Schweiz
Gesellschaft & Politik

Nationalrat verunglimpft Keller-Sutter mit Fake-Bild

Bankräuberin mit Pistole: Nationalrat verunglimpft Keller-Sutter mit Fake-Bild

Ein Tessiner Lega-Blatt stellt Finanzministerin Karin Keller-Sutter als Räuberin mit Waffe am Anschlag dar. Nun könnten rechtliche Konsequenzen drohen.
03.02.2025, 15:04
Lea Hartmann / ch media
Mehr «Schweiz»

«Wir lassen uns nicht ausrauben!» – Die Sparpläne des Bundesrats lassen beim Tessiner Lega-Nationalrat Lorenzo Quadri die Sicherungen durchbrennen. Quadri ist Verleger und Chefredaktor der Tessiner Wochenzeitung «Il Mattino della Domenica», Parteiblatt der Lega. In einem Kommentar in der jüngsten Ausgabe empört er sich über das Vorhaben des Bundesrats, die Steuern auf Kapitalbezüge aus der zweiten und dritten Säule zu erhöhen.

Lorenzo Quadri, Lega-TI, spricht an der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 7. Maerz 2018 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Der Tessiner Lega-Nationalrat Lorenzo Quadri tut seine politischen Ansichten auch als Verleger und Chefredaktor einer Wochenzeitung kund.Bild: KEYSTONE

Doch es bleibt nicht bei aufgebrachten Worten. Auf der Titelseite prangt gross eine Bildmontage. Darauf abgebildet: Bundespräsidentin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter, die einem Rentner, der am Bancomaten gerade Geld abheben will, die Pistole in den Rücken hält.

Persönlichkeitsrechte verletzt?

Die Finanzministerin als Räuberin: Es ist eine happige Darstellung – und sie könnte juristische Folgen für den Lega-Nationalrat und Luganeser Stadtrat Quadri haben.

Keller-Sutters Finanzdepartement (EFD) will nicht sagen, ob man plant, rechtlich gegen die Montage vorzugehen. «Das EFD kommentiert diese Darstellung nicht. Sie spricht für sich selber», sagt Sprecher Pascal Hollenstein. Es ist davon auszugehen, dass man zuerst abklärt, wie die Chancen auf einen juristischen Erfolg stehen, ehe man allenfalls Anzeige einreicht.

Anwalt spricht von «Tabubruch»

Diese könnten intakt sein. Anwalt Martin Steiger, spezialisiert unter anderem auf Medienrecht und Recht im digitalen Raum, spricht von einem «Tabubruch». Die Montage – auch wenn sie eindeutig als solche erkennbar ist – könnte Keller-Sutters Persönlichkeitsrechte verletzen, schätzt er ein. Eindeutig sei die Verletzung des Rechts am eigenen Bild.

Keller-Sutter Quadri Il Mattino
Karin Keller-Sutter mit Pistole: Die Bildmontage ist zwar eindeutig, aber trotzdem rechtlich heikel.screenshot: il mattino

Doch Steiger gibt auch zu bedenken, dass in solchen Fällen immer eine Abwägung gemacht werden muss, ob man sich wirklich auf eine juristische Auseinandersetzung einlassen will. «Es ist eine schwierige Diskussion: Wie viel muss sich eine Bundesrätin gefallen lassen?»

Nur Keller-Sutter kann handeln

Da es sich bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen um sogenannte Antragsdelikte handelt, müsste Keller-Sutter selbst eine Anzeige einreichen. Strafrechtlich hingegen wären die Hürden sehr hoch für einen erfolgreichen Strafantrag, sagt Steiger: «Die Voraussetzungen für eine Ehrverletzung oder einen Identitätsmissbrauch dürften nicht gegeben sein.»

Nationalrat Lorenzo Quadri, studierter Jurist, reizt mit seiner Zeitung nicht zum ersten Mal die Grenzen des rechtlich Zulässigen aus. 2016 beschimpfte sein Blatt die Richter des Bundesstrafgerichts übel, weil sie einen Dschihadisten aus seiner Sicht viel zu milde bestraft hatten. In einer Petition wurde Quadri daraufhin aufgefordert, sich für die Entgleisung zu entschuldigen. Das tat er nicht – gab aber zu, dass er möglicherweise «zu weit gegangen» sei. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
45 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
St. Holmenolmendolmen
03.02.2025 20:12registriert Mai 2015
Bundesrat mit 230'000 Ruhegehalt will Bezüge aus Vorsorge voll besteuern, und lässt verlauten diese Massnahme ziele gegen Gutbetuchte.
Es ist schwer, derartiges nicht als gestreckten Mittelfinger an die Adresse des Mittelstandes zu interpretieren.
373
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gina3
03.02.2025 18:12registriert September 2023
Na ja- auch def Herr Quadri der lega hat einige Erfahrung darin, “anderen Leuten in die Tasche zu greifen".
Erst platzt er via Twitterx mit einem großen Witz-Mist heraus ... dann entschuldigt er sich, indem er Geld aus der Taschen der Gemeinde Lugano nimmt (also nicht in seine eigenen privaten Taschen), denn trotz seines geschmacklosen Witzes über die Wettervorhersage ... gab es Tote im Maggiatal.
Schämen Sie sich, Herr Quadri, und versuchen Sie erst einmal, selbst sauber zu sein.
202
Melden
Zum Kommentar
avatar
Explorer123
03.02.2025 15:39registriert Februar 2024
Einfach nicht vergessen, dass jeder/jede für seine eigenen Taten, selbst verantwortlich ist (gilt für beide Sichtweisen).
202
Melden
Zum Kommentar
45
    Tochter von in Küsnacht ZH getöteter Ärztin bleibt straffrei

    Das Bundesgericht hat den Freispruch für die Tochter einer in Küsnacht ZH getöteten Ärztin bestätigt. Die Anstiftung zum Mord ist nicht beweisbar. Das Zürcher Obergericht muss sich aber nochmal mit dem mutmasslichen Mörder der Frau befassen.

    Zur Story