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Wie es dazu kam, dass sich die USA und die Ukraine in Genf treffen

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Gabriel Lüchinger, Leiter internationale Sicherheit des Aussendepartements, spricht auf dem Bürgenstock mit Ukraines Präsident Wolodimir Selenski.Bild: KEYSTONE

Wie es dazu kam, dass sich die USA und die Ukraine in Genf treffen

In Genf trafen sich überraschend Vertreter der USA und der Ukraine für Friedensgespräche - auf Initiative beider Seiten. Und mit diskretem Einsatz des Schweizer Sondergesandten Gabriel Lüchinger.
23.11.2025, 19:4923.11.2025, 19:49
Othmar von Matt / ch media

Zunächst hielt die ukrainische Delegation am Sonntag ein Treffen ab mit Delegationen aus Grossbritannien, Frankreich und Deutschland. Angeführt von Wolodimir Selenskis Stabschef Andrij Jermak traf sie deren nationale Sicherheitsberater Jonathan Powell, Emmanuel Bonne und Günther Sauter.

In einem zweiten Treffen sprach die ukrainische Delegation dann mit der US-Delegation, angeführt von Aussenminister Marco Rubio. Dieser ist gleichzeitig nationaler Sicherheitsberater der USA. Rubio und Jermak sind zentrale Figur in ihren Staaten.

Es war Gabriel Lüchinger, der vor Ort den Gastgeber spielte. Das zeigen Recherchen. Er begrüsste die verschiedenen nationalen Sicherheitsberater. Lüchinger ist Leiter der Abteilung für internationale Sicherheit des Aussendepartements.

Die Drähte für das Genfer Treffen laufen bei Lüchinger zusammen. Der Bundesrat hatte ihn am 9. April zum Sondergesandten für die USA ernannt. Sieben Tage, nachdem die Schweiz am 2. April mit 31 Prozent auf Donald Trumps Zollliste aufgetaucht war.

Via Davos und den Bürgenstock nach Genf

Ziel des Bundesrats war es, seine Kontakte in den USA für den Zollstreit zu nutzen. Sie halfen aber auch für das Treffen in Genf. Zentral ist dafür das internationale Netzwerk der nationalen Sicherheitsberater. Hier hat Lüchinger bemerkenswerte Vorarbeiten geleistet. Das begann mit einem Treffen nationaler Sicherheitsberater im Januar 2024 in Davos, einen Tag vor dem WEF. Der Fokus lag auf der Friedensformel der Ukraine. Auch die USA und die Ukraine waren vertreten – mit Jake Sullivan für die Regierung von Joe Biden und mit Selenskis Stabschef Jermak.

Sullivan und Jermak waren ein halbes Jahr später wieder mit von der Partie, als am 15. und 16. Juni die Bürgenstock-Konferenz mit 57 Staats- und Regierungschefs stattfand. Auch hier spielte Lüchinger eine wichtige Rolle.

Am 20. Januar 2025 folgte die Zäsur in den USA: Donald Trump löste Joe Biden als Präsident ab. Damit trat auch Sullivan ab. Trump ernannte Marco Rubio zum Aussenminister und zum Sicherheitsberater.

Lüchinger gelang es relativ schnell, einen Draht in Rubios Lager aufzubauen. Am 20. März um 10.15 Uhr hatte er einen Termin bei Louis L. Bono. Dieser war in der Trump-Regierung zum leitenden Beamten im Büro für europäische und eurasische Angelegenheiten in Rubios  Aussenministerium geworden. Ende April gab er diese Funktion ab.

Knapp vier Monate später war Lüchinger am 6. August Teil der Delegation um Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirschaftsminister Guy Parmelin, die sich in Washington mit US-Aussenminister Marco Rubio traf – wegen des Zollstreits.

Swiss President Karin Keller-Sutter, center, Swiss federal councillor Guy Parmelin, 2nd left, and Gabriel Luechinger, special envoy of the federal council for the USA, left, arrive at the State Depart ...
Gabriel Lüchinger (von links) marschiert mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter zum Treffen mit US-Aussenminister Marco Rubio.Bild: AP

Was das Genfer Treffen betrifft, ist inzwischen klar: Die USA wollten es in der Schweiz. Genauso wie die Ukraine. Das bestätigt Lea Zürcher, die Sprecherin des Aussendepartements: «Beide Seiten wünschten, dass die Schweiz dieses Treffen organisiert, vor allem aufgrund der Rolle des internationalen Genfs und der Neutralität der Schweiz.» Die Schweiz fungiere als «Fazilitatorin und Gastland».

Die Aussenpolitiker zeigen sich hoch erfreut

FDP-Nationalrat Laurent Wehrli, Präsident der aussenpolitischen Kommission, begrüsst es, «dass zwei Staaten, die über Frieden nachdenken, auf der Suche nach einer Lösung ins internationale Genf kommen». Er betont: «Friedenssuche und Gute Dienste gehören zur DNA der Schweiz. Wir haben das ‹Savoir faire› dazu, wissen, wie das funktioniert.» Und er betont: «Einige Stunden Genf können helfen.»

Auch FDP-Ständerat Damian Müller zeigt sich erfreut. «Wenn es um Kernverhandlungen geht im Bereich Frieden und höherer Diplomatie sind Genf und die Schweiz nach wie vor sehr wichtig», sagt der Aussenpolitiker. Es zeige sich nun, «dass die Schweiz bei den USA im Hintergrund stets ein Thema war – nicht nur bei technischen Dossiers wie Zollfragen, sondern auch bei Fragen der Sicherheit und Stabilität.»

Tatsächlich ging in den letzten Monaten ob des Zollstreits vergessen, dass die USA die Schweiz 2025 bereits einmal für hochrangige Verhandlungen ausgewählt hatten: Am 12. Mai gelang ein erster Durchbruch im Zollstreit zwischen China und den USA in Genf. (aargauerzeitung.ch)

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