Die neue Bankenpartei: Die Grünliberalen lösen die FDP ab
Die FDP steht traditionell den Banken nahe. Diese Nähe war für die Partei in den letzten Jahren ein Problem. 2008 musste der Staat die UBS retten. Und 2023 orchestrierte der Bund den Untergang der Credit Suisse. Die UBS musste die gescheiterte Bank übernehmen, um Schlimmeres abzuwenden. Die beiden Bankendebakel färbten auf das Image der FDP ab.
Die neue Bankenregulierung ist für die FDP deshalb ein schwieriges Thema. Die Partei versucht, den Ruf als Handlangerin des Zürcher Paradeplatzes abzustreifen. Doch die Beziehungen sind nach wie vor eng.
Aufgebrochen ist der Konflikt zuletzt an einer Motion der nationalrätlichen Wirtschaftskommission. Diese hatte ein Gesamtpaket zur Bankenregulierung verlangt. Der Bundesrat hätte darauf verzichten müssen, einzelne Massnahmen vorzuziehen. Die Gegner witterten eine Verzögerungstaktik, angestossen durch die UBS. Die Grossbank wehrt sich insbesondere gegen höhere Eigenmittelanforderungen.
Die Motion fiel diese Woche im Nationalrat durch – weil die FDP gespalten war. Fast die Hälfte der Fraktion stellte sich hinter das Vorgehen von Karin Keller-Sutter, die auf das Tempo drückt und der neuen Monsterbank ein enges Korsett anlegen will. Eine Rolle spielte neben der Loyalität zur eigenen Bundesrätin auch die politische Überlegung, Distanz zu den Banken zu markieren.
Im Schatten der FDP
In der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt blieb bislang die Rolle der zweiten liberalen Partei im Parlament: Die GLP läuft der FDP den Rang als Bankenpartei ab.
Die Grünliberalen stimmten im Nationalrat geschlossen für die bankenfreundliche Motion. Und die Zürcher GLP-Ständerätin Tiana Moser hat den gleichlautenden Vorstoss auch in der kleinen Kammer eingebracht. Der Ständerat entscheidet am Montag darüber – die vorberatende Wirtschaftskommission hat zugestimmt.
Moser sagt: «Ich möchte einen wettbewerbsfähigen Finanzplatz.» Die Stabilität des Finanzplatzes und die Wettbewerbsfähigkeit müssten sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Deshalb sei ein Gesamtpaket wichtig. Es sei zwar richtig, dass der Bundesrat eine Gesamtschau gemacht und Eckwerte festgelegt habe. «Doch der Bundesrat hat überall die Extremvariante genommen», sagt Moser. Und das habe wiederum einen Preis, den man benennen müsse. Kommen alle Massnahmen durch, wie sie der Bundesrat plant, müsste die UBS zusätzliches Eigenkapital von 26 Milliarden Franken besorgen.
Die 26-Milliarden-Frage
Der Bundesrat hat sich für ein etappenweises Vorgehen entschieden, um die Risiken für die Steuerzahler rasch zu minimieren. Aktuell läuft die Vernehmlassung für Änderungen bei der Eigenmittelverordnung, damit die Aktiven in der Bilanz vorsichtiger bewertet werden. Dabei geht es etwa um Software oder Steuergutschriften. Diese Ansprüche gegenüber den Steuerbehörden haben nur einen Wert, solange eine Bank Gewinnaussichten hat – im Krisenfall sind diese Positionen in der Bilanz wertlos. Diese Änderungen liegen allein in der Kompetenz des Bundesrates.
Noch diesen Monat startet die Vernehmlassung für die verschärften Eigenkapitalanforderungen an ausländischen Tochterunternehmen – damit das Wachstum im Ausland mit Eigenmittel und nicht durch Schulden finanziert wird. Alle ausländischen Töchter müssten mit 100 Prozent Eigenkapital unterlegt werden. Über diese Milliardenfrage wird dereinst das Parlament entscheiden.
Erst Mitte nächsten Jahres geht das dritte Massnahmenpaket in die Vernehmlassung, das unter anderem der Finanzmarktaufsicht mehr Kompetenzen geben würde, um bei Problembanken zu intervenieren. Auch diese Gesetzesänderungen muss das Parlament beschliessen.
Die Zürcher gegen den Rest der Schweiz
Moser wehrt sich gegen den Vorwurf der Verzögerungstaktik. «Niemand will die Bankenregulierung hinausschieben.» Und was sagt sie dazu, dass die UBS lieber Aktien im grossen Stile zurückkauft, statt mehr Eigenkapital aufzubauen? «Das ist ein unternehmerischer Entscheid.»
Es ist kein Zufall, dass die Zürcherin Tiana Moser den Banken-Vorstoss im Ständerat eingebracht hat. Im Nationalrat war es der Zürcher FDP-Nationalrat Beat Walti. Denn: Der Kanton Zürich lobbyiert im Bundeshaus stark für die UBS. Die Interessen des Finanzplatzes haben bei den bügerlichen Politikern aus Zürich grosses Gewicht. Die GLP wiederum wurde in Zürich gegründet und ist entsprechend geprägt. Die Partei stellt elf Nationalräte – vier davon kommen aus Zürich.
Nicht allen GLP-Politikern ist übrigens wohl mit diesem Kurs. Die Berner Nationalrätin Kathrin Bertschy fehlte an der Abstimmung zur UBS-Motion – aus Parteiräson. Sie war anders als ihre Partei gegen den Vorstoss. «Ich teile die Ansicht meiner Fraktion, dass es ein Gesamtpaket braucht und ich finde, dass der Vorschlag für mehr Eigenkapital über das Ziel hinausschiesst», sagt Bertschy. Doch in der Öffentlichkeit würde die Motion als Verzögerungstaktik ausgelegt. Deshalb sei sie dagegen gewesen.
(aargauerzeitung.ch)