Schweiz
Gesellschaft & Politik

Diplomaten-Studiengang für Quereinsteiger ist beliebt.

Bundesrat Didier Burkhalter, vorne Mitte, posiert neben EDA Staatssekretaerin Pascale Baeriswyl mit Botschaftern und Aussennetzmitarbeitern bei der Botschafter- und Aussennetzkonferenz, am Montag, 21. ...
Der diplomatische Dienst ist beliebt. Hier die Botschafterkonferenz 2017 mit Ex-Bundesrat Didier Burkhalter im Stade de Suisse in Bern. Bild: KEYSTONE

Das Problem mit dem Diplomaten-Studiengang für Quereinsteiger

Der neue Lehrgang für Quereinsteiger ist beliebt: 154 Männer und Frauen haben sich für den abgekürzten Lehrgang zum diplomatischen Dienst angemeldet. Aber es gibt auch Bedenken.
07.05.2019, 05:16
Roger Braun / ch media
Mehr «Schweiz»

Wer schafft es in den erlauchten Kreis? Hunderte junger Menschen balgen sich derzeit um die begehrten Ausbildungsplätze für Diplomaten. Schaffen werden es nur wenige: Das Aussendepartement wählt jährlich etwa ein Dutzend Personen aus, die den diplomatischen Lehrgang absolvieren können. Etwas ist allerdings anders dieses Jahr: Zum ersten Mal in der Geschichte des Concours diplomatique steht der Weg auch älteren Bewerbern offen. Der Bund möchte damit Personen für den diplomatischen Dienst gewinnen, die im Berufsleben durch aussergewöhnliche Führungsqualitäten und Fachwissen aufgefallen sind. Für diese Quereinsteiger gilt das Höchstalter von 30 Jahren nicht.

Wie eine Anfrage beim Aussendepartement zeigt, gibt es dafür viele Interessenten. Nicht weniger als 154 Männer und Frauen haben sich für den neuen Concours angemeldet. Dazu kommen 196 Personen unter 30 Jahren, die den regulären Concours absolvieren. Die Aufnahmetests sind für die beiden Gruppen identisch, nicht aber die Ausbildung. Jungdiplomaten haben einen fixen zweijährigen Lehrgang zu absolvieren, wovon sie 15 Monate auf einer Schweizer Botschaft verbringen.

Ausbildung dauert verschieden lang

Anders die Quereinsteiger: Sie profitieren von einer Abkürzung. Je nach beruflichem Hintergrund verkürzt sich die Dauer der Ausbildung. Kann dies im Extremfall heissen, dass einige Monate reichen, um eine diplomatische Karriere einzuschlagen? Das Aussendepartement will keine minimale Dauer festlegen. Dies sei individuell verschieden, schreibt ein Mediensprecher. Man habe noch keine Erfahrungen mit dem neuen Weg der Zulassung.

Bei den Diplomaten führt die verkürzte Ausbildung von Quereinsteigern zu einigem Argwohn. «Der diplomatische Karriereweg wird immer mehr durchlöchert», kritisiert der langjährige Diplomat Max Schweizer, der den Verband Swiss Diplomats in Zürich präsidiert. Er sieht die Gefahr, dass die klassische diplomatische Karriere weiter entwertet wird.

Misstrauisch stimmt ihn, dass das Aussendepartement für Quereinsteiger keine minimalen Ausbildungsinhalte definiert. «Offenbar möchte sich die Departementsführung einen möglichst grossen Spielraum verschaffen», sagt Schweizer. Er sieht darin ein Risiko. «Die Aussenministerin oder der Aussenminister kann damit den Parteikollegen den roten Teppich für eine diplomatische Karriere auslegen», sagt er.

Der St. Galler SVP-Nationalrat Roland Büchel ist ein überzeugter Anhänger der Öffnung für Quereinsteiger – gerade, wenn die Bewerber aus der Privatwirtschaft kommen. Allerdings sieht auch er die Gefahr einer Günstlingswirtschaft. «Die Öffnung darf nicht dazu führen, dass einzelnen Bundesbeamten der Diplomatenstatus quasi geschenkt wird», sagt der Aussenpolitiker. Er fordert einen fairen und intensiven Wettbewerb, damit sich die besten Bewerber durchsetzen. «Auf keinen Fall darf der abgekürzte Weg missbraucht werden, um altgedienten Funktionären einen schönen Lebensabend irgendwo im Ausland zu ermöglichen», sagt er.

Gibt es nun mehr Diplomaten?

Mit dem zweiten Zugang zur diplomatischen Karriere stellt sich auch die Frage, ob es künftig mehr Diplomaten gibt. Möchte der Bund weiterhin rund ein Dutzend junge Generalisten ausbilden und zusätzliche Fachspezialisten in das diplomatische Korps aufnehmen, wird die Zahl der Diplomaten unweigerlich steigen. Das Aussendepartement äussert sich unverbindlich; es gebe noch keine Erfahrungen. Ebenfalls offen lässt es, ob künftig jedes Jahr ein Concours für Quereinsteiger stattfinden werde.

Für den ehemaligen Diplomaten Max Schweizer gibt es derzeit kein Bedürfnis nach zusätzlichen Diplomaten. Er erinnert an den Personalstopp des Bundes sowie an die Absicht von Aussenminister Ignazio Cassis, die Zahl der Schweizer Aussenposten zu reduzieren. «Ich sehe nicht, wo die Stellen für die zusätzlichen Diplomaten sind», sagt Schweizer. Dies gälte umso mehr, als das Departement personell bereits recht gut dotiert sei. Büchel, der selber auf verschiedenen Posten im Ausland für den Bund tätig war, sieht das ähnlich. Er sagt: «Der neue Zugang darf nicht dazu führen, dass man neue Jobs kreiert, die es nicht braucht.»

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
9 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Schneider82
07.05.2019 06:23registriert Juli 2014
Ach, diese alt Diplomaten haben doch nur Angst, dass ihr Beruf endlich entmystifiziert wird. Es braucht unter den Diplomaten mehr spezialisiertes Wissen über Fachgebiete und Gastländer, mehr Unternehmergeist und vor allem mehr Bodenhaftung (Lebenserfahrung)!
Habe selber ein paar Jahre in CH Botschaften gearbeitet und was man da erlebt...(vor allem viel Selbstdarstellung und Inkompetenz)
00
Melden
Zum Kommentar
9
Flucht der Superreichen? Bundesrat warnt vor Folgen der Juso-Erbschaftssteuerinitiative

Der Bundesrat warnt vor den Folgen der Juso-Initiative zur Besteuerung von Millionenerbschaften zugunsten des Klimas. Aus seiner Sicht könnte das Volksbegehren unter dem Strich zu weniger Erträgen führen, weil die meisten Superreichen die Schweiz verlassen würden.

Zur Story