die WM 2026 – ein Kommentar

Stephane Chapuisat, Nummer 11, wird nach seinem Tor in der 53. Minute im Vorrundenspiel Schweiz-Rumaenien der Fussball-Weltmeisterschaft am 22. Juni 1994 in Detroit von Adrian Knup, links, Christophe  ...
Feiert die Nati 32 Jahre nach dem 4:1-Erfolg gegen Rumänien wieder rauschende Siege an einer WM in den USA?Bild: KEYSTONE
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Einst ein Wunder, längst Routine – Eingespieltheit bringt die Nati wieder an die WM

Die Qualifikation für die letzte WM in den USA war ein Schweizer Fussballwunder. Zeiten ändern sich, und die Schweiz zählt längst zum Establishment. Ein Selbstläufer war die jüngste Qualifikation trotzdem nicht.
18.11.2025, 23:1518.11.2025, 23:15

USA, wir kommen! Am 17. November 1993 steht die Schweiz Kopf. Im Zürcher Hardturm-Stadion schlägt die Nati Estland 4:0 und qualifiziert sich für die Weltmeisterschaften 1994 in den Vereinigten Staaten von Amerika. Es wird die erste Teilnahme an einem grossen Turnier nach 28 Jahren Pause sein.

Euphorie, wie man sie in der Schweiz noch nicht kannte, nach der Qualifikation für die WM 94.Video: YouTube/SRF Archiv

USA, wir kommen! Jetzt steht endgültig fest, dass die Schweiz auch 2026 an der WM, die wiederum (teilweise) in Amerika ausgetragen wird, teilnehmen wird. In überschwängliche Euphorie verfällt keiner mehr, längst scheinen solche Qualifikationen eine Formsache zu sein.

Doch das sind sie mitnichten. Man denke nur an Italien, das die WM-Endrunden 2018 und 2022 verpasste und es für 2026 in den Playoffs versuchen muss. Es ist ein schmaler Grat, und die Schweiz fehlte in den letzten zwanzig Jahren bloss ein einziges Mal, an der EM 2012. Gerade die aktuelle Kampagne stand zu Beginn unter einem schlechten Stern.

Zäsur nach der EM

Nach der erfolgreichen EM im vergangenen Sommer, an der die Schweiz die Halbfinals nur haarscharf verpasste, entschieden mit Goalie Yann Sommer, Verteidiger Fabian Schär und Offensivstar Xherdan Shaqiri drei langjährige Nationalspieler, künftig nicht mehr in der Landesauswahl zu spielen.

Former Switzerland's players Fabian Schaer, left, Xherdan Shaqiri, right, and goalkeeper Yann Sommer, center, are honoured for their lifetime achievement with the Swiss national team during the U ...
Schär, Sommer und Shaqiri werden aus der Nationalmannschaft verabschiedet.Bild: keystone

Das war eine Zäsur. Auf das EM-Hoch folgte ein Tief in der Nations League. Die Schweiz stieg in diesem Wettbewerb ab. Nach der Europameisterschaft blieb sie in sieben Spielen sieglos, Nationaltrainer Murat Yakin war wieder einmal angezählt.

Die Wende zum Guten

Doch erneut gelang ihm mit seinem Team der Turnaround. Auf einer USA-Reise tankte die Nati im Juni nicht nur Moral in Form von zwei Siegen (4:2 gegen Mexiko, 4:0 gegen die USA). Sie wuchs auf und neben dem Platz auch wieder zu einer Einheit zusammen.

Switzerland's Dan Ndoye, center, celebrates after scoring the 1:3 goal with Switzerland's soccer players during a Friendly soccer match between Mexico and Switzerland at the Rice-Eccles Stad ...
Schweizer Jubel über das 3:1 von Ndoye (11) gegen Mexiko.Bild: keystone

Vor dem Beginn der WM-Qualifikation Anfang September herrschte trotz allem eine Skepsis vor. Schliesslich wurde im Sommer für drei Stürmer des ärgsten Rivalen Schweden (Alexander Isak, Viktor Gyökeres und Anthony Elanga) insgesamt 270 Millionen Euro Ablöse bezahlt. Doch dann zeigte sich, dass die Schweiz sich auf etwas ganz anderes verlassen kann: auf Routine und Eingespieltheit.

Ganz viel Erfahrung

Granit Xhaka, der Captain und Rekord-Nationalspieler, ist weiterhin der Dreh- und Angelpunkt des Spiels. Die Abwehr mit Ricardo Rodriguez, Manuel Akanji, Nico Elvedi und Silvan Widmer ist ebenso schon «ewig» dabei wie Remo Freuler, Xhakas derzeit verletzter Partner im Mittelfeld, und Breel Embolo. Der 28-jährige Stürmer mag mit Eskapaden ausserhalb des Spielfelds dann und wann für Verstimmung sorgen. Gerade in diesem Quali-Herbst unterstrich Embolo mit seinen Leistungen jedoch eindrücklich, wie wertvoll er für dieses Team ist.

Ruben Vargas hat ebenfalls bereits über 50 Länderspiele auf dem Buckel. Und viel Erfahrung hat mit Gregor Kobel auch die Nummer 1, die seit Jahren zu den besten Torhütern der Bundesliga zählt.

Switzerland's players pose prior to the FIFA World Cup 26 UEFA Qualifiers Group B match between Sweden and Switzerland, at Strawberry Arena, in Solna, Sweden, Friday, October 10, 2025. (KEYSTONE/ ...
Die Startelf beim Sieg im Schlüsselspiel in Schweden. Hinten, von links: Xhaka, Elvedi, Rodriguez, Akanji, Kobel, Embolo. Vorne: Widmer, Rieder, Freuler, Ndoye, Vargas.Bild: keystone

Dazu kommen Spieler wie Dan Ndoye (25), der mittlerweile Stammspieler in der besten Liga der Welt ist. Oder der 20-jährige Johan Manzambi, dem eine glänzende Zukunft vorausgesagt wird. Die Furcht, dass hinter den vielen Etablierten zu wenig nachstösst, war womöglich etwas übertrieben. Bis zur WM dürfte auch Alvyn Sanches (22), derzeit nach einem Kreuzbandriss auf dem Weg der Rückkehr, wieder fit sein. Und der zuletzt ebenfalls verletzte Ardon Jashari (23), für 36 Millionen Euro zur AC Milan gewechselt, scharrt im Mittelfeld schon lange mit den Hufen.

Genügend Zeit für den Feinschliff

Rund 200 Tage vor dem Anstoss zur WM 2026 steht Murat Yakins Startelf in weiten Teilen bereits. Bis dahin wird der Trainer mit seinen Spielern weiter an Details tüfteln, damit am Turnier möglichst jedes Rädchen ins andere greift.

Im Übrigen ist das eine Parallele zur WM 1994: Da hatte Nationaltrainer Roy Hodgson auch schon früh seine Startelf gefunden, auf die er baute und der er vertraute. Ein kluger Weg für ein Land, das aufgrund seiner geringen Grösse nicht über unerschöpfliche individuelle Klasse verfügt, wie etwa Frankreich, und daher noch mehr als andere Nationen den Wert aufs Team legt.

Mannschaftsfoto Schweiz, hi.v.li.: Ciriaco Sforza, Dominique Herr, Stephane Chapuisat, Adrian Knup, Alain Sutter; vo.v.li.: Christophe Ohrel, Georges Bregy, Alain Geiger, Torwart Marco Pascolo, Yvan Q ...
Die Elf, die 1994 gegen Rumänien Geschichte schrieb. Hinten, von links: Sforza, Herr, Chapuisat, Knup, Sutter. Vorne: Ohrel, Bregy, Geiger, Pascolo, Quentin, Hottiger.Bild: imago sportfotodienst

Von der Startelf, die vor knapp eineinhalb Jahren im EM-Achtelfinal Italien an die Wand gespielt hat, dürften wohl acht Akteure auch im kommenden Sommer Nati-Stammspieler sein. Das gibt Grund zur Zuversicht, dass die Schweiz erneut ein gutes Turnier abliefert.

Die WM kann kommen.

USA, wir kommen! Und je nach Auslosung auch Kanada oder Mexiko. Am Abend des 5. Dezember wissen wir mehr.

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quelle: www.imago-images.de / imago images
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