Schweiz
Gesellschaft & Politik

Juso-Initiative für Erbschaftssteuer: Gegner warnen

Gegner warnen vor Juso-Initiative für Erbschaftssteuer

07.10.2025, 14:0007.10.2025, 15:23

Die Juso-Initiative für eine Erbschaftssteuer ab einem Freibetrag von 50 Millionen Franken würde starke Steuerzahler vertreiben und zahlreiche Familienunternehmen gefährden: Mit diesen Argumenten tritt ein Nein-Komitee gegen die Abstimmungsvorlage vom 30. November an.

Stempel mit Aufschrift Erbschaftssteuer *** Stamp with Inscription Inheritance tax 1045601545
Am 30. November stimmt das Schweizer Stimmvolk über die Erbschaftssteuer ab. (Symbolbild)Bild: www.imago-images.de

Über die Initiative «für eine soziale Klimapolitik - steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)» wird am 30. November abgestimmt. Sie verlangt, dass Erbschaften und Schenkungen in Höhe von über einem Freibetrag 50 Millionen Franken mit fünfzig Prozent besteuert werden.

Die Mittel aus der nationalen Erbschaftssteuer müssten Bund und Kantone in den Klimaschutz investieren. Eine bürgerliche Nein-Allianz aus SVP, FDP, Mitte, GLP und mehreren Verbänden wehrt sich gegen das Vorhaben. Dieses schaffe nur Verlierer. Am Dienstag stellte die Allianz in Bern ihre Argumente vor.

«Enteignungsinitiative»

FDP-Parteipräsident und Ständerat Thierry Burkart (AG) sprach von einer «verdeckten SP-Initiative», da von der Spitze der SP unterstützt. «Wir nennen sie schlicht Enteignungsinitiative», sagte er. Gerade Familienunternehmen würde die geforderte Erbschaftssteuer zum Verkauf zwingen, möglicherweise ins Ausland.

Thierry Burkart, Staenderat FDP-AG, spricht waehrend einer Medienkonferenz der ueberparteilichen Allianz "NEIN zur extremen Juso-Initiative" (Volksinitiative fuer eine soziale Klimapolitik - ...
FDP-Parteipräsident Thierry Burkart.Bild: keystone

Denn die höchsten Vermögen lägen oft bei Inhabern und Inhaberinnen von Unternehmen, führte Burkart aus. Gehe ein Familienbetrieb an die nächste Generation über, befinde sich das geerbte Vermögen im Betrieb und stehe den Erben nicht in bar zur Verfügung. Die Steuer zwinge Firmenerbinnen und -erben zum Verkauf.

Das könne zu Stellenverlusten oder einer Abwanderung ins Ausland führen, gab auch Sidney Kamerzin (Mitte/VS) zu bedenken. Die Verwurzelung eines Betriebs in einer Region fiele dahin. Kamerzin befürchtet zudem, dass die Erbschaftssteuer künftige Unternehmer und Unternehmerinnen sowie Investoren davon abhalten könnte, eine Firma zu gründen oder in einen Betrieb zu investieren.

Weniger Geld für Energiewende

Die Initiative würde zu Steuererhöhungen für private Haushalte und zum Verlust von Arbeitsplätzen führen, machte die Allianz zudem geltend. Denn zurzeit bezahle das reichste Prozent über 40 Prozent der Bundessteuer und fast 53 Prozent der Vermögenssteuern. Diese Ausfälle müssten nach Wegzügen kompensiert werden.

Die Nein-Allianz bezifferte die Ausfälle mit bis zu 3,7 Milliarden Franken im Jahr. Dass sehr Reiche wegen höherer Steuern abwandern könnten, zeigen laut der Allianz Beispiele aus dem Ausland.

Dass eine Erbschaftssteuer Klimaschutz und Energiewende voranbringen könnte, mag die Gegnerschaft nicht gelten lassen. Ohne die stärksten Steuerzahlenden fehlten die Mittel für Forschung und für neue Technologien, sagte Nationalrätin Céline Weber (GLP/VD).

Celine Weber, GLP-VD, spricht waehrend der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 19. September 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
GLP-Politikerin Céline Weber,Bild: keystone

Sie ärgerte sich darüber, dass mit der Initiative das Klima instrumentalisiert werde. Das Begehren werde kein einziges Kilogramm CO2-Ausstoss einsparen.

Progressives Steuersystem

Bund und Kantone verfügten bereits über wirkungsvolle Gesetze und Massnahmen, um den Klimawandel zu bekämpfen, fügte die Obwaldner SVP-Nationalrätin Monika Rüegger hinzu. Zusätzliche Steuern seien nur sinnvoll, wenn sie als Lenkungsabgabe konzipiert seien. Doch die von den Juso verlangte Erbschaftssteuer sei vom Verhalten unabhängig.

Das Schweizer Steuersystem sei bereits sozial ausgestaltet, sagte Rüegger. «Wegen der Progression zahlt, wer mehr verdient, nicht nur absolut, sondern auch prozentual mehr ein.» Die Vermögenssteuer sei dank hoher Freibeträge faktisch eine Reichensteuer. Erst grosse Nettovermögen würden besteuert und mit steigenden Sätzen.

Verunsicherung spürbar

Burkart kritisierte, dass die «Enteignung» sofort nach einem Ja gelten solle, noch bevor Bundesrat und Parlament sie umgesetzt hätten. Trotz Klarstellungen des Bundesrates zur Rückwirkung der Initiative gebe es Verunsicherung.

Dennoch habe er von Unternehmen gehört, die das Risiko nicht tragen wollten, in der Schweiz zu bleiben, sagte Burkart. «Der Kollateralschaden ist bereits angerichtet», fügte Rüegger hinzu. Die Kantone hätten bereits erfahren, dass Gutbetuchte heute zögerten, vom Ausland in die Schweiz zu ziehen. (sda)

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90 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Puki
07.10.2025 14:34registriert August 2019
Die Initiative kann man gut finden oder auch nicht. "Spannend" sind aber einmal mehr die politischen Wendehälse.

"...zu Steuerausfällen von bis zu 3,7 Milliarden Franken im Jahr führen. Derartige Verluste seien angesichts der Bundesdefizite nicht verkraftbar."

Vor nicht einmal einem Monat hatte die SVP auf ihrer Homepage folgendes Statement bezüglich Eigenmietwert aufgeschaltet:

"Für Bund, Kantone und Gemeinden sind diese max. 2 Milliarden Verluste ohne Mühe aufzufangen. Dieser Betrag bedeutet nur ca. 1% der gesamten Finanzhaushalte, wir bewegen uns also im Bereich der Budgetungenauigkeit."
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SpitaloFatalo
07.10.2025 14:22registriert März 2020
Wäre ich reich und betroffen, nie würde ich gelassener auf eine Initiative blicken als hier. 30% Ja-Anteil wären ein Mega-Erfolg für die Initianten.
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Pafeld
07.10.2025 14:22registriert August 2014
Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Initiative im Fall einer Annahme von der bürgerlichen Mehrheit 1:1 umgesetzt wird, ist in etwa ähnlich hoch, wie das Trump morgen aufgrund seiner Verfehlungen von allen Ämter zurücktritt. Und die Wahrscheinlichkeit, dass die Juso mit einem Umsetzungsreferendum Erfolg hat, wenn sich das Parlament zu einer brauchbaren, nationalen Erbschaftssteuer durchgerungen hat, ist nahezu gleich null. Aber diese einmalige Gelegenheit, das Parlament zum Ausarbeiten einer nationalen Erbschaftslösung zu zwingen, sollte man sich kaum entgehen lassen.
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