«200 Franken sind genug!» Das ist der Slogan der Halbierungs-Initiative, die fordert, dass die Abgaben, die jeder Haushalt derzeit an die Schweizerische Radio- und Fehrensehgsellschaft (SRG) bezahlen muss, gekürzt werden. Die Serafe-Gebühren belaufen sich heute auf 335 Franken pro Haushalt. Voraussichtlich 2026 wird das Schweizer Stimmvolk über die Vorlage entscheiden.
Gekürzt werden die Gebühren höchstwahrscheinlich aber so oder so. Egal wie sich die Stimmbürgerinnen und -bürger entscheiden. Denn Bundesrat Albert Rösti, der bis vor Kurzem als Nationalrat selbst noch im Komitee der Halbierungs-Initiative sass, hat als Vorsteher des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) etwas vor: Er will die Serafe-Gebühren bis 2029 schrittweise auf 300 Franken pro Haushalt kürzen. Kleine Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 1,2 Millionen Franken will er gar ganz von der Abgabepflicht befreien.
Mit Röstis Gebührensenkung würden für die SRG künftig 170 Millionen Franken jährlich wegfallen und müssten 900 Stellen gestrichen werden.
Als Rösti im November vor die Medien trat und seinen Plan vorstellte, sagte er, mit der Gebührensenkung wolle man der Halbierungs-Initiative «den Wind aus den Segeln nehmen».
Bei SP-Nationalrätin Jacqueline Badran sorgt diese Aussage für Empörung. «Wie bitte? Wenn man das Gefühl hat, einer Initiative etwas entgegenzusetzen, macht man in unserem Land einen direkten oder indirekten Gegenvorschlag, über den die Bevölkerung ebenso abstimmen kann», schreibt sie in ihrer Kolumne am Wochenende im «Tages-Anzeiger».
Denn tatsächlich, bei Röstis Gebührensenkung für die SRG handelt es sich nicht um einen Gegenvorschlag, sondern um eine Teilrevision einer Verordnung. Bei der Ausgestaltung dieser hat der Bundesrat relativ viel Spielraum. Einzig interessierte und betroffene Kreise können sich noch bis zum 1. Februar dazu äussern. Bis dann läuft die Vernehmlassung.
Im Bericht zur Vernehmlassung schreibt Röstis Departement auch: Mit der SRG-Gebührensenkung wolle man die Bevölkerung zudem entlasten. Denn die Ausgaben für Medienangebote pro Haushalt seien in den letzten Jahren gestiegen.
Der «Tages-Anzeiger» hat dieses Argument genauer unter die Lupe gekommen. Und kommt zum Schluss: Es stimmt ziemlich sicher nicht.
Denn Zahlen, die belegen würden, dass sich die Medienausgaben der Schweizerinnen und Schweizer erhöht haben, finden sich nirgends im Vernehmlassungsbericht. Dafür Daten des Bundesamts für Statistik (BFS), die das Gegenteil aufzeigen: dass die Medienausgaben von 2012 bis 2020 von 309 auf 264 Franken pro Haushalt und Monat gesunken sind.
Auf Nachfrage beim UVEK hätte die Kommunikationsabteilung Röstis keine eigenen Zahlen liefern können, schreibt der «Tages-Anzeiger». Stattdessen verwies man auf den Digimonitor der Interessengemeinschaft Elektronischer Medien (IGEM). Diese erhebt mit Befragungen jährlich das Mediennutzungsverhalten der Schweizer Bevölkerung. Gemäss dem Digimonitor streamte die Bevölkerung im vergangenen Jahr deutlich häufiger als noch 2019. Die Netflix-Nutzung stieg beispielsweise von 28 auf 43 Prozent.
Dieser Entwicklung tragen aber auch die Auswertungen des BFS Rechnung. Auch sie zeigen eine Zunahme bei der Nutzung von Streaminganbietern wie Netflix, Amazon Prime, Disney+ und Co. Diese Zunahme hat aber noch nicht zu steigenden Ausgaben für den Medienkonsum pro Haushalt geführt.
Einen viel grösseren Einfluss auf das Medienbudget eines Haushalts haben gemäss der BFS-Statistik hingegen die Kosten für Zeitungen, Bücher, Zeitschriften sowie Radio und Fernsehen. Aber nicht kostensteigernd, sondern -senkend. Denn der Konsum dieser Medien geht stetig zurück. Schweizerinnen und Schweizer geben darum Jahr um Jahr weniger Geld für Journalismus und Unterhaltung aus.
Fairerweise muss festgehalten werden: Die neusten Daten des BFS stammen aus dem Jahr 2020. Aktuellere Daten kann das Amt nicht liefern. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass sich die 2020 festgestellte Entwicklung des Medienbudgets der Schweizerinnen und Schweizer nicht komplett verändert hat. Und die Tatsache bleibt, dass das UVEK keine Belege für sein Argument der gestiegenen Medienausgaben liefern kann. (aye)
Sabotage der Demokratie von innen heraus