Schweiz
Gesellschaft & Politik

Die GLP und die FDP im Duell – wer ist eigentlich liberaler?

GLP und FDP wollen beide liberal sein – in diesen Punkten unterscheiden sie sich

Finanz- und wirtschaftspolitische Themen werden das Wahljahr prägen, sagen die beiden liberalen Parteien. Aber wo liegen ihre Unterschiede?
26.03.2023, 20:1826.03.2023, 21:02
Benjamin Rosch, Chiara Stäheli / ch media
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Wirtschaftspolitik ist wieder schwer en vogue. Die FDP nutzte das Debakel rund um die Rettung der Credit Suisse am Wochenende für eine Inserate-Offensive in verschiedenen Zeitungen, während am Samstag die Grünliberalen ein neues Strategiepapier verabschiedeten. Es sind diese beiden Parteien, die sich am heftigsten um das Label «Wirtschaftspartei» zanken. Ganz besonders in einem Wahljahr, von dem GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy sagt: «Nach zuletzt Ökologie- und Gleichstellungsfragen werden dieses Jahr finanzpolitische Themen dominieren.»

Wessen Partei ist liberaler? GLP-Präsident Jürg Grossen und FDP-Präsident Thierry Burkart.
Wessen Partei ist liberaler? GLP-Präsident Jürg Grossen und FDP-Präsident Thierry Burkart.bild: Keystone / Alexander Wagner

Kein Wunder, steckt FDP-Präsident Thierry Burkart das Terrain ab: «Die Grünliberalen tragen das liberal zwar im Namen und werden dieser Haltung in gesellschaftspolitischen Fragen durchaus gerecht.» Doch bei konkreten wirtschaftspolitischen Vorlagen zeige sich die Partei nicht liberal. «Sie sind eine linke Partei und stimmen daher im Nationalrat in drei Viertel aller Fälle mit den Linken.» Als Beispiel nennt Burkart etwa das Verbot der Tabakwerbung, das die Grünliberalen unterstützt haben.

Höchste Zeit also, die verschiedenen Positionen der beiden Parteien herauszuarbeiten. Nimmt man deren Positionspapiere etwas genauer unter die Lupe, so zeigen sich vor allem in drei Bereichen deutliche Unterschiede.

Beziehungen zur Europa

Es ist vielleicht die grösste Differenz der beiden wirtschaftsnahen Parteien: das Dossier Europa. Kaum vergessen ist die harsche Reaktion von GLP-Präsident Jürg Grossen nach dem Abbruch der Verhandlungen um ein Rahmenabkommen mit der EU: Dies sei «das grösste Armutszeugnis, das ich von unserer Landesregierung je gesehen habe». Die Hauptverantwortung, sagte Grossen damals, trage die FDP.

A Swiss flag, right, and an European flag stand in a room before the working visit from Maros Sefcovic, Vice-President of the European Commission by Swiss Federal Councilor Ignazio Cassis, in Bern, Sw ...
Die GLP wünscht sich eine engere Zusammenarbeit mit Europa.Bild: keystone

Die Grünliberalen wollen eine engere Zusammenarbeit mit Europa. Im neuen Strategiepapier steht der Satz: «Die Integration der Schweiz in den EU-Binnenmarkt wird zu einem zentralen wirtschaftspolitischen Grundsatz.» Dies sei entweder über ein neues Rahmenabkommen oder über einen EWR-Beitritt zu erreichen. Die FDP hingegen schliesst letztere Option aus. Ihr Weg zu Europa führt über weitere Abkommen, wenn möglich sektoriell bei möglichst hoher Autonomie.

Rezepte gegen den Fachkräftemangel

Beide Parteien sind der Meinung, dass der Fachkräftemangel deutlich gelindert werden könnte, wenn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert und steuerliche Fehlanreize beseitigt würden. So setzen sich sowohl FDP als auch GLP für die Einführung der Individualbesteuerung ein. Doch bei der konkreten Ausgestaltung politischer Massnahmen gibt es immer wieder gewichtige Unterschiede. Das zeigt sich exemplarisch am Beispiel der Kita-Vorlage, die der Nationalrat in der Frühlingssession angenommen hat.

THEMENBILD ZUR LANCIERUNG DER KITA-INITIATIVE --- Betreuungspersonal hilft Kleinkindern beim Anziehen der Schuhe und Sonnenschutzkleidung, bevor es zum Spielen in den Aussenbereich der Kita 6a der Sti ...
Bei der Kita-Offensive sind sich FDP und GLP auch nicht einig.Bild: keystone

Weite Teile der FDP lehnten es ab, den Familien mehr Geld für die externe Betreuung ihrer Kinder zukommen zu lassen. Hauptkritikpunkte waren die hohen Kosten für den Bund und die Verteilung der Gelder nach dem Giesskannenprinzip. Die GLP-Fraktion hingegen stimmte der Kita-Offensive einstimmig zu. Kinderbetreuung müsse «substanziell erschwinglicher» werden, damit sich diese positiv auf die Erwerbstätigkeit der Eltern auswirke.

Volkswirtschaft vs. freier Markt

Die Grünliberalen fordern «eine Stärkung des Prinzips tax bads, not goods». Heisst: Was Gesellschaft, Klima und Umwelt schadet, soll stärker besteuert werden, was diesen Bereichen dient, weniger stark. Zudem sollen Anpassungen am Steuersystem nur dann erfolgen, wenn sie sich «volkswirtschaftlich auszahlen» und nicht auf Partikularinteressen ausgerichtet sind. Demgegenüber halten die Freisinnigen in ihrem Positionspapier fest: «Die FDP fordert weiterhin eine massvolle und einfache Einkommenssteuer sowie auch tiefe und einfache Steuern für Unternehmen.»

Die Differenz, die sich hier zwischen den beiden Parteien auftut, zeigte sich mitunter in der Debatte zur Tonnagesteuer auf Seeschiffen. Die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat hat in der Wintersession einem Geschäft des Bundesrats zugestimmt, das vorsieht, dass in der Schweiz ansässige Reedereien künftig nicht mehr nach dem tatsächlichen Gewinn, sondern nach den Ladekapazitäten der Schiffe besteuert werden. Die FDP erhofft sich dadurch die Neuansiedlung von Reedereien in der Schweiz. Die Grünliberalen sehen in der Tonnagesteuer hingegen eine «branchenspezifische Steuersubvention». (aargauerzeitung.ch)

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71 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chris_A
26.03.2023 21:00registriert Mai 2021
Die FDP ist schon lange nicht mehr liberal, sie ist nur noch eine Ansammlung von Lobbyisten die Politik für ihre Geldgeber machen.
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Pafeld
26.03.2023 21:08registriert August 2014
Beim Wählen der FDP muss man sich einfach bewusst sein, dass sie sich zwar intensiver für die Wirtschaft einsetzt, aber sofern man nicht die Verantwortung für ein börsenquotiertes Unternehmen oder mehrere Millionen auf dem Konto hat, man dieser Partei ausserhalb der Wahlkampfphase sowas von sch**ssegal ist. Da wäre die GLP deutlich ausgewogener. Aber den stabilen Block aus Altenheimmänner, der unbelehrbar FDP wählt, weil er das immer so getan hat, wird man mit dieser Wahrheit wohl kaum erreichen, selbst wenn ihm die FDP die Rente komplett streicht und sie trotzdem bis 80 arbeiten lässt.
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Snowy
26.03.2023 21:08registriert April 2016
Mit ein Grund warum ich meistens* GLP wähle.

Früher war es immer eine Partei aus dem Trio: SP, Grüne und FDP/CVP. Mittlerweile ist die FDP komplett aus meiner Wahlgunst gefallen. Zu offensichtlich, dass die FDP eine reine Klientelpartei für den Geldadel (und solche die es ebenfalls werden wollen) ist.
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