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Saisonales Obst und Gemüse haben in der Schweiz verborgene Kräfte

Als Konsument bringt die Annäherung an lokale Gemüse- und Obstbauern viele Vorteile mit sich.
Als Konsument bringt die Annäherung an lokale Gemüse- und Obstbauern viele Vorteile mit sich.bild: sblv / Keystone, montage watson
Röstibrücke

Saisonales Obst und Gemüse haben in der Schweiz verborgene Kräfte

Was gibt es Besseres, als sich mit Beginn des Herbstes daran zu erinnern, dass man in der Schweiz mit einem einfachen Einkaufskorb mehr bewirken kann als mit einem Stimmzettel? Hier erfahren Sie, welche verborgenen Kräfte in saisonalem Obst und Gemüse stecken.
14.09.2025, 10:3214.09.2025, 12:51
Anne Challandes
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Als ich mit dem Verfassen dieser neuen Kolumne beginne, wird mir bewusst, dass die letzte schon mit dem Hinweis auf einen Jahreszeitenwechsel begann:

«Der Frühling ist endlich da!»

Es ist kein Zufall, dass mir die verschiedenen Jahreszeiten als Orientierung und Ausgangspunkt dienen, da sie die Landwirtschaft und ihre Aktivitäten massgeblich prägen. Es ist also auch kein Zufall, dass ich mich an diesem Sonntag mit den Themen Saisonalität und saisonale Ernährung befasse.

Erdbeeren zum Beispiel wachsen in der Schweiz nicht im Februar. Um den köstlich süssen Geschmack dieser zarten roten Früchte aus lokaler Produktion zu geniessen, muss man geduldig sein und mindestens bis Mitte April oder sogar bis Mai warten. Doch weshalb findet man in manchen Regalen fast das ganze Jahr über Erdbeeren, ohne Rücksicht auf die Entfernung zu ihrem Produktionsort oder die Auswirkungen, die ihr Transport mit sich bringt?

Röstibrücke
Jeden Sonntagmorgen lädt watson Persönlichkeiten aus der Romandie ein, um aktuelle Ereignisse zu kommentieren oder ein Thema ins Licht zu rücken, das sonst zu wenig Beachtung findet.

Mit dabei: Nicolas Feuz (Schriftsteller), Anne Challandes (Schweizer Bauernverband), Roger Nordmann (Berater, ehem. SP-Nationalrat), Damien Cottier (FDP), Céline Weber (GLP), Karin Perraudin (Groupe Mutuel, ehem. CVP), Samuel Bendahan (SP) und die QoQa-Otte.

Das Prinzip der Saisonalität scheint in diesem Fall ausser Acht gelassen zu werden, um Platz für irgendein angeblich begründetes kommerzielles Ziel zu machen.

«Übrigens: Es ist September – und ich habe bereits die ersten Lebkuchen gesehen.»

Ein vielfältiges und attraktives Angebot

Durch den Zauber der Jahreszeiten variieren die lokalen Produkte im Laufe des Jahres unweigerlich und sie bringen so einen gewissen Rhythmus auf unsere Teller. Da der Sommer nun zu Ende geht, müssen wir also auch unsere Ernährung in Bezug auf Obst und Gemüse entsprechend anpassen.

Man muss sich damit abfinden, dass man sich vom Auberginenkaviar als Aperitif-Beilage und vom Gurkensalat als Beilage zu Gegrilltem verabschieden muss, und sollte stattdessen Obst und Gemüse der Herbstsaison, Wurzel- und Lagergemüse willkommen heissen.

Keine Sorge! Mit Fantasie, Kreativität und den passenden Rezepten begeistern die Menüs für Herbst und Winter nicht nur durch ihre Vielfalt, sondern auch durch ihre wärmenden und nährenden Qualitäten.

Wie und warum saisonal konsumieren?

Wenn Sie bei der Frage, was bei uns Saison hat oder nicht, ins Stocken geraten, zögern Sie nicht, den Saisonkalender von «Schweizer Bäuerinnen und Bauern» zu konsultieren! Der Konsum von lokal produzierten Lebensmitteln bringt zahlreiche Vorteile mit sich und erscheint mir letztlich viel nachhaltiger, als man vielleicht denken würde.

Erstens reduziert die Nähe die Transportwege und damit deren Auswirkungen auf die Umwelt. Zweitens garantieren die in der Schweiz festgelegten und kontrollierten Produktionsbedingungen für alle Produktionsarten hohe Standards, unter anderem in Bezug auf Qualität, Nutzung und Schonung der natürlichen Ressourcen oder das Tierwohl. Ausserdem ist die Chance grösser, die Produzentin oder den Produzenten persönlich zu kennen und zu wissen, wie sie oder er arbeitet.

Schliesslich trägt der Kauf von regionalen Produkten zur Gesundheit der lokalen Wirtschaft bei. Je kürzer die Lieferkette ist, desto fairer ist der Anteil der Marge, der an die Produzentinnen und Produzenten zurückgeht – und desto mehr davon bleibt in der Region. Ausserdem wirkt sich die Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen in der Produktion positiv auf die sozialen Bedingungen der Menschen aus, die in der Landwirtschaft leben und arbeiten – sowohl die der internen als auch die der externen Arbeitskräfte.

Einkäufe, ein besserer Stimmzettel

Man sieht: Unsere Konsumentscheidungen haben direkte Auswirkungen auf die Produktion. Unsere Einkaufsliste und unser Verhalten im Geschäft beeinflussen auch die gesamte Wertschöpfungskette – einschliesslich der Zwischenschritte wie Verarbeitung und Handel.

Sie betreffen zudem alle drei Aspekte der Nachhaltigkeit: den Umweltaspekt, den ökonomischen Aspekt und den sozialen Aspekt, wie weiter oben erwähnt. Ganz konkret kann man seine Überzeugungen und Meinungen also durch die Zusammensetzung seines Einkaufskorbs ausdrücken – viel wirkungsvoller und unmittelbarer als durch das Einwerfen eines Stimmzettels an einem Sonntagmorgen.

Dasselbe gilt für Bio-Produkte, die nach besonderen Standards hergestellt werden, die manche gerne allgemein einführen würden. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) hat kürzlich Statistiken aus der Marktanalyse veröffentlicht.

Das Jahr 2024 zeichnet sich durch eine Stagnation des Bio-Umsatzes bei 11,55 % des Gesamtumsatzes aus. Der Preis der Lebensmittel allein reicht jedoch nicht aus, um zu erklären, warum keine stärkere positive Entwicklung zu verzeichnen ist. Tatsächlich ist der Anteil des Haushaltsbudgets, den die Schweizer Familien für Lebensmittel ausgeben, im Vergleich zu den meisten Nachbarländern gering. Da Schweizer Familien weniger als 7 % ihres Haushaltsbudgets für Lebensmittel ausgeben und weniger als 12 % des Marktes auf den Kauf von Bio-Produkten entfallen, besteht noch ein enormes Wachstumspotenzial auf der Nachfrageseite.

Es muss hier betont werden, dass die Nachfrage das Angebot bestimmt und dass die Schweizer Bauernfamilien bereit sind, einer Entwicklung zu folgen, die sich konkret in den Konsumentscheidungen widerspiegelt und mit einer fairen Bezahlung einhergeht.

Alles in allem …

… wird hier die untrennbare Verbindung zwischen Landwirtschaft und Bevölkerung beleuchtet, die Beziehung zwischen der Produktion von Lebensmitteln und ihrem Konsum sowie die Rolle, die sie gleichermassen füreinander spielen.

Die derzeitige Ausarbeitung der künftigen Agrarpolitik PA2030+ im Rahmen eines Agrar- und Ernährungssystems, das vom Feld bis auf den Teller und von der Heugabel bis zur Gabel reicht, basiert auf denselben Grundsätzen. Gemeinsam können wir alle, sowohl individuell als auch kollektiv, unsere Rolle wahrnehmen und konkreten Einfluss ausüben, ohne zusätzliche Vorschriften.

Letztendlich können wir sowohl für eine nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung als auch im Bereich Klima und Klimawandel jeden Tag und schon heute handeln, um uns in die gewünschte Richtung zu bewegen – auch wenn es nur in kleinem Rahmen ist. Warum nicht gleich jetzt damit beginnen, indem wir lokale und saisonale Produkte essen?

Anne Challandes ist ...
... Bäuerin und ausgebildete Rechtsanwältin. Sie bewirtschaftet einen Familienbetrieb im Bio-Landbau mit Mutterkühen und verschiedenen Kulturen im Neuenburger Jura. Zudem ist sie Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SBLV) und Vizepräsidentin des Schweizer Bauernverbands (SBV).
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Anne Challandes, Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SBLV).bild: sblv
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