Polizeipraktiken in der Schweiz laut europäischem Komitee besorgniserregend
Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter hat sich nach einem Besuch in vier Westschweizer Kantonen über die Polizeipraktiken und die Überbelegung von Gefängnissen in der Schweiz besorgt gezeigt. Das Komitee habe «erneut Anschuldigungen betreffend körperlicher Misshandlung und exzessiver Gewaltanwendung» in Bezug auf die Behandlung von Personen im Freiheitsentzug durch die Polizei registriert.
Dies einschliesslich des Beissens durch Polizeihunde, Schläge mit Schlagstöcken, Kopfstössen, Faustschlägen und Fusstritten sowie gewaltsamen Niederdrückens zu Boden, wie das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter des Europarates (CPT) am Dienstag mitteilte.
Die Anschuldigungen stammten von ausländischen Staatsangehörigen, insbesondere zum Zeitpunkt ihrer Festnahme in den Kantonen Genf, Wallis und Waadt. Daneben besuchte das CPT auch den Kanton Freiburg. Der Besuch fand im März 2024 statt.
Der besorgniserregende Anteil von Behauptungen über vorsätzliche Misshandlungen, insbesondere im Kanton Genf, deute darauf hin, «dass Polizeigewalt eine anhaltende Praxis ist», heisst es in dem Bericht weiter. Es sollten entschlossene Massnahmen ergriffen werden, um dieses Phänomen besser zu verhindern und wirksam zu bekämpfen, empfiehlt das CPT.
Die Überbelegung der Gefängnisse sei vor allem in den Kantonen Genf und Waadt ein grosses Problem, hiess es weiter. Zum Zeitpunkt des Besuchs hatte die Belegungsrate im Gefängnis Bois-Mermet VD 166 Prozent und in Champ-Dollon GE 132 Prozent betragen.
Die Auswirkungen der Überbelegung wirkten sich auf die Haftbedingungen von Untersuchungshäftlingen und die Arbeitsbedingungen des Personals aus. Es sollte eine umfassende Strategie zur Reduzierung der Gefängnispopulation umgesetzt werden, die alle Akteure der Strafkette miteinbeziehe, schreibt das CPT weiter.
Bundesrat sieht ausreichenden Rechtsrahmen
In seiner Antwort auf den Bericht gibt der Bundesrat detaillierte Informationen zu den Empfehlungen des CPT. Die betroffenen kantonalen Behörden versicherten demnach, dass sie keine Misshandlungen durch die Ordnungskräfte dulden und dass allfällige Missbräuche systematisch angezeigt und untersucht würden.
Um die Überbelegung der Gefängnisse zu reduzieren, informierte der Bundesrat das CPT über geplante Massnahmen, wobei alternative Formen der Strafvollstreckung so weit wie möglich bevorzugt werden sollen.
Der Bundesrat hielt auch daran fest, dass eine Festnahme nicht als Freiheitsentzug im engeren Sinne betrachtet werden könne, da es sich dabei um einen nur sehr kurzen Entzug der Bewegungsfreiheit zum Zwecke der Überprüfung handle. Auch reiche der bestehende Rechtsrahmen aus, um die Verfahrensgarantien wirksam werden zu lassen. (sda/thw)