In der Schweiz bezahlen die Frauen 7,7 Prozent Mehrwertsteuer auf Damenhygieneartikel. Das ist mehr als auf Lebensmittel, Medikamente, Zeitungen und Bücher. Letztere gelten als Produkte des täglichen Bedarfs – Binden und Tampons nicht.
Frauenrechtsorganisationen haben die aktuelle Regulierung immer wieder scharf kritisiert, sie argumentieren, dass Tampons und Binden auch in die Kategorie des täglichen Bedarfs fallen würden und sie somit günstiger sein sollten für Konsumentinnen.
Das sieht auch die SP-Politikerin Regula Müller, die im Luzerner Grossstadtrat sitzt, so: «Wir müssen aufhören, dieses Thema zu tabuisieren. Für mich ist in dieser Diskussion hauptsächlich eines wichtig: Man soll anerkennen, dass wir Frauen es uns nicht aussuchen zu menstruieren. Die Hygieneartikel werden monatlich benötigt, wir sind darauf angewiesen. Deshalb sollten sie gratis oder zumindest billiger werden.»
Auf parlamentarischer Ebene wird der Sachverhalt schon länger diskutiert. Deshalb entscheidet heute der Ständerat, ob die Mehrwertsteuer für Damenhygieneartikel reduziert werden soll.
Die Motion, über die der Ständerat abstimmt, wurde im Dezember 2018 vom ehemaligen SP-Nationalrat Jacques-André Maire eingereicht. Ihre Chancen scheinen vielversprechend: Sie wurde bereits vom National- und Bundesrat angenommen. Jetzt müsste nur noch der Ständerat zustimmen, doch die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben beantragt, die Motion abzulehnen. Das Thema ist umstritten: Maires erster Vorstoss im Jahr 2016 wurde abgelehnt.
Die SVP und die FDP stellen sich noch immer gegen die Motion. Denn das Mehrwertsteuergesetz sei aktuell schon zu komplex – laut Thomas Burgherr (SVP/AG) würden zusätzliche Ausnahmen den Gesetzgebungsprozess noch mehr erschweren.
Eine Steuerreduktion auf nationaler Ebene würde bedeuten, dass etwa eine Packung Tampons, die heute 3.80 Franken kostet, neu rund 20 Rappen billiger wäre. Auf den ersten Blick scheint das nicht wahnsinnig viel Geld zu sein, aber laut einer Umfrage des RTS geben Frauen während ihres ganzen Lebens bis zu 4500 Franken für Tampons und Binden aus. Das heisst, sie könnten mit einer Mehrwertsteuerreduktion rund 200 Franken sparen.
Müller sagt: «Das ist für einige Menschen nicht viel Geld. Aber für junge Menschen und Personen, die wenig verdienen, können auch ein paar Rappen schon einen Unterschied machen.»
Während gesamtschweizerisch über die Mehrwertsteuer diskutiert wird, steht die Stadt Luzern an einem anderen Punkt. Dort hat Müller mit einem Postulat bereits durchgebracht, dass Tampons und Binden an Luzerner Schulen bald gratis abgegeben werden.
Auf die Frage hin, weshalb ihr diese Angelegenheit wichtig ist, sagt sie: «Für mich ist das logisch, dass es auf einer Damentoilette gratis Tampons und Binden hat – so wie Toilettenpapier zur Verfügung steht. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein.»
Während das Schweizer Parlament über die Reduzierung der Mehrwertsteuer diskutiert, sind andere Länder schon weiter: Australien, Kanada, Irland, Indien, Kenia, Libanon, Nicaragua, Nigeria und Tansania haben die Mehrwertsteuer für Tampons und Binden gänzlich abgeschafft.
Doch werden die Tampons für die Konsumentinnen wirklich billiger? Das Beispiel von Deutschland zeigt, dass das nicht unbedingt der Fall ist. Die Mehrwertsteuer auf Damenhygieneartikel wurde zu Beginn von 2020 reduziert. Aber laut verschiedenen Medienberichten haben die Hersteller den Preis von Menstruationsprodukten zeitgleich erhöht. Als Grund für die Preiserhöhung hat beispielsweise Johnson & Johnson die verbesserte Qualität der Produkte genannt.
Alex von Hettlingen vom Schweizer Konsumentenschutz ist skeptisch: «Steigende Vorleistungs- und Produktionskosten – wie eben auch Steuern – werden immer sehr schnell und konsequent durch Preiserhöhungen kompensiert. Kostensenkungen führen demgegenüber nach unserer Erfahrung oft nicht, nur teilweise oder nur mit grosser Verzögerung zu tieferen Preisen.»
Er fügt an: «Falls der Mehrwertsteuersatz gesenkt wird, werden wir die Entwicklung der Preise der Damenhygieneartikel aber überwachen und medial begleiten.»
Hersteller erhöht den Preis zeitgleich um -.20, wegen 'steigender Produktionskosten'.
Ein Schelm, wer Böses denkt...