Schweiz
Gesellschaft & Politik

SRF-«Club»: Hans-Ueli Vogt setzt sich in Szene

Der Zuercher Ex-Nationalrat Hans-Ueli Vogt anlaesslich der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz vom Samstag, 22. Oktober 2022 im Schulhaus Staffeln in Luzern. (KEYSTONE/Urs Flueeler).
Weiss die Bühne zu nutzen: Bundesratskandidat Hans-Ueli Vogt überzeugt im «Club». Bild: keystone

Vogt setzt sich in Szene und warum Politik nicht gleich Wirtschaft ist – so war der «Club»

«Regieren in Krisenzeiten – was braucht es jetzt für Bundesräte?» lautete das Thema des «Club» auf SRF. SVP-Bundesratskandidat Hans-Ueli Vogt nutzte die Chance, um sich selbst zu promoten.
26.10.2022, 02:4510.11.2022, 15:15
Doris Kleck / ch media
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Die grosse Bundesratsshow wollte der Club am Dienstagabend veranstalten. Angefragt hatte die Diskussionssendung sämtliche fünf Kandidierende, die sich für die Nachfolge von SVP-Bundesrat Ueli Maurer bewerben. Zugesagt hatte nur alt Nationalrat Hans-Ueli Vogt, nominiert von der Zürcher Kantonalpartei.

Die Zeiten sind anspruchsvoll: Pandemie, Krieg in der Ukraine, Klimakrise, Energiekrise, ein schwieriges Verhältnis mit der EU. Der Bundesrat agiert seit längerem im Krisenmodus. Seine Leistung wird oft kritisiert. Der Begriff der «dysfunktionalen Regierung» macht in Bern seit längerem die Runde.

Nun braucht die Regierung ein neues Mitglied. SVP-Finanzminister Ueli Maurer tritt Ende Jahr ab. Am 7. Dezember wählt die vereinigte Bundesversammlung seinen Nachfolger. Und die SRF-Sendung «Club» wollte herausfinden, welche Regierung dieses Land braucht. Welche Kompetenzen und Eigenschaften für das Bundesratsamt wichtig sind.

Vogts Seitenhiebe

Vogt stellte zwar klar, er sei nicht gekommen, um seine Bundesratskandidatur zu promoten. Doch Moderatorin Barbara Lüthi spielte ihm aber halt doch ziemlich viele Steilpässe zu – um gerade dies zu tun und sein Image als Verlegenheitskandidat abzustreifen.

roger köppel in der arena
Hans-Ueli Vogt sieht sich nicht auf der gleichen Linie wie Roger Köppel (hier in der «Arena»).Bild: srf

Der Rechtsprofessor präsentierte sich als Politiker mit starken inneren Überzeugungen – gemäss alt Bundesrat Hans-Rudolf Merz eine wichtige Eigenschaft für das Amt des Bundesrats. Er verfüge also über die notwendige politische Härte für das Amt, sagte Vogt über sich selbst. Und machte klar, dass er unter politischer Härte nicht dasselbe versteht wie die Weltwoche rund um ihren Verleger und SVP-Nationalrat Roger Köppel. Diese würde politische Härte gleichsetzen mit Trump, Putin oder Bolsonaro – drei Politiker, die je lauter sprechen würden, je weniger sie wüssten.

Vogt machte auch klar, dass er sich als Bundesrat nicht von den Chefbeamten führen lassen würde – das ist quasi die Urangst der SVP, die einen Teil des parteiinternen Misstrauens gegenüber Kronfavorit Albert Rösti ausmacht. Sachkompetenz sieht Vogt als wichtiges Element der Führung. Und als Jurist sei er nicht nur Generalist sondern auch gut im strukturierten Denken: «Führung heisst, mit Menschen gemeinsam ein Ziel erreichen. Strukturiertes Denken hilft dabei.»

Braucht die Schweiz einen CTO?

Als Jurist ist Vogt für den Unternehmer Hannes Gassert so etwa das Schlimmste, was dem Bundesrat und damit der Schweiz widerfahren könnte.

Gassert fordert zusammen mit dem Epidemiologen Marcel Salathé neun Bundesräte und zwei zusätzliche Departemente: Eines für das Klima und eines für die Digitalisierung.

Gassert monierte, dass in der Vergangenheit zwei Drittel der Bundesräte Juristen waren. Dabei brauche das Land im Bundesrat dringend einen Chief Technology Officer. Einen Technerd oder Wissenschafter, der evidenzbasiert arbeitet. Ausprobieren, vielleicht auch mal einen Fehler machen und diesen dann wieder wettmachen – nach dieser Logik müsse ein Bundesrat im 21. Jahrhundert arbeiten.

Gassert fordert zusammen mit dem Epidemiologen Marcel Salathé neun Bundesräte und zwei zusätzliche Departemente: Eines für das Klima und eines für die Digitalisierung. Mehr Sachkompetenz im Bundesrat – und weniger Generalisten.

Für Gassert geht es bei der Wahl des neuen Bundesrates zu wenig um Strukturen und Fähigkeiten. Und darin war er sich in der gesitteten Diskussionsrunde einig mit Kadervermittler Philippe Hertig. Die beiden verglichen den Bundesrat gerne mit der Geschäftsleitung der «Schweiz AG». Und Hertig zeigte sich ehrlich empört darüber, dass es kein Anforderungsprofil für das Amt des Bundesrates gibt. Dass es kein Assessement für den wichtigsten Job das Landes gibt. Dass überhaupt nicht über die Führungserfahrung der Kandidierenden gesprochen wird: Ein «Must-Kriterium» in der Privatwirtschaft. Und dort sei es auch Usus, dass analysiert werde, wie effektiv ein Team zusammenarbeite.

Diese Analyse würde er auch gerne für den Bundesrat machen. Das gäbe wiederum Hinweise darauf, welche Eigenschaften dem Bundesrat heute noch fehlen – die dann das neue Mitglied mitbringen müssten. Das gäbe dann ein «ausbalancierten Bundesrat». Sprich einen erfolgreicheren.

Politische Nachhilfe von Merz

Vogt konnte sich einen Seitenhieb an den Headhunter indes nicht verkneifen und erinnerte an die kurze Amtsdauer des letzten CS-Verwaltungsratspräsidenten António Horta-Osório, der wegen Verstössen gegen die Corona-Regeln und Vielfliegerei im Privatjet zurücktreten musste. Das Parlament indes kenne die Kandidaten: «Sie kommen aus dem System». Vogt verteidigte das Auswahlprozedere für den Bundesrat, erinnerte an die verschiedenen Hearings und verwehrte sich gegen den Vorwurf, dass Verfahren sei quasi unprofessionell.

Es war nicht ohne Ironie, dass vor allem auch Hans-Rudolf Merz den Vertretern der Privatwirtschaft die Unterschiede zur Politik erklären musste.

Stattdessen sprach er dem Wahlkörper ein feines Sensorium zu. Immer wieder wird der Vorwurf laut, das Parlament wähle keine starken Figuren, keine Supermänner und -Frauen sondern Durchschnittsholz. Vogt kann dem durchaus etwas positives abgewinnen. Denn den Sonnenkönigen gehe es nicht nur um die Sache, sondern immer auch um ihr Image. Das wiederum erschwert die Lösungssuche.

Es war nicht ohne Ironie, dass vor allem auch Hans-Rudolf Merz den Vertretern der Privatwirtschaft die Unterschiede zur Politik erklären musste. Merz selbst war lange Zeit Unternehmensberater und stieg erst spät in die Politik ein. Er wurde zusammen mit Christoph Blocher 2003 in den Bundesrat gewählt – als grosse Hoffnung der Wirtschaft. Als Politiker tat er sich aber eher schwer.

Swiss President Hans-Rudolf Merz, left, gestures, during a press conference with Libyan Prime Minister Baghdadi Mahmudi, right, in Tripoli, Libya, Thursday, Aug. 20, 2009. The president of Switzerland ...
Alt Bundesrat Hans-Rudolf Merz (links) verwies im Club auf die Unterschiede zwischen Politik und Wirtschaft.Bild: AP

Merz erinnerte daran, dass die sieben Bundesräte eine unterschiedliche politische Herkunft haben und nicht unbedingt die gleichen Ziele verfolgen würden, wie es in einer Geschäftsleitung der Fall sein sollte. Zudem würde sich eine Geschäftsleitung die Ziele selber setzen. Als Bundesrat müsse man aber oft Ziele übernehmen, die das Parlament oder das Volk mit der Annahme einer Initiative gesetzt habe. Merz beschrieb das Amt als enges Korsett.

Aneinander vorbeigeredet

Die langjährige Bundeshausjournalistin Eva Novak schliesslich wies ebenfalls mehrfach auf die Unterschiede zwischen Politik und Privatwirtschaft hin. Sie brachte die wichtigste Fähigkeit eines Bundesrates so auf den Punkt: «Ein Bundesrat oder eine Bundesrätin muss Mehrheiten beschaffen können um das Land weiterzubringen».

So einfach ist Politik. So schwierig ist das zu verstehen für Leute aus der Privatwirtschaft. Der Bundesrat führt nicht die «Schweiz AG». (aargauerzeitung.ch)

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26 Kommentare
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Elke Wolke
26.10.2022 08:07registriert Oktober 2018
Gassert und der Headhunter kamen ziemlich flach heraus in der Sendung. Die haben offensichtlich wenig Ahnung von Politik, die Sendung fühlte sich teilweise an wie die erste Lektion Staatskunde für Primarschüler. Vogt bekam nur selten das Wort, er hat sich ganz gut geschlagen. Die fehlenden Führungserfahrung ist jedoch sicherlich ein Problem, dies sieht man bei Cassis gut, der grosse Mühe hat sein Departement einigermassen unter Kontrolle zu haben.
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Ivo Zen
26.10.2022 08:16registriert November 2017
Wenn sich alt-Bundesrat Merz äussert, kann dabei nicht viel Gutes herauskommen. Seine Arbeit in besagtem Rat war ein Desaster und er handelte als Verlängerter Arm von Unternehmen.
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Hinterm Mond lässt sichs gut munkeln
26.10.2022 06:10registriert November 2020
Der Bundedrat hat auf seine Chefbeamten zu hören! Gibt nichts schlimmeres, als Vorgedetzte die ihren sturen Grind durchsetzen wollen, ohne suf die Mitarbeiter zu hören! Ansonsten gefällt mir die Aussage über Köppels Stil!
Im Übrigen tritt das grösste dysfunktionale Teil gerade zurück (bewusst ungeschlechtlich gewählt…;-))
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