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Gewählt, nicht gewählt, gewählt – Kurioses aus dem Kanton Thurgau

Gewählt, nicht gewählt, gewählt – Kurioses aus dem Kanton Thurgau

08.04.2024, 12:3908.04.2024, 14:56
Ralph Steiner
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Es war das Kuriosum an der gestrigen Grossratswahl im Kanton Thurgau. Die SP jubelte über vier zusätzliche Sitze im Parlament, bei einem davon war zunächst jedoch nicht klar, an wen er ging.

Der Grund: Sandrine Nikolic-Fuss und Monika Böhi erhielten im Bezirk Münchwilen exakt gleich viele Stimmen – je 1370. watson erreicht Nikolic-Fuss tags darauf am Telefon. «Zuerst habe ich mich mit Waltraud ‹Traudi› Schönegger gefreut, wir belegten die ersten beiden Plätze. Zwei SP-Sitze in Münchwilen aufs Mal, das hat es, glaube ich, noch nie gegeben.» Sie habe vor lauter Interviews nicht mal Zeit gefunden, ihren Mann anzurufen, so Nikolic-Fuss.

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Sandrine Nikolic-Fuss.Bild: Severin Bigler

Schönegger kandidierte auf Listenplatz 1 und erzielte 1551 Stimmen, Nikolic-Fuss auf Listenplatz 2, Böhi auf Listenplatz 3.

«Man sah zunächst nur, wer die Sitze erhält. Das waren Waltraud Schönegger und ich. Eine halbe Stunde später kam dann die offizielle Meldung, dass zwei Personen die exakt gleiche Stimmenanzahl erzielten und das Los entscheiden werde», so Nikolic-Fuss weiter.

GRAFIK --- Grossratswahlen Kanton Thurgau: Sitzverteilung. Diese Infografik wurde automatisiert vom Schreibroboter Lena erstellt. (KEYSTONE/Lena)
Das Schlussresultat: SP und Mitte legen deutlich zu, SVP, GLP und Grüne verlieren.Bild: keystone

Die Auslosung fand gleich am Abend des Wahlsonntags statt, gezogen wurde der Name von Sandrine Nikolic-Fuss. «Es war eine Achterbahn der Gefühle, aber im positiven Sinne.» Trotz allem sei sie den ganzen Tag sehr entspannt gewesen, so Nikolic-Fuss. «Wir hofften auf einen zweiten SP-Sitz in Münchwilen, aber ganz ehrlich: Ich habe nicht wirklich daran geglaubt.»

Und wie geht es Monika Böhi, die die Wahl ins Kantonsparlament auf die knappstmögliche Art und Weise verpasst hat? «Das ist natürlich fies und schade», sagt die Sozialarbeiterin am Telefon. «Zunächst freute ich mich über die vielen Stimmen, die ich erhalten habe, jetzt im Nachhinein ist es natürlich bitter.»

«Das ist natürlich fies und schade.»
Monika Böhi

Als das Unentschieden zwischen den beiden SP-Frauen klar wurde, war Böhi nicht mehr vor Ort. «Ich war zu Beginn im Wahlzentrum, musste dann aber gehen, weil wir am Abend den Zirkus Knie besuchten.» Böhi wurde am Telefon informiert.

Monika Böhi.
Monika Böhi.bild: zvg

Im Moment helfe ihr der Alltag, das knappe Resultat zu verarbeiten. «Beruf, Kinder, Familie, es geht weiter.» Mit Nikolic-Fuss habe sie sich mittels Kurznachrichten bereits ausgetauscht, «wir werden sicher noch telefonieren». Auch werde sich Böhi weiter politisch engagieren. «Ob ich in vier Jahren nochmals zur Wahl antreten werde, weiss ich jetzt jedoch noch nicht.»

So informiert der Kanton Thurgau
Bei den Grossratswahlen am Sonntag hat die Sozialdemokratische Partei (SP) im Bezirk Münchwilen mit der Liste 5 zwei Sitze errungen. Auf dem zweiten Platz haben Sandrine Nikolic-Fuss, Bettwiesen, und Monika Böhi, Wilen, mit 1'370 Stimmen die gleiche Stimmenzahl erlangt.

Bei Stimmengleichheit von zwei Kandidierenden für einen einzigen zu besetzenden Sitz legt das Gesetz über das Stimm- und Wahlrecht fest, dass die Betroffenen eine Verzichtserklärung abgeben können oder dass anschliessend ein Losentscheid erfolgt. Vorliegend hat das Los entschieden, dass die Wahl auf Sandrine Nikolic-Fuss fällt. Somit rückt Monika Böhi mit dem dritten Platz auf den ersten Ersatzplatz der Liste 5 (SP).

Auch für die Thurgauer SP-Kantonalpräsidentin Marina Bruggmann war das Patt ein Novum. «So etwas habe ich noch nie erlebt, das gibt es nur ganz selten.» Sie freue sich nun vor allem über den zusätzlichen Sitz in Münchwilen, «ein Top-Resultat».

Und wie geht es weiter für die frisch gewählte Sandrine Nikolic-Fuss? «Ich bin völlig überrascht, völlig überwältigt, freue mich jetzt aber mega. Ich realisierte: Jetzt muss ich all die Sitzungen irgendwie in meinen bereits proppenvollen Kalender reinkriegen.»

«Ich bin völlig überrascht, völlig überwältigt, freue mich jetzt aber mega.»
Sandrine Nikolic-Fuss

Nikolic-Fuss hat in Geschichte promoviert und fliegt seit fast 25 Jahren als leitende Flight Attendant für die Swiss um die Welt. Zudem ist sie Präsidentin der Kabinengewerkschaft Kapers und kämpft so seit Jahren für bessere Arbeitsbedingungen.

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47 Kommentare
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Bits_and_More
08.04.2024 12:44registriert Oktober 2016
Auch im Bezirk Frauenfeld hatten 2 Kandidaten gerade mal eine Stimme Unterschied, und derjenige mit einer mehr wurde gewählt, der andere nicht.

Zeigt aber schön auf, dass bei solchen Wahlen jede Stimme zählt.
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Hundshalter Leno
08.04.2024 14:31registriert September 2023
Gab es doch 2011 bei den Nationalratswahlen auch. Marco Romano und Monica Duca hatten exakt gleich viel Stimmen. Also musste das Los entscheiden. Erst wurde Monica Duca gezogen. Weil dies allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemacht wurde (oder lag ein Formfehler vor?) musste das Procedere wiederholt werden. Diesmal mit dem besseren Ausgang für Romano.

Das stelle ich mir noch heftiger vor. Erst wirst du informiert «gratuliere, du bist im Nationalrat» und dann später «ou hoppla sorry gäu».
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