Mit 53,4 Prozent Nein lehnte das Stimmvolk am 18. Mai die Beschaffung von 22 Kampfjets des Typs Gripen E ab. Den Ausschlag gab die politische Mitte. Anders als bei früheren Armeevorlagen stimmte ein beträchtlicher Teil dieses eher bürgerlich gesinnten Segments gegen den Gripen. Dies zeigt die am Mittwoch veröffentlichte VOX-Analyse.
Die politische Gesinnung war demnach von hoher Bedeutung für den Entscheid über das Gripen-Fonds-Gesetz. Während die SVP-Anhänger zu mehr als 80 Prozent Ja sagten, verwarfen Stimmende aus dem linken Spektrum die Vorlage wuchtig. Entscheidend war, dass die Hälfte derjenigen, die sich in der politischen Mitte verorten, die Vorlage ablehnten. «Dies trug wesentlich zum Scheitern an der Urne bei», heisst es in der Analyse des Instituts GFS Bern und der Universität Zürich.
Interessant ist ein weiterer Befund: Fast ein Viertel der Befürworter einer starken Armee legte ein Nein ein. Die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge sei offenkundig nicht als zwingende Voraussetzung für deren Erhaltung betrachtet worden. Dieser Eindruck wird durch die Tatsache verstärkt, dass von den Befragten kaum jemand die Abstimmung als Grundsatzfrage pro oder kontra Armee auffasste. Während Befürworter des Kampfjetkaufs diesen primär aus sicherheitspolitischen Gründen begrüssten, nannten die Gripen-Gegner hauptsächlich finanzpolitische Motive.
Bei der Volksinitiative «Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen», die mit 63,5 Prozent klar angenommen wurde, zeigt sich ebenfalls ein deutlicher Links-Rechts-Graben. Noch wichtiger sei die persönliche Bedeutung der Vorlage gewesen. Je stärker man sich betroffen gefühlt habe, desto eher legten die Stimmenden ein Ja in die Urne.
So hätten die Kontra-Argumente – insbesondere, dass man für eine Jugendliebe nicht lebenslänglich bestraft werden sollte – durchaus Anklang gefunden, auch bei den Befürwortern: «Aber das Argument, wonach der Schutz des Kindes über allem stehe, überwog.»
Bei der Mindestlohn-Initiative (76,3 Prozent Nein) fällt auf, dass die Zustimmung innerhalb des linken Lagers im Vergleich zur 1:12-Initiative deutlich tiefer war: Nur die Stimmberechtigten am äusseren linken Rand legten mehrheitlich ein Ja (61 Prozent) in die Urne. Das gemässigt linke Lager hingegen verwarf das Begehren des Gewerkschaftsbundes mehrheitlich (60 Prozent).
Ähnlich wie bei der 1:12-Initiative lag ein wesentlicher Grund für das klare Scheitern der Initiative in der Angst vor negativen wirtschaftlichen Folgen. Das Argument, dass ein gesetzlicher Mindestlohn Arbeitsplätze vernichte, weil Branchen wie Landwirtschaft und Gastronomie solche Löhne nicht bezahlen könnten, überzeugte laut VOX-Analyse eine klare Mehrheit von 74 Prozent der Stimmenden.
Für die VOX-Analyse wurden 1510 stimmberechtigte Personen befragt. Der Stichprobenfehler für die Gesamtheit der Befragten liegt bei +/-2,5 Prozent. Wer in Zukunft die Abstimmungsanalysen durchführt, ist noch offen: Der Bundesrat hatte Anfang Juli beschlossen, dass diese für den Zeitraum 2016 bis 2019 erstmals öffentlich ausgeschrieben werden sollen. Die Analyse zur Zuwanderungsinitiative hatte Mitte April Diskussionen über die Methodik und Aussagekraft solcher Umfragen ausgelöst. (pbl)