Der Bundesrat hatte in den letzten Jahren schwere Zeiten zu bewältigen – unter anderem stellten das Coronavirus, der Ukraine-Krieg und die Energie-Krise die Schweizer Landesregierung vor Herausforderungen.
Dabei machte der Bundesrat nicht immer eine gute Falle: Wie eine repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo gemeinsam mit dem «SonntagsBlick» zeigt, gibt die Schweizer Bevölkerung der Politik ein durchzogenes Zeugnis. Das sind die wichtigsten Punkte.
Ein Grossteil der Schweizerinnen und Schweizer ist der Ansicht, dass die sieben Bundesratsmitglieder derzeit nicht gut zusammenarbeiteten. So antworteten fast zwei Drittel (64 Prozent) auf eine solche Frage mit «Nein» oder «Eher Nein». Für ein deutliches «Ja» sprachen sich hingegen nur neun Prozent der Bevölkerung aus, immerhin 17 Prozent sagten «Eher Ja».
Wie ein Bericht der «NZZ am Sonntag» zeigt, täuscht dieser Eindruck nicht. So soll im Bundesrat derzeit ein intensiver Konkurrenzkampf herrschen – auch innerhalb der einzelnen Parteien. So soll es sowohl zwischen den beiden FDP-Politikern Ignazio Cassis und Karin Keller-Sutter als auch zwischen den SP-Vertretern Alain Berset und Simonetta Sommaruga nicht besonders harmonisch zu und hergehen.
Der bei der Bevölkerung festgestellte fehlende Zusammenhalt soll zudem an einem in dieser Form noch nie dagewesenen Wahlkampf liegen. Die sieben Mitglieder sollen sich stark darum bemühen, ihre Position zu verteidigen, was ebenfalls zu Auseinandersetzungen führte. Gemäss der «NZZ am Sonntag» soll es im Bundesrat zu einem Streit gekommen sein, wer die Botschaft der neuen Russland-Sanktionen verkünden dürfe. Gemäss Insidern soll deshalb gar eine Sitzungspause nötig gewesen sein. Wirtschaftsminister Guy Parmelin soll dann bei der Verkündung gefehlt haben, weil Verteidigungsministerin Viola Amherd den Auftritt unbedingt gesucht haben soll.
Bei der Sotomo-Umfrage wurden auch die Bundesrats-Mitglieder einzeln benotet. Hier zeigte sich ebenfalls kein besonders gutes Bild für die Landesregierung: Von den sieben Mitgliedern kam einzig Karin Keller-Sutter auf eine genügende Note – gerade noch mit einer 4,0. Damit blieb sie knapp vor Guy Parmelin (3,9) und Viola Amherd (3,8). Ziemlich deutlich auf dem letzten Platz landete Bundespräsident Ignazio Cassis. Für den Tessiner FDP-Politiker setzte es nur eine 3,2 ab.
Auffällig ist auch, wie unterschiedlich die Bundesrätinnen und Bundesräte in verschiedenen Teilen der Schweiz wahrgenommen werden. So lagen bei drei Mitgliedern die Bewertungen in der Deutschschweiz und in der Romandie um eine halbe Note oder mehr auseinander.
Am grössten war dieser Unterschied bei Ueli Maurer. Der Zürcher SVP-Bundesrat verpasste in der Deutschschweiz eine genügende Note nur knapp (3,9), bekam in der Romandie dafür nur eine 3,3 und damit die tiefste Note überhaupt. Ähnlich ist die Situation bei Viola Amherd – wie bei Maurer gab es auch für sie in der Deutschschweiz eine 3,9, in der Romandie eine 3,4.
Umgekehrt ist das Bild bei Simonetta Sommaruga. Die SP-Bundesrätin erhielt in der Deutschschweiz nur gerade eine 3,3, was nach der 3,1 von Ignazio Cassis der zweitschlechteste Wert überhaupt ist. In der Romandie gab es für sie hingegen eine 3,8, womit sie gemeinsam mit Guy Parmelin hinter Karin Keller-Sutter liegt.
Die Umfrage zeigt auch, dass die Schweizer Bevölkerung nicht mit der parteipolitischen Zusammensetzung des Bundesrats zufrieden ist. 62 Prozent der Leute sind der Ansicht, dass die aktuelle Zauberformel (zwei Sitze für SVP, SP und FDP, einer für die Mitte) verändert werden sollte.
Unklar bleibt hingegen, wie die gewünschte neue Zusammensetzung aussehen soll. Nach dem Erfolg der Grünen und den Verlusten von SP und FDP bei den letzten Parlamentswahlen wurde danach gefragt, ob die Grünen einen der Plätze der anderen Parteien übernehmen sollen – dieser Vorschlag wurde allerdings abgelehnt. 62 Prozent der Befragten spricht sich gegen einen FDP-Sitz für die Grünen aus, gar 64 gegen einen Sitz anstelle der SP. Auch eine Erweiterung auf neun Bundesratssitze ist für das Schweizer Volk keine gute Option: 66 Prozent lehnen diese Idee ab.
Bei der Umfrage wurde zudem ermittelt, welche ehemaligen Bundesrätinnen und Bundesräte dem Gremium als Persönlichkeiten derzeit am meisten fehlen. Dabei gab es einen klaren Sieger – den ehemaligen SVP-Bundesrat Adolf Ogi mit 54 Prozent.
Damit kam der Berner Oberländer auf doppelt so viele Stimmen wie Parteikollege Christoph Blocher, der mit 27 Prozent Rang zwei belegt. Komplettiert wird das Podest von Doris Leuthard. Die ehemalige CVP-Bundesrätin wurde von 23 Prozent der Befragten genannt.
(dab)
Schönwetter Politiker???