Nach der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS liegt der Ball nun beim Parlament. Ab Dienstag treffen sich die beiden eidgenössischen Räte zu einer ausserordentlichen Session. Einziges Thema: die Megafusion und deren Konsequenzen. Aber was genau können die Räte überhaupt entscheiden und – fast wichtiger – was eben nicht? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Session.
Normalerweise kommt das Eidgenössische Parlament vier Mal im Jahr für jeweils drei Wochen zu regulären Sessionen im Bundeshaus zusammen. Bundesrat und Parlament haben aber auch die Möglichkeit, eine ausserordentliche Session zu verlangen.
Kommt diese Forderung aus dem National- und Ständerat (wie aktuell im Fall der CS-Übernahme), so muss diese von einem Viertel aller Mitglieder des jeweiligen Rates unterstützt werden. Der Bundesrat kann aber auch von sich aus eine ausserordentliche Session einberufen.
Ausserordentliche Sessionen sind nicht zu verwechseln mit Sondersessionen. Oft führt der Nationalrat jeweils Anfang Mai solche ein bis mehrere Tage dauernde Sondersessionen durch, um hängige Geschäfte abzutragen.
Die nun anberaumte ausserordentliche Session ist ein Spezialfall. Da es um die nachträgliche Bewilligung von dringlichen Krediten geht, muss das Parlament «in der dritten Kalenderwoche nach Einreichung des Begehrens» zusammenkommen. Sonst werden solche ausserordentlichen Sessionen oft innerhalb der regulären Parlamentswochen abgehalten.
Das machen die Büros der beiden Ratskammern. Diese bestehen aus den Präsidien des Rates, Stimmenzählern und weiteren Mitgliedern aus den Räten. In beiden Ratsbüros sind Mitglieder aus allen Fraktionen vertreten.
Die Landesregierung hat eine Art verstecktes Vetorecht. Motionen, Postulate und Interpellationen können nur behandelt werden, wenn der Bundesrat diese beantwortet hat. Im Falle der aktuellen Sondersession hat der Bundesrat alle hängigen Vorstösse aus den Kommissionen zum Thema beantwortet.
Bis jetzt hält sich die Zahl der zur CS-Übernahme eingereichten Vorstösse in engen Grenzen. Ausserhalb von Sessionen können aber sowieso nur Kommissionen Vorstösse einreichen. Auf der Seite des Parlaments sind bis jetzt zehn Postulate aus den Kommissionen und ein Vorstoss des Büros der grossen Kammer zur Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) eingegangen. Weitere passende Vorstösse sind bereits vor der Übernahme eingereicht worden.
Nein, das Büro des Nationalrats hat entschieden, dass es keine Vorstösse von einzelnen Parlamentarierinnen und Parlamentarier behandeln will. Auch nicht solche, die bereits vor der CS-Rettung eingereicht und durch den Bundesrat bereits beantwortet sind.
Die SP versucht mittels Ordnungsantrag doch noch solche Vorstösse in das Sessionsprogramm aufzunehmen. Dabei geht es etwa um die Deckelung von Boni bei systemrelevanten Banken. Diesem Antrag werden aber geringe Erfolgschancen zugerechnet.
Auch die Frage nach einer PUK wird noch nicht an dieser Session behandelt. Das Büro des Ständerats will zuerst «bis Mitte Mai verschiedene Abklärungen» durchführen, bevor darüber entschieden werden könne.
Das stimmt. Bisher hat weder die Fraktion einen entsprechenden Vorstoss eingereicht, noch ist Thierry Burkart als Präsident der Freisinnigen in einer Kommission mit dem Anliegen durchgedrungen. Es ist damit äusserst unwahrscheinlich, dass das Thema bereits an der ausserordentlichen Session verhandelt wird.
Am einfachsten und schnellsten geht das, wenn überparteilich zusammengearbeitet wird. Dann könnten in den jeweiligen Kommissionen beider Räte jeweils gleichlautende Motionen eingereicht werden, die anders als Postulate für den Bundesrat verpflichtend sind. So hat das Parlament beispielsweise während der Coronakrise reagiert – und konnte so trotz Notrecht die Zügel wieder vermehrt in die Hand nehmen. Das ist hier offensichtlich aber nicht passiert.
Wohl vor allem über Grundsätzliches und dann konkret über die dringlichen Nachtragskredite, welche der Bundesrat zuhanden der Schweizerischen Nationalbank (100 Milliarden) und der UBS (9 Milliarden) bereits gesprochen hat.
Während die erste Summe mithelfen soll, die Credit Suisse zu stützen, gilt die tiefere Summe als Absicherung für die Käuferin. Bevor sie diese «Versicherung» des Bundes anzapfen kann, muss die UBS die ersten 5 Milliarden jedoch selber berappen.
Falls diese insgesamt 14 Milliarden Franken nicht reichen sollten, um allfällige – laut Bundesrat eingegrenzte – Defizite aus CS-Altlasten zu decken, müsse die Situation neu verhandelt werden, wie Finanzministerin Karin Keller-Sutter gegenüber Radio SRF sagte. Sprich: Die Rettung der Credit Suisse kann durchaus noch teurer werden.
Doch. Die Finanzdelegation der Eidgenössischen Räte (FinDel) hat bereits am Sonntagabend, bevor Bundesrat, Nationalbank, Aufsicht und die betroffenen Banken die Öffentlichkeit informiert haben, zum Deal grünes Licht gegeben. In besonders dringenden Fällen kann Geld auch in dieser Grössenordnung ohne Zustimmung des Parlaments gesprochen werden.
Diese Frage ist umstritten. Grundsätzlich können die Räte den Bundeskredit immer noch ablehnen. Allerdings «kommt dies einer politischen Rüge ohne rechtliche Wirkung gleich», schreibt das Eidgenössische Finanzdepartement.
Spielraum haben National- und Ständerat dagegen bei den Rahmenbedingungen für die Kreditverwendung – dies aber auch nur dann, wenn sie damit nicht in «Verpflichtungen gegenüber Dritten» eingreifen.
Rein technisch mag das richtig sein. Beim Kernstück der ausserordentlichen Session nach Ostern ist der Einfluss der beiden Ratskammern tatsächlich klein. Die Nationalrätinnen und Ständeräte werden aber die Gelegenheit nutzen, um der Öffentlichkeit und der Regierung ihre Lösungsansätze für künftige Krisen mitzugeben.
Und allenfalls macht das Parlament trotzdem bereits Nägel mit Köpfen und gleist die Aufarbeitung der CS-Rettung oder sogar schon erste daraus abgeleitete Massnahmen für Gesetzesanpassungen auf. (aargauerzeitung.ch)