Schweiz
Gesellschaft & Politik

Oberster Polizist stellt sich bei Frontex-Abstimmung gegen seine Partei

Warum sich der oberste Polizist bei der Frontex-Abstimmung gegen seine Partei stellt

Bei einem Nein zu Frontex drohe die Schweiz vom europäischen Sicherheitssystem abgehängt zu werden. Das sagt Fredy Fässler, Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren. Der St.Galler Regierungsrat widerspricht damit der Argumentation seiner Partei, der SP.
19.03.2022, 10:05
Stefan Bühler / ch media
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«Wir können nicht die Grenzen im Innern öffnen, ohne die Aussengrenzen zu kontrollieren»: Fredy Fässler stellt sich hinter den Frontex-Ausbau.Bild: keystone

Fredy Fässler zählt zu den einflussreichsten Sicherheits- und Migrationspolitikern der Schweiz. Als Polizeidirektor des Kantons St.Gallen ist er für die Sicherheit eines Grenzabschnittes mitverantwortlich, über den besonders viele Asylsuchende in die Schweiz gelangen. Als Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) sitzt der Sozialdemokrat zudem an einer der wichtigsten Schaltstellen der schweizerischen Sicherheits- und Asylpolitik.

Im Hinblick auf die Abstimmung vom 15. Mai über den Beitrag der Schweiz an den Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex nimmt Fässler nun zum ersten Mal öffentlich Stellung: «Frontex ist ein unverzichtbarer Teil Europas», sagt er:

«Wir können nicht die Grenzen im Innern öffnen, ohne die Aussengrenzen zu kontrollieren.»

Er warnt davor, dass der Bund bei einem Nein zum neuen Frontex-Beitrag seine Mitgliedschaft im Schengen-Verbund aufs Spiel setze: «Dann sind wir von dem Sicherheitssystem der EU abgehängt. Für unsere Polizeiarbeit wäre das hochproblematisch.»

Grundrechtsverletzungen an der Grenze bekämpfen

Fässler stellt sich damit gegen seine Partei, die das Referendum gegen den Frontex-Ausbau unterstützt: Die SP fordert, dass die Schweiz alle zwei Jahre 4000 von der UNO anerkannte Flüchtlinge im Resettlement-Programm aufnimmt, heute liegt das Kontingent bei 1600 Personen.

Ihr Argument: Es brauche für Flüchtlinge einen legalen Weg in die Schweiz, sei diese Bedingung erfüllt, akzeptiere sie den Frontex-Ausbau. Dann ist die SP bereit, diesen im zweiten Anlauf rasch durch die politischen Instanzen zu bringen, wie diese Zeitung am Mittwoch berichtete.

Sozialdemokrat Fässler zeigt sich zwar durchaus offen, die Kontingente für Resettlement-Flüchtlinge zu erhöhen. Und er räumt auch ein, dass es an den EU-Aussengrenzen zu Grundrechtsverletzungen gegen asylsuchende Personen gekommen sei, die mit sogenannten Pushbacks unrechtmässig zurückgewiesen worden seien: «Das müssen wir bekämpfen. Aber wir ändern an den Zuständen an der Aussengrenze nichts, wenn wir mit einem Nein nun Frontex die Mittel entziehen.» Grundsätzlich sei er auch nicht der Ansicht, «dass wir das Elend dieser Welt mit unbegrenzter Migration bekämpfen können», sagt Polizeidirektor Fässler.

Er weist schliesslich auf die europapolitische Komponente der Abstimmung hin:

«Anders als meine Partei glaube ich nicht daran, dass wir mit der EU innert 90 Tagen eine Lösung für den Verbleib bei Schengen finden werden.»

Der Goodwill in Brüssel sei nach dem Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen begrenzt. Und aus Sicht der SP, welche die Annäherung an die EU im Parteiprogramm habe, sei seiner Meinung nach das Nein zur Frontex-Vorlage «schwer zu erklären». (aargauerzeitung.ch)

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