Schweiz
Gesellschaft & Politik

«Alle ziehen Schwanz ein»: Grüne sauer auf SP wegen Trennbankensystem

Felix Wettstein, GP-SO, verfolgt das Resultat der Gesamtabstimmung, an der ausserordentlichen Session der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 12. April 2023 im Nationalrat in Bern. Die ausserordentli ...
Hat wenig Freude an einigen SPlern: Grünen-Nationalrat Felix Wettstein.Bild: keystone

«Alle ziehen den Schwanz ein»: Grüne sauer auf SP

SVP, SP und Grüne lehnen die Notkredite für die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ab. Trotz vermeintlicher Einigkeit innerhalb der unheiligen Allianz: Im links-grünen Lager gab es Zoff wegen einer alten Forderung.
13.04.2023, 05:2413.04.2023, 08:07
Christoph Bernet / ch media
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Ein reines «Schaulaufen der Bundesratsparteien», einen spätnächtlichen Hinterzimmerdeal zwischen FDP und SP witterte Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser (SG) zu Beginn der Debatte im Nationalrat am frühen Mittwochnachmittag.

Der Grund für Rysers Ärger: ein Vorkommnis im Ständerat am Mittwochmorgen. Ein Antrag ihrer Parteikollegin Lisa Mazzone (GE) war mit 19 zu 22 Stimmen knapp gescheitert. Mazzone wollte im Rahmen der Beratungen zum 109-Milliarden-Notkredit zur Credit-Suisse-Übernahme den Bundesrat beauftragen, Vorschläge für ein sogenanntes Trennbankensystem auszuarbeiten.

Lisa Mazzone, GP-GE, spricht an der ausserordentlichen Session der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 11. April 2023 im Staenderat in Bern. Die ausserordentliche Session wurde einberufen, um ueber d ...
Lisa Mazzones Antrag wurde knapp abgelehnt.Bild: keystone

Beim Trennbankensystem müssen die verschiedenen Geschäftsbereiche einer Bank, etwa das Investmentbanking, die Vermögensverwaltung und das Geschäftsbankengeschäft, organisatorisch voneinander getrennt werden. Das, so die Befürworter, verringere das gesamtwirtschaftliche Risiko im Falle eines Bankenkollapses.

«Alle hier drin haben sich in den letzten zwei Tagen mit eigenen Worten zum Trennbankensystem bekannt, jetzt ziehen sie den Schwanz ein – wir nicht!»
Grünen-Nationalrat Felix Wettstein

Zur knappen Ablehnung von Mazzones Antrag trugen auch das Nein dreier SP-Ständeratsmitglieder bei: Eva Herzog (BS), Daniel Jositsch (ZH) und Roberto Zanetti (SO). Unterstützung erhielt sie von den anderen drei SPlern im Ständerat sowie aus den Reihen von Mitte und SVP.

«Jetzt ziehen alle den Schwanz ein»

Auch bei Grünen-Nationalrat Felix Wettstein (SO) war der Ärger gross. Die Bevölkerung draussen erwarte jetzt vom Parlament die Trennung der Bankenaktivitäten, sagte er am Mittwochnachmittag vor der grossen Kammer. Wettstein hatte mit der Unterstützung von Parteikollegen sowie SVP-Vertretern beantragt, die vom Ständerat abgelehnte Forderung nach einem Trennbankensystem im Nationalrat wieder aufzunehmen.

«Alle hier drin haben sich in den letzten zwei Tagen mit eigenen Worten zum Trennbankensystem bekannt, jetzt ziehen sie den Schwanz ein – wir nicht!», rief Wettstein ins Plenum. Im Nationalrat fand er bei der SVP-Fraktion ausnahmslos und bei der SP mit drei Ausnahmen Gehör.

Doch in der Gesamtabwägung zählte der Zwischenerfolg offensichtlich wenig: SP, Grüne und SVP lehnten den Nachtragskredit für die CS-Rettung in der Gesamtabstimmung ab.

Die Blocher-Levrat-Hayek-Allianz

Das Parlament befasst sich nicht zum ersten Mal mit dem Thema. Im Nachgang der UBS-Rettung während der Finanzkrise 2008 stellte sich eine ungewohnte Allianz öffentlichkeitswirksam hinter das Anliegen: Swatch-Boss Nicolas Hayek, SVP-Doyen Christoph Blocher und der damalige SP-Parteichef Christian Levrat traten im September 2009 gemeinsam vor die Medien und sprachen sich für strengere Vorschriften für die Geldhäuser aus. Auch von einem Trennbankensystem war die Rede.

SVP-Vizepraesident Christoph Blocher, Swatch Group Praesident Nicolas Hayek und SP-Praesident Christian Levrat aeussern sich an einer gemeinsamen Medienorientierung zum Thema "Wenn die Bankengroe ...
Christoph Blocher, der unterdessen verstorbene Swatch-Patron Nicolas Hayek und Ex-SP-Präsident Christian Levrat im September 2009 vor den Medien.Bild: EQ IMAGES

Das Parlament verzichtete im Rahmen der im Herbst 2011 verabschiedeten «Too-big-to-fail»-Gesetzgebung auf eine solche Vorschrift. 2013 nahm der Nationalrat zwei ähnlich lautende Fraktionsmotionen von Grünen und SVP für die Einführung eines Trennbankensystems an. Der Ständerat beerdigte sie jedoch im März 2014.

Obwohl er den Vorstössen am Ende zustimmte, signalisierte SP-Chef Levrat damals Skepsis an der Forderung: Er sei nicht davon überzeugt, «dass es notwendig ist, eine klare Linie zwischen dem Investment- und dem Privatkundengeschäft zu ziehen». Noch deutlicher war seine Wortwahl, als sich der Ständerat erneut mit dem Trennbankensystem befasste. Die Forderungen aus dem Nationalrat stammten aus «einem frühen Stadium der Diskussionen». Sie seien «nicht mehr wirklich hilfreich, um Fortschritte zu erzielen».

Zu den überzeugten Gegnerinnen eines Trennbankensystems gehörte von Anfang an die damalige FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter. «Keiner von denen, die etwas von der Sache verstehen, hat dazu geraten, ein Trennbankensystem zu machen», sagte sie im März 2014.

Zu den damals angehörten Experten zählten auch die damaligen Verwaltungsratspräsidenten von UBS und CS, Axel Weber und Urs Rohner. Würde Keller-Sutter den langjährigen CS-Präsidenten Urs Rohner noch immer als Referenz angeben? Das Preisschild von 259 Milliarden Franken für die von ihr orchestrierte Rettungsaktion lässt Zweifel aufkommen.

Der Bundesrat muss nochmals über die Bücher und dem Parlament innert Jahresfrist einen Bericht über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Trennbankensysteme aufzeigen. Beide Räte reichen entsprechende Forderungen ein, Nationalrätin Franziska Ryser reichte zudem eine Motion ein, welche die Einführung eines Trennbankensystems fordert. (aargauerzeitung.ch)

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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bruchpilot
13.04.2023 06:40registriert Juli 2020
"Keiner von denen, die etwas von der Sache verstehen, hat dazu geraten, ein Trennbankensystem zu machen"
Man konnte sich sagen: "Keiner von denen, die Teil des heutigen Systems sind und von ihm profitieren, hat dazu geraten, das System zu ändern".
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yey
13.04.2023 06:39registriert August 2018
Okay, die «Experten» welche ihr Gehalt von der Bank beziehen finden das Trennbankensystem doof. Soweit habe ich es verstanden. Aber kommt auch noch eine Inhaltliche Begründung, oder müssen wir das jetzt einfach glauben?
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ChocolateChipCookie
13.04.2023 07:28registriert Juli 2022
Spannender Artikel mit allen Positionen!
Ich hätte mich jetzt noch auf eine detailiertere Argumentation gefreut. Was spricht denn für und was gegen ein Trennbankensystem? (wow was für ein Wort!)
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