Sag das doch deinen Freunden!
Ich frag mich oft, wie glücklich unsere lieben Kollegen und Quartier-Nachbarn von der «Weltwoche» eigentlich sind. Aus ihren Texten spricht stets so viel Angst, Hass und Verbitterung. Ich mach mir deshalb Sorgen. Ja! Zum Beispiel um den «Weltwoche»-Vizechef Philipp Gut. Mit dem ich mir vor vielen Jahren einmal beim «Tages-Anzeiger» ein Büro teilte. Unglaublich, aber wahr.
Ich würde gern behaupten, dass er damals schon so war wie neulich in der «Arena», war er aber nicht. Er war okay. Er kaufte ab und zu Lindor-Kugeln für alle. So, wie auch Roger Köppel mal okay war. Köppel wurde mir während meines ersten Jobs bei unseren andern Quartier-Nachbarn, der «WochenZeitung», von einem WoZ-Redakteur mit den Worten vorgestellt: «Das ist der Roger. Er ist ein Guter.» Auch dies: Unglaublich, aber wahr. Und sooo lang her.
Heute mach ich mir um die «Weltwoche»-Belegschaft wieder einmal besonders grosse Sorgen. Denn heute hat die «Weltwoche» eins ihrer beliebten Frauenhefte herausgebracht. Diese Frauenhefte gehen immer gleich: An restlos allem ist der Feminismus schuld, uralte Geschlechter-Rollen sind die besten, Frauen sind schwächer und dümmer, Frauen, die in ihrer Freizeit Kuchen backen und Coke Zero statt Bier trinken sind glücklicher. Und überhaupt: Schaut doch einfach, was die Affen machen!
Genau. Grüne Meerkatzen waren ja schon immer die verlässliche Grundlage unserer Gesellschaft. Wir sind ja bloss Tiere. Nicht auch kulturelle Wesen, die dazu lernen und sich weiter entwickeln. Philipp Gut fasst deshalb über mehr als drei Seiten allerlei biologistische Theorien zusammen, um die Unterlegenheit der Frau zu verdeutlichen.
Für signifikant hält er dabei, dass nur fünf Prozent aller Nobelpreisträger Frauen sind. Ähm ja, vielleicht kommt es dabei auch auf sowas wie Zugang zu Bildung, Förderung und Zusammensetzung der Nobelpreiskommittees an? Nur vielleicht? Aber, so Gut: Frauen können gut Gesichter lesen, sonst eigentlich nichts. Schon gar nicht mit Zahlen umgehen oder gefährliche Jobs übernehmen.
Sagen wir so: Island wurde nach der enormen Finanzkrise (2008–2011) von Frauen saniert. Weil die einzige Bank, die überlebte, von Frauen geleitete wurde. Weil sich die Frauen nicht fragten: Wer bin ich und wie werde ich möglichst schnell noch wichtiger? Sondern: Woher kommt unser Geld, wohin geht es und mit wem arbeiten wir da ganz genau zusammen? Was sie da wohl besser lesen konnten? Zahlen oder Gesichter? In allen Details ist dies gerade
im neuen Film von Michael Moore zu sehen.Und bei «watson», nur um mal ein anderes Medienunternehmen als die «Weltwoche» zu nennen, gehen die jungen Frauen, ohne mit der Wimper zu zucken in Krisengebieten auf Reportage, sorgen für Traffic-Rekorde, analysieren uns mit ihren Internet-Kenntnissen in eine erfolgreiche Zukunft und schmeissen eben mal den ganzen Nachtdienst von der andern Seite der Erde aus. They fucking rule.
In der gleichen «Weltwoche» – es gibt da so viele, die ihren Frust loswerden müssen – schreibt ein Herr Peter Keller, dass westliche Feministinnen an der Übernahme des Abendlandes durch muslimische Horden schuld sein werden. «Am Ende des Feminismus steht der metrosexuelle Augenbrauenzupfer, der entmännlichte Mann», der sowas wie die Silvester-Übergriffe von Köln durch seine «Abwesenheit von Mut, Heldentum, Stolz» erst möglich gemacht habe. Irgendein Student schreibt auch noch über gender-spezifisch korrekten Sprachgebrauch an Hochschulen (okay, der ist manchmal echt absurd).
Und schliesslich: Claudia Schumacher, die einzige Frau, die derzeit der «Weltwoche»-Redaktion angehört, bekennt sich dazu, gerne mit von High-Heels malträtierten Füssen auf dem Sofa zu jammern und von ihrem starken Beschützer beschützt zu werden.
Jetzt, schreibt sie, sei sie endlich «normal». So, wie sich auch Philipp Gut als «normal» betrachtet. Alle andern: crazy Sonderfälle! «Man trifft in der Bevölkerung kaum Feministinnen an», heisst es da. Ich würde fast meinen, auch in der SVP gibt es welche. Frau Martullo-Blocher zum Beispiel. Es geht dabei ja nicht zwingend um die Selbstdeklaration, sondern um die Lebensweise.
Und wer sich schon mal mit einem offenen Kopf und nicht bloss feindselig verbissen oder missionarisch verbiestert mit Gender-Studies – «normalen Leuten mag diese Gender-Theorie nie wirklich eingeleuchtet haben» (Philipp Gut) – befasst hat, der weiss, wie bereichernd es sein kann.
Einfach mal nachzudenken über die Möglichkeiten, das Angebot an Identitäts- oder Identifizierungsmöglichkeiten. Über die Freiheit. Das Miteinander (liebe «normale» Menschen, niemand verbietet euch, eure euch genehme Normalität selbst zu definieren!), den Respekt, die Demokratie, die Zukunft. All das.