Die SVP-Delegierten haben an ihrer Delegiertenversammlung (DV) vom Samstag in Wettingen dem geplanten Rahmenabkommen der Schweiz mit der EU eine klare Absage erteilt. In einer kontradiktorisch geführten Diskussion war offensichtlich, wo die Sympathien liegen.
Die Ausführungen von SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel wurden mit Standing Ovations gefeiert. Auf der anderen Seite gab es nach den Reden von Staatssekretär Jacques de Watteville und SP-Nationalrat Tim Guldimann vereinzelte Pfiffe und Buhrufe, für die sich SVP-Parteipräsident Albert Rösti entschuldigte.
Die Schweiz wolle, könne, dürfe und müsse sich der EU nie unterwerfen, forderte Köppel. Sie dürfe auch keinen Rahmenvertrag mit der EU unterschreiben, in dem die EU ermächtigt werde, Sanktionen gegen die Schweiz zu ergreifen.
In Bern werde alles getan, um die EU nicht zu verärgern, aber es werde viel zu wenig getan, um die Interessen der Schweiz zu vertreten, stellte Köppel fest. Mit dem Rahmenvertrag werde versucht, durch die Hintertüre ein Abkommen einzuführen, wie es 1992 vom Volk verworfen worden sei.
Staatssekretär Jacques de Watteville, Chefunterhändler der Schweiz für die EU-Dossiers, sagte, dass die Schweiz bereits heute Mühe habe, die laufenden bilateralen Verträge einzuhalten. Diese seien nicht mehr à jour und entsprächen nicht mehr der Entwicklung.
In Zukunft sei aber ein diskriminierungsfreier Marktzugang zum europäischen Markt weiterhin notwendig, erklärte de Watteville. Die Schweiz brauche das Rahmenabkommen, um diesen Marktzugang zum europäischen Markt zu erhalten und auszubauen. Die EU, vor allem die Nachbarländer, seien ihre wichtigsten Handelspartner.
Die EU entscheide über Zugang zum EU-Markt für Drittstaaten und stelle die entsprechenden Regeln auf. Diese Regeln müssten laufend den Entwicklungen angepasst werden. Die Schweiz sei auf diese Rechtssicherheit angewiesen, damit auch andere Staaten nicht gegen die EU-Regeln verstossen.
Die Schweiz habe festgestellt, dass es ihr in der EU mit den bilateralen Verträge ganz gut gehe, sagte SP-Nationalrat Tim Guldimann, früherer Botschafter der Schweiz in Deutschland. Wenn die Schweiz weiter Gast im Binnenmarkt der EU bleiben wolle, müsse sie die EU-Regeln einhalten und sich deren Gerichtsbarkeit unterwerfen.
Den Steilpass zur Diskussion über die institutionelle Anbindung der Schweiz an die EU hatte SVP-Stratege und alt Bundesrat Christoph Blocher gegeben. Er hatte vor zwei Wochen erstmals sein «Komitees gegen den schleichenden EU-Beitritt» vorgestellt. Blocher war an der DV vom Samstag selber nicht anwesend.
Die SVP sagt klar Ja zum neuen Nachrichtendienstgesetz. Die Welt befinde sich in einer Krise, die Bedrohung durch Terroristen sei sehr komplex geworden, warb SVP-Bundesrat und Verteidigungsminister Guy Parmelin für das Gesetz.
In diesem Umfeld sei man mehr denn je auf einen funktionierenden Nachrichtendienst angewiesen. Die Ja-Parole wurde mit 355 zu 12 Stimmen bei 3 Enthaltungen gefasst.
Mit 338 zu 15 Stimmen bei 4 Enthaltungen ebenso deutlich Nein sagt die SVP zur AHVplus-Initiative ab. Die Annahme wäre der Todesstoss für die langfristige Sicherung des wichtigsten Schweizer Sozialwerkes, erklärte der Zürcher SVP-Nationalrat Jürg Stahl. Die AHV habe schon in den letzten zwei Jahren mehr ausgegeben als eingenommen.
In seiner Eröffnungsrede hatte Parteipräsident Albert Rösti ein Plädoyer für den Erhalt der Schweizer Werte und eine konsequente Asylpolitik. Dem Terror in der Welt müsse man mit Standhaftigkeit zur Schweizer Kultur und zu den Schweizer Werten entgegenstehen, meinte er.
Quasi als Intermezzo innerhalb der Auftaktrede von Rösti referierte Bundesrat Ueli Maurer, verantwortlich für das Grenzwachtkorps, über die aktuelle Flüchtlingssituation in Europa. Maurer äusserte sich positiv über die Zusammenarbeit mit Italien. Derzeit seien täglich mehr als tausend Rücküberstellungen nach Italien möglich. Italien bringe diese Leute weg von der Grenze nach Apulien.
Rösti lobte zwar danach Maurers Ausführungen, sagte aber auch, dass dies der SVP noch nicht reiche. Er verstehe nicht, dass sich der Gesamtbundesrat und das Parlament im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern noch immer weigerten, systematische Grenzkontrollen an den Hotspots durchzuführen.
Zudem kritisierte Rösti den neuen Text der Landeshymne. Ausgerechnet in einer Zeit, in welcher der IS-Terror alle anderen als ungläubig abstemple und zum Abschuss freigebe, soll die Landeshymne neu ohne Verwendung des Wortes «Gott der Allmächtige» vorgetragen werden, wetterte Rösti. Quasi zum Trotz hatten die SVP-Delegierten zum Auftakt ihrer Versammlung die Nationalhymne mit dem seit Jahren gängigen Text gesungen. (sda)