SVP lehnt EU-Paket ab und verlangt Abstimmung mit Ständemehr
Die SVP lehnt die Vorlage des Bundesrates zum neu ausgehandelten EU-Vertragspaket in der Vernehmlassung vollumfänglich ab. Zudem fordert die Partei, das Paket im Falle einer Volksabstimmung als Ganzes dem Ständemehr zu unterstellen.
«Das angestrebte Abkommen missachtet die Unabhängigkeit des Landes. Es gibt nur eine einzige Antwort auf dieses Vertragsmonster - ein entschiedenes Nein», sagte SVP-Fraktionspräsident und Nationalrat Thomas Aeschi (ZG) am Montag vor den Medien in Bern.
Denn das durch die Landesregierung Mitte Juni gutgeheissene Vertragspaket - welches die bestehenden bilateralen Abkommen mit der EU aktualisieren sowie in den Bereichen Strom, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit erweitern soll - zerstört laut der SVP die direkte Demokratie und den Föderalismus.
Der vom Bundesrat gewählte Weg führe zu einer faktischen Anbindung der Schweiz an die EU, inklusive ihrer Rechtsentwicklung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung. Diese Anbindung sei «zum Nachteil der Schweiz». Das EU-Vertragspaket sei gar «das Ende des bilateralen Wegs», sagte Aeschi weiter. Es führe die Schweiz «schleichend» in die Europäische Union.
Furcht vor Souveränitätsverlust
Denn mit dem vorliegenden Paket werde die Logik der Verträge auf Augenhöhe aufgegeben. Stattdessen unterwerfe sich die Schweiz den Regulierungen der Europäischen Union.
«Dieser Vertrag unterscheidet sich diametral von andere Abkommen, die wir haben, weil er eben die institutionelle Anbindung beinhaltet», sagte Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (GR). Bei einer Inkraftsetzung des Vertragspakets übernehme die Schweiz 32 Jahre EU-Recht. «Dies entspricht einem kolonialstaatlichen Unterwerfungsvertrag», so die SVP-Vizepräsidentin weiter.
Durch die dynamische - aus Sicht der SVP «faktisch automatische» - Rechtsübernahme von EU-Rechtsprechung sowie von Erlassen, würde die direkte Demokratie in der Schweiz «ausgehebelt». Parlament und Kantone hätten in der Folge «kaum noch etwas zu sagen».
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) werde faktisch letztinstanzliche Auslegungsinstanz. Dieser vertrete die Interessen der EU, also der Gegenpartei, und sei somit aus Schweizer Sicht kein neutraler Gerichtshof. So könne die Schweiz neue EU-Rechtsakte nicht verhindern, da das Land weder ein Veto noch ein Opting-out vornehmen könne.
Sollte die Schweizer Stimmbevölkerung zu einer von der EU geforderten Rechtsübernahme also Nein stimmen, würde die Schweiz mit Sanktionen belegt. Unter diesen Spielregeln sei «eine freie und souveräne Entscheidungsfindung nicht mehr möglich».
Ablehnung in allen Bereichen
Weiter kritisierte die Partei, dass mit einer Annahme des Vertragspaketes die Personenfreizügigkeit entgegen der Bundesverfassung ausgebaut werde. Mit der Übernahme der EU-Unionsbürgerrichtlinie mit nur geringfügigen Ausnahmen komme es zu «gleichen Rechten für alle 450 Millionen EU-Bürgern gegenüber den 6,5 Millionen Schweizer Bürgern».
So erhielten EU-Bürger neu schon nach fünf Jahren das neue EU- Daueraufenthaltsrecht. Sie dürften laut der SVP damit in der Schweiz bleiben, auch wenn sie später arbeitslos oder sozialhilfeabhängig würden. Dies würde den Schweizer Sozialversicherungen zusätzliche Kosten in Milliardenhöhe verursachen. Auch die im Vertragspaket enthaltene Schutzklausel sei diesbezüglich «nutzlos».
Auch in weiteren Bereichen des Vertragspakets wie der Bildung, im Verkehr sowie bei der Landwirtschaft und der Lebensmittelsicherheit befürchtet die Partei einen Souveränitätsverlust der Schweiz.
SVP sieht Widerspruch zur Bundesverfassung
Die Partei beantragt daher «grundsätzlich» auf die Vorlage zu verzichten - genau so wie auf «weitere Verhandlungen mit der Europäischen Union bezüglich der institutionellen Integration der Schweiz in die EU-Bürokratie». Im Falle einer Volksabstimmung fordert die Partei, die Vorlage dem obligatorischen Referendum, also einer Abstimmung mit Ständemehr, zu unterstellen.
Denn durch das EU-Vertragswerk würden die Institutionen, die politische Organisation und der Föderalismus ausgehöhlt. Auch verändere das vorliegende Paket die Schweizer Verfassung materiell - vor allem mit Blick auf das Änderungsprotokoll zum Freizügigkeitsabkommen. Denn damit kann laut der Partei die Zuwanderung nicht mehr eigenständig gesteuert werden.
Weil das vorliegende Paket zudem «insgesamt» zusammenhänge, sei auf eine Aufteilung im Falle einer Abstimmung zu verzichten, teilte die SVP weiter mit. Denn der Bundesrat selbst habe bei der Bekanntgabe des Verhandlungsabschlusses im Dezember 2024 von einer «Paketstrategie» gesprochen. (dab/sda)