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Parlament diskutiert über besseren Schutz für arbeitslose werdende Mütter

FILE - A pregnant woman stands for a portrait in Dallas, May 18, 2023. (AP Photo/LM Otero, File)
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Der Ständerat debattiert über bessern Schutz für arbeitslose Schwangere.Bild: keystone

Parlament diskutiert über besseren Schutz für arbeitslose, werdende Mütter

Als einziges Land in Europa kennt die Schweiz keinen Mutterschutz vor der Geburt. Arbeitslose Schwangere können deshalb ihren Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung verlieren. In der laufenden Session kommt das Thema ins Parlament. Das Wichtigste in 6 Punkten.
09.09.2025, 13:2309.09.2025, 13:23
Christoph Bernet / ch media
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Darum geht es:

Diese Session berät der Ständerat einen Vorstoss von Flavia Wasserfallen (SP/BE). Sie fordert in einer Motion, Lücken im Mutterschutz zu schliessen. Konkret verlangt sie erstens, dass werdende Mütter während der Schwangerschaft nicht mehr ausgesteuert werden dürfen. Sie sollen künftig also ihren Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht mehr verlieren. Zweitens sollen Schwangere mehr Taggelder aus der Arbeitslosenversicherung (ALV) erhalten, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig sind.

So ist die Situation heute

Im Gegensatz zu allen anderen EFTA- und den EU-Staaten kennt die Schweiz keinen Mutterschutz vor der Geburt. Dieser beginnt hier erst mit der Geburt des Kindes. Ab dann haben Frauen einen gesetzlichen Anspruch auf 14 Wochen Mutterschaftsurlaub. Während diesem erhalten sie 80 Prozent ihres bisherigen Verdiensts, finanziert durch die Erwerbsersatzordnung (EO).

In der Realität kommt es jedoch bei rund 80 Prozent der Schwangeren zu Unterbrüchen in der Erwerbsarbeit, die im Schnitt rund sechs Wochen dauern. In den letzten zwei Wochen vor der Geburt sind knapp 70 Prozent der Schwangeren krankgeschrieben.

Wer in einem regulären Anstellungsverhältnis steht, für den gilt während der Schwangerschaft ein Kündigungsschutz und – bezüglich Höhe und Länge abhängig von der Anzahl Dienstjahren – eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.

So ist die Situation für arbeitslose Schwangere

Anders ist die Lage bei arbeitslosen Schwangeren. Sie haben nur während 30 Tagen Anspruch auf vollständige Taggelder der Arbeitslosenversicherung. Diese sind bei gesundheitlichen Problemen während der Schwangerschaft rasch aufgebraucht. Dann werden sie ausgesteuert – und verlieren dadurch auch den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung nach der Geburt.

So viele sind davon betroffen

Die Bundesverwaltung ermittelte die Anzahl Frauen, die von der Problematik betroffen sind. Gemäss Schätzungen wurden im Jahr 2022 508 Frauen während der Schwangerschaft von der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert. Hätte man ihnen allen zusätzliche Taggelder bis zur Geburt des Kindes ausbezahlt, hätte dies die Arbeitslosenversicherung 8.2 Millionen Franken gekostet. Das entspricht 0,12 Prozent der gesamten ALV-Ausgaben.

So argumentiert Flavia Wasserfallen für den Vorstoss

«Die soziale Absicherung für schwangere Frauen ist ungenügend.», sagt die Berner Ständerätin. Dass jährlich rund 500 Frauen ausgesteuert und so auch den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung verlieren, sei stossend. Die Politik fordere sowohl das Kinderkriegen als auch die Erwerbstätigkeit von Müttern. Doch schwangere Frauen, die unverschuldet in die Arbeitslosigkeit geraten seien, würden alleine gelassen. Sie fordere mit ihrer Motion keinen Ausbau des Sozialstaats, betont Wasserfallen: «Ich möchte lediglich eine Lücke schliessen.» Die Mehrkosten im Promillebereich des Budgets könne die Arbeitslosenversicherung problemlos decken.

Flavia Wasserfallen, SP-BE, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 4. Juni 2025 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Til Buergy)
Ständerätin Flavia Wasserfallen (SP/BE): «Ich möchte lediglich eine Lücke schliessen.»Bild: keystone

So argumentieren Bundesrat und Gegner

In seiner Antwort auf die Motion bezeichnet der Bundesrat sowohl das Verbot einer Aussteuerung während der Schwangerschaft als auch die Verlängerung des Anspruchs auf Taggelder als «eine der Arbeitslosenversicherung fremde Konzeption». Für die Mehrheit der Betroffenen bestehe bereits heute ein weitreichender Schutz. Auch die bürgerliche Mehrheit der vorberatenden Kommission lehnte Wasserfallens Motion mit der Begründung ab, das geltende Recht sei ausreichend.

So geht es weiter

Lehnt eine Mehrheit des Ständerats die Motion ab, ist das Geschäft erledigt. Stimmt die kleine Kammer zu, wird sich anschliessend der Nationalrat damit befassen. (aargauerzeitung.ch)

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11 Kommentare
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Ichwillauchwassagen
09.09.2025 13:56registriert Mai 2019
Also werden solche Frauen in die Soz-Versicherung abgeschoben und verlieren dadurch wenn es hoch kommt dann noch Beitragsjahre in AHV und Pensionskasse.
Also werden die fast sicher EL brauchen nach der Pensionierung.
Sehr nett von uns aber heh, Hauptsache wir lassen keine Bank pleite gehen, dafür hat es Geld im Überfluss.
Die sollten eigentlich EO kriegen, die gebähren ja junge Soldat-innen.
Und meines Wissens ist da der Topf voll
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