Daniel Jositsch sorgt mit seiner Bundesrats-Empfehlung für Diskussionen. Der SP-Ständerat schlägt den Berner SVP-Politiker Werner Salzmann als idealen Nachfolger für Viola Amherd vor – anstatt die Mitte-Kandidaten Markus Ritter und Martin Pfister. Im Bundesrats-Tinder swiped er damit weiter nach rechts als die bisherigen Kandidaten bereits stehen.
«Aus meiner Sicht wäre Salzmann ein hervorragender Chef des Verteidigungsdepartements (VBS)», sagte er im Interview mit den CH-Media-Zeitungen. Die Parteizugehörigkeit spiele laut Jositsch weniger eine Rolle, es gehe darum, die «Fähigsten in der Landesregierung» zu haben.
Kurz darauf äusserte er sich in einem Interview mit TeleZüri auch zu einer möglichen wilden Wahl in den Bundesrat. Auf die Frage, ob er eine solche am 12. März annehmen würde, sagte er: «Selbstverständlich wäre das eine Option, die aber nicht realistisch ist.»
Seine Aussagen werfen Fragen auf. Doch die SP schweigt dazu. Anfragen an die Parteileitung blieben unbeantwortet, auch kein angefragtes Parteimitglied wollte Stellung nehmen – nicht einmal die JUSO.
watson hat mit Politologe Oliver Strijbis darüber gesprochen, was Jositsch mit seinem Auftritt bezwecken will, wie gerechtfertigt seine Kritik am System ist – und warum sich die SP in Schweigen hüllt.
Dass Daniel Jositsch ausgerechnet den SVP-Politiker Werner Salzmann empfiehlt, begründet er mit dessen Fähigkeiten. Diese Absicht glaubt ihm auch Politologe Oliver Strijbis: «Ich kann mir vorstellen, dass er wirklich denkt, seine Empfehlung sei ein inhaltliches Argument. Doch für alle anderen wirkt es wie eine Provokation gegenüber seiner eigenen Partei.»
Denn abgesehen von Jositsch würde wohl kein zweiter SP-Parlamentarier einen SVP-Politiker als Bundesrat empfehlen. Doch es sei auch kein anderer SP-Parlamentarier «so wenig mit seiner Partei verbunden». Strijbis glaubt, dass Jositsch mit seinem Vorstoss vor allem eine alte Wunde aufreissen will – nämlich seine gescheiterte Bundesratskandidatur.
«Ohne die damalige Vorauswahl durch ein Zweierticket, das er nun so kritisiert, hätte er bessere Chancen gehabt, Bundesrat zu werden. Dem trauert er nach.»
Jositsch ist nicht der Erste, der die Zauberformel infrage stellt. Ständig versuchen politische Ausreisser – wie kürzlich Christoph Blocher – das Prinzip der Konkordanz infrage zu stellen.
Doch Strijbis sieht keinen Spielraum für eine Änderung des Systems: «Seit der Wahl von Christoph Blocher ist das nicht mehr realistisch. Und der Grund dafür war nicht die Wahl und der Parteiausschluss von Widmer-Schlumpf, sondern der Grund war die Art und Weise, wie Blocher sein Amt als Bundesrat ausgeübt hat und wie er sich wählen liess.»
2003 setzte Blocher auf eine Personenwahl, statt sich in die Kollegialregierung einzufügen. «Sein polarisierendes Auftreten im Wahlprozess verstärkte den Eindruck, dass er dem Parlament seine Kandidatur geradezu aufdrängen wollte», sagt Strijbis.
Das Parlament folgte: Blocher wurde gewählt. Nur vier Jahre später wurde er nach einer Amtszeit abgewählt – wohl auch als direkte Reaktion darauf, dass er sich nicht ins Kollegialitätsprinzip einfügen wollte, meint der Politologe. «Seither gibt es nicht mehr die politische Kultur, dass man die Kollegialität leben kann, ohne die Zauberformel einzuhalten.»
Auch eine andere Forderung, die oft von denselben Personen kommt, hält Strijbis für problematisch: die Volkswahl des Bundesrats. «Dann hätten wir mehr Populisten in der Regierung und es wäre noch schwieriger, Konsens zu finden.»
Eine direkte Wahl durch das Volk könnte dazu führen, dass nicht alle grösseren Lager in der Bevölkerung im Bundesrat vertreten wären. «Das würde das Ende der Konkordanz bedeuten und uns schneller in ein Regierungs-Oppositionssystem wie in anderen Ländern bringen – und unser System ist dem überlegen.»
Zudem hätten die grossen Parteien kein Interesse daran, die Formel zu verändern. «Die SP hat mit Otto Stich und die SVP mit Christoph Blocher erlebt, was passiert, wenn man Kandidaten bringt, die andere Parteien nicht wollen. Seither gilt ein Waffenstillstand mit der Zauberformel», sagt Strijbis.
Die einzige Möglichkeit, dass dieses Gleichgewicht wieder ins Wanken gerät, sieht Strijbis in extremen Kandidaturen seitens der SP und SVP: «Das System könnte erst dann an seine Grenzen kommen, wenn diese Parteien mit zwei Kandidaten antreten würden, die für die anderen Parteien nicht akzeptabel sind.»
Dass sich die SP nicht zu Jositschs Aussagen äussert, findet der Politologe eine kluge Entscheidung. «Sie machen das, was man strategisch macht: Man schweigt die Diskussion zu Tode.» Denn jedes Mal, wenn Jositsch einen parteiinternen Konflikt anzettele, sei das negativ für die Partei.
«Es ist offensichtlich, dass Jositsch nicht der prädestinierte Teamplayer ist. Er ist ein Einzelgänger, der sich nur schwer unterordnen kann.»
Ob Jositsch mit seiner Provokation tatsächlich etwas bewirkt oder ob es nur eine weitere Episode seiner persönlichen Fehde mit der SP ist, bleibt abzuwarten. Fest steht: Die Partei ignoriert ihn – wohl das, was ihn am meisten ärgert.
Aber selbst würde er eine wilde Wahl annehmen, als „noch fähigeren“, der er für das VBS nicht ist. Da macht er einen Ego-Fehler.
Vielleicht gäbe es noch viele andere fähige Schweizer*innen.
Denn eigentlich ist es so:
"In den Bundesrat gewählt werden kann jede stimmberechtigte Schweizerin und jeder stimmberechtigte Schweizer. Eine vorgängige Kandidatur ist ebenso wenig erforderlich wie eine Mitgliedschaft im Parlament."
Natürlich ist das rein hypothetisch, dennoch ist es so.
Ich will die parteilosen Ralf Müller und die Katrin Meier aus dem Dorf neben an. 🤣