Ohne Geschlechterquote keine J+S-Gelder für Vereine – Entscheid wird nochmals geprüft
Er habe seinen Augen nicht getraut, schrieb Nationalrat Leo Müller in einer Kolumne in der «Luzerner Zeitung». Ungläubig zurück liess den Mitte-Politiker ein Artikel von CH Media über Anforderungen, die per 1. Januar 2026 auch ehrenamtlich geführte Sportvereine und Jugendorganisationen wie Pfadi und Blauring zu erfüllen haben.
Um Bundesgelder aus dem «Jugend+Sport»-Topf zu erhalten, müssen sie neu eine individuelle Geschlechterquote sowie eine Amtszeitbeschränkung in ihren Statuten verankern. Betroffen vom sogenannten Branchenstandard sind Tausende Vereine.
Die Frauenquote für Dorfvereine ist ein Erbe der vor einem Jahr zurückgetretenen Bundesrätin Viola Amherd (Mitte). Müller spricht von einem «unglaublichen Bürokratismus». Man dürfe Jugendlichen und Erwachsenen, die sich für die Gesellschaft einsetzen, nicht den «Verleider» machen. Der Luzerner Nationalrat wollte deshalb vom Bundesrat wissen: Ist er bereit, auf Auflagen wie Geschlechterquoten und Amtszeitbeschränkungen zu verzichten, um ehrenamtliches Engagement nicht unsinnig zu belasten?
Seit Anfang dieser Woche liegt die Antwort aus dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport vor. Und tatsächlich geht Martin Pfister nochmals über die Bücher. Der neue Sportminister zeigt sich nämlich bereit, die Vorgaben für den Erhalt von J+S-Geldern im Sinne Müllers zu überprüfen.
Wichtige finanzielle Stütze
Die Ehrenamtlichkeit in den Sportvereinen bezeichnet der Bundesrat in seiner schriftlichen Antwort auf Müllers Frage als «zentrale Stütze» des Sports. Eine wichtige finanzielle Stütze ist für Vereine auch der Zustupf aus dem J+S-Topf des Bundesamtes für Sport. Im letzten Jahr erhielten knapp 10'500 Organisationen 113,6 Millionen Franken, darunter knapp 8000 Sportvereine.
Ziel des Branchenstandards ist es laut dem Bundesamt für Sport (Baspo), ethische Grundsätze im Schweizer Sportsystem stärker und verbindlicher zu verankern. Es geht dabei auch um ein Bekenntnis zu sauberem, dopingfreiem Sport und einem respektvollen Umgang von Trainern mit Sportlern. «Geprüft wird nun, wie das Ziel eines ethischen Sports erreicht werden kann, ohne das ehrenamtliche Engagement kleiner Sportclubs unnötig zu belasten», sagte Baspo-Sprecherin Rebekka Balzarini auf Anfrage.
Bereits heute werde die Umsetzung des Branchenstandards für den Schweizer Sport mit Augenmass durchgeführt, um gerade kleinen Sportvereinen und Sportclubs nicht unnötig Aufwand zu bescheren.
Das Baspo hatte angekündigt, jährlich etwa 100 bis 400 Vereine bezüglich der neuen Anforderungen zu kontrollieren. Die Verweigerung oder Kürzung von Subventionen sei nur vorgesehen, wenn ein Verein trotz vorgängiger formeller Mahnung und Nachfrist die Bedingungen nicht einhalte.
Anders als bei nationalen Verbänden (40 Prozent) verlangt das Baspo bei Dorfvereinen keine fixen Frauenquoten. Sie müssen aber gemäss geltendem Recht eine individuelle Geschlechterquote in den Statuten festhalten. Swiss Olympic, der Dachverband des Schweizer Sports, empfiehlt 40 Prozent oder einen eigenen Wert.
Jungwacht Blauring begrüsst die Vorgaben
Zuspruch erfahren die Vorgaben derweil von Jungwacht Blauring Schweiz, dem Kinder- und Jugendverband, der rund 33'000 Mitglieder zählt und von J+S-Beiträgen profitiert.
Co-Präsident Luca Belci sagt: «Die Geschlechterquote stärkt die Gleichstellung durch eine ausgewogene Vertretung in unseren Gremien. Wir begrüssen die neuen Regelungen und setzen diese auf allen Ebenen um.» Zudem stelle die Amtszeitbeschränkung die regelmässige Erneuerung der lokalen, kantonalen und nationalen Vorstände sicher. (aargauerzeitung.ch)
