«Löhne weiterhin im Tiefflug! Lohndumping bei der Swiss – was macht der Regierungsrat?»: So lautet der Titel einer neuen Anfrage der Zürcher SP-Kantonsrätin Michèle Dünki-Bättig sowie zweier Parteikollegen. Im Visier ist die Partnerschaft der Lufthansa-Tochter mit der lettischen Air Baltic. «Wir möchten wissen, wie sich die Regierung endlich diesem Thema annimmt», sagt Dünki-Bättig auf Anfrage.
Zum Hintergrund: 2022 begann die Swiss zahlreiche Flüge an Air Baltic auszulagern. Lieferengpässe und Unterhaltsprobleme bei der eigenen Flotte hätten sie zu diesem Schritt gezwungen, argumentiert die Swiss seither. Und ohne die ausländische Hilfe müsste sie Flüge in grossem Ausmass absagen. Das möchte sie verhindern, um die Umsätze und Slots nicht zu verlieren.
In der Branche ist bei solchen Partnerschaften von Wet-Lease-Flügen die Rede, bei dem eine Airline Flugzeuge samt Besatzung von einer anderen Fluggesellschaft anmietet. Doch die Kritik aus den eigenen Reihen war von Anfang an gross. Die Kabinen-Gewerkschaft warf dem eigenen Management Lohndumping vor.
«Diese Auslagerung ist beschämend für eine Premium-Airline», sagte Sandrine Nikolic-Fuss, Präsidentin der Kabinen-Gewerkschaft Kapers gegenüber CH Media. Wie Gespräche mit den baltischen Gewerkschaften ergeben hätten, betrage der Lohn beim Air-Baltic-Kabinenpersonal zwischen 900 bis 1500 Euro. Bei der Swiss liegt das Mindestgehalt für Cabin-Crew-Mitglieder bei 3400 Franken. Zusammen mit dem Pilotenverband Aeropers, dem Verband des Personals öffentlicher Dienste und der Bodenpersonal-Gewerkschaft SEV-GATA schickte die Kapers einen Protestbrief ans Swiss-Management.
Für Dünki-Bättig und ihre Parteikollegen ist die Politik gefragt, da inzwischen über drei Jahre vergangen seien. Zudem habe man bereits im November 2023 den Regierungsrat um eine Einschätzung zur Auslagerung der Swiss-Flüge an Air Baltic gebeten. «Die Regierung verwies damals auf das laufende Verfahren, doch geschehen ist seit dem nichts», sagt Dünki-Bättig.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) war in seiner Einschätzung als Aufsichtsbehörde Schluss gekommen, dass das Swiss-Air-Baltic-Modell keinen grenzüberschreitenden Personalverleih darstellt, sondern eine Entsendung. «In diesem Zusammenhang gilt grundsätzlich die Verpflichtung, Schweizer Löhne zu bezahlen», schreiben die drei Kantonsräte. Deshalb habe man in der Anfrage von 2023 darauf hingewiesen, dass das Kabinenpersonal von Air Baltic massiv weniger verdiene als jenes der Swiss.
Doch: «Seit mehr als zwei Jahren wurde auf kantonaler Ebene in dieser Angelegenheit offenbar keine Entscheidung getroffen», schreiben Dünki-Bättig und ihre beiden Kollegen. Das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit habe bereits 2022 mitgeteilt, dass die Prüfung des Dossiers aufgrund seiner Komplexität mehr Zeit in Anspruch nehme. «Zwei Jahre sind jedoch eine sehr lange Zeit für eine Abklärung, insbesondere wenn es um die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorgaben und faire Löhne geht.»
Die drei Unterzeichnenden möchten von der Zürcher Kantonsregierung wissen, mit welchen Massnahmen sie sicherstellt, dass die Vorgaben zur Entsendung und zur Zahlung von Schweizer Löhnen eingehalten werden? Zudem verlangen sie eine zeitliche Prognose, bis wann der Fall geklärt wird und inwiefern allfällige Lohnunterschiede rückwirkend an die Air-Baltic-Crew ausbezahlt werden.
In einem Gespräch mit Journalisten zeigte sich angesichts der anhalten Kritik Swiss-Chef Jens Fehlinger Mitte Februar unbeeindruckt. Er betonte, man habe normale Wet-Lease-Verträge mit Air Baltic. Aufgrund des laufenden Verfahrens nehme man keine weitere Stellung, er sei aber «zuversichtlich». Zudem kündigte Fehlinger an, künftig auf die Air-Baltic-Auslagerung verzichten zu wollen, ohne allerdings ein konkretes Datum zu nennen. An den Wet-lease-Partnerschaften mit der Schwesterairline Edelweiss und der Regionalfluggesellschaft Helvetic von Milliardär Martin Ebner will die Swiss hingegen festhalten.
Derweil herrscht dieser Tage bei einem Teil des Swiss-Personals Unmut in Bezug auf die eigenen Löhne, wie CH Media weiss. Denn die Lufthansa-Tochter hat zwar vergangene Woche den zweithöchsten Gewinn ihrer Geschichte präsentiert. Angestellte, die einen Vertrag mit variablem Anteil haben, profitieren von diesem Resultat allerdings nicht wie erhofft in vollen Zügen.
Denn die internen Ziele sind zu 70 Prozent an jene der Lufthansa-Gruppe geknüpft – und diese sind im Swiss-Vergleich desolat. Die Folge: Die Auszahlung des variablen Lohnanteils fällt deutlich kleiner aus. «Blick» hat darüber zuerst berichtet. Die Angestellte äussern gegenüber dem Unternehmen ihren Lohnfrust. «Enttäuschend!», «Schlechter Scherz!» oder «Sprachlos» lauten die Kommentare im Intranet. (les)